Der gnadenlose Rachefeldzug der Braut (Uma Thurman) geht weiter: Nachdem sie in Japan O-Ren Ishii – und Heerscharen ihr dienender Kämpfender – niedergemacht hat, kehrt sie in die USA zurück, um den Rest ihrer Todesliste (im englischen Original das tolle Titel-Wortspiel „Kill Bill“) abzuarbeiten. Der heruntergekommene Budd (Michael Madsen), die bösartige Elle Driver (Daryl Hannah) und Bill selbst erweisen sich als erstaunlich hartnäckige Gegner...
Mit dem zweiten Teil seines Rache-Epos „Kill Bill“ führt Quentin Tarantino die so grausame wie unterhaltsame Geschichte um die unbesiegbare Kämpferin, die sich für die Zerstörung ihres Lebens rächen will, zu einem grandiosen Ende. Mit Rückblenden, ausgedehnten Szenen und epischer Inszenierung zelebriert er den Feldzug der Braut als brutalen Kampf um Selbstbestimmung und ausgleichende Gerechtigkeit.
Dabei verlagert sich der Schwerpunkt diesmal weg von einer Hommage an fernöstliche Kampfkunstfilme hin zum klassischen Rache-Actionfilm à la Hollywood (trotz einiger Rückblenden zur Ausbildung der Braut bei einem so weisen wie harten Kampfkunst-Lehrer, die dann doch wieder schön nostalgische Shaw-Brothers-Vibes aufkommen lassen). Settings, Ausstattung und Kostüme lassen diesmal einen Mix aus Western und Thriller entstehen – bis hin zu einzelnen Kameraeinstellungen, die prototypische Ausschnitte des klassischen Hollywood-Westerns nachempfinden, wenn etwa Thurman aus einer Kirche tritt und in die Weite der texanischen Wüste schaut. Dieser stilistische Wechsel funktioniert erstaunlich gut, transformiert er doch einige der Elemente des ersten Teils nahtlos in diese neuen Kulissen (zum Beispiel die berühmten Henzo-Samuraischwerter).
Auch die formale Inszenierung und das erzählerische Tempo justieren sich hier grundlegend neu. War der erste Teil im Grunde eine beinahe durchgehende Action- und Kampforgie, die in atemlosem Tempo zwischen Handlungsorten, Zeitebenen und Kampfsequenzen wechselte, dominieren hier Dialoge, Rückblenden und ruhigere Momente. Der Anteil der Kampf- und Actionsequenzen steht beinahe im diametral entgegengesetzten Verhältnis wie zuvor – immer wieder gibt es kurze, dafür umso beeindruckendere und originelle Eskalationen (zum Beispiel der brillant choreografierte Zweikampf in einem engen Wohnwagen, in dem es eine Weile vor allem darum geht, das Ziehen eines Samuraischwerts aus der Scheide zu verhindern). Dafür werden in aller Ruhe ausgedehnte Dialogszenen präsentiert, die der Geschichte ungemein viel Hintergrund und erklärende Zusammenhänge bescheren und so vieles, was zuvor eher angedeutet oder flüchtig angerissen wurde, nun in eine runde Einheit gießen. Das Verhältnis zwischen der Braut und Bill wird ebenso beleuchtet wie die Beziehungen zwischen den Mitgliedern der ehemaligen Killer-Schwadron. Auch hier bleibt es wieder leicht pathetisch, was allerdings durch viel düstere Ironie hervorragend gebrochen wird, und immer wieder tief emotional – vor allem der Schlussteil kann wirklich Gänsehaut erzeugen und zeigt eines der originellsten und schrägsten Actionfilm-Finales in der Geschichte Hollywoods. Allein die Idee, den Finalkampf eines vierstündigen Rache-Epos im Sitzen stattfinden zu lassen, zeugt von einer gehörigen Portion Chuzpe.
Alles in allem bleibt „Kill Bill Volume 2“ der inszenatorischen Klasse, dem ironischen Spiel mit Filmzitaten und dramaturgischen Erwartungshaltungen sowie der emotionalen Tiefe des ersten Teils treu – was natürlich kein Wunder ist, da die Geschichte von Anfang an als Einheit konzipiert war und idealerweise als überlanger Einzelfilm erzählt worden wäre. Auch wenn hier die Dichte an Anspielungen und Zitaten etwas nachlässt, auch der Soundtrack bei aller Intensität und Stärke nicht mehr ganz so ungeheuer mitreißend ausfällt und einige Ideen – etwa die einleitende Zusammenfassung des bisher Geschehenen oder der doppelte, doch recht selbstherrlich wirkende Abspann – ein wenig unnötig erscheinen, bleibt auch dieser zweite Teil mit originellen Ideen, schön bösem Humor (die bitterböse Art und Weise, wie Elle Driver ausgeschaltet wird!) und durchgehend faszinierenden Charakteren eines der ganz großen Highlights in Tarantinos Filmografie. Und gerade aufgrund der stilistischen Unterschiede in Setting und Tempo wäre es doch wirklich interessant gewesen, wie dieses Konzept als einzelnes Gesamtwerk funktioniert hätte. Aber das wird wohl für immer ein Geheimnis der Filmgeschichte bleiben.