Comicverfilmungen sind eine Sache – computergenerierte Filme eine andere.
Computergenerierte Comicverfilmungen…da wird’s heikel.
Enki Bilal hatte die wohl nur selten aufkommende Chance, seine eigenen Comics auf Film zu bannen und weil die von ihm geschaffene Welt des Jahres 2095 wohl ein bisschen zu teuer für eine normale Produktion gewesen wäre, wurden über 80 Minuten des Films im PC erzeugt, was das Budget zwischen 20-25 Millionen begrenzte.
Damit war es ihm möglich, seine zeichnerischen Visionen einer Welt, in der Menschen, Aliens und Mutanten zusammenleben, in dem schwebende Pyramiden als alltäglich genommen werden und der Central Park eine eisige Todeszone ist, auf Film zu bannen.
Mysterien, Mythos und Science-Fiction verschmelzen in dieser Story, in der der Sonnengott Horus nur sieben Tage hat, um vor dem Verlust seiner Göttlichkeit einen Nachkommen zu zeugen. Dazu schlüpft er in den Körper des seit 30 Jahren gefangenen Anarchisten Nikopol.
Gleichzeitig taucht eine junge Frau mit weißer Haut und blauen Haaren auf, die vermutlich außerirdischen Ursprungs ist und zunehmend menschlicher wird…das perfekte Ziel für ihren Plan…wären da nicht Ärzte, Regierungsmitglieder und Polizisten, die allesamt persönliche Interessen verfolgen.
Für PC-Freaks ist Bilals Film eine reine Pracht.
Eine Zukunftsvision aus einem New-York-Megapolis, einer Drei-Etagen-Welt, mit dreckigen, heruntergekommenen Schwebeautos und künstlich ergänzten oder ausgebesserten Menschen und seltsam geformten Mutanten an der Regierung.
Den Comic-Look hat er fast perfekt hinübergerettet, wobei zu erwähnen wäre, dass Bilal mit nur drei real auftretenden Darstellern auskommt, Linda Hardy als blauhaarige Jill, Thomas Kretschmann als Nikopol und Charlotte Rampling als Ärztin.
Was er an Landschaften und Flugkörpern erschaffen ließ, hat wirklich Style und Atmosphäre und gibt dem Geschehen einen düsteren, dreckigen Look, wie er vielen Erwachsenencomics zu eigen ist.
Wobei wir auch gleich zum Hauptproblem kommen, das sowohl Comics wie auch Filme betrifft: ein toller Look macht noch keinen guten Film.
Tatsächlich ist „Immortal“ ein gutes Stück besser als der visuell einfallslose „Final Fantasy“-Film, aber er leidet ausgiebig unter einer schwachen Story.
Mal abgesehen davon, dass der Look ein Totalkonglomerat aus „Metropolis“, „Matrix“ und „Blade Runner“ ist, kann der Film seiner aufregenden Exposition (die Horus-Story) nichts Wesentliches folgen lassen.
Litt „Final Fantasy“ an einem faden Action-Overkill, schwächelt „Immortal“ an zu wenig Aktivität. Die Dialoge sind bisweilen ziemlich grausam gestelzt, darunter leidet vor allem der unterforderte Kretschmann und es passiert zwar eine Menge, aber das Wenigste davon ist wirklich aufregend.
Zwar setzen die Bösen zwar ein fliegendes Haimonster auf unsere Helden an und präsentiert einen maskierten Geheimnisträger als Jills Vertrautem – aber außer das das Finale in der verbotenen Zone Central Park spielt, geschieht nichts Großartiges mehr und das lässt den Zuschauer brüskiert zurück.
Alles bleibt schlussendlich ein Rätsel: Jills Herkunft, die Identität des geheimnisvollen John, die Funktion von Ramplings Ärztin, der Sinn von Jill Menschwerdung, der Zweck der verbotenen Zone, die Motive der Politiker, das Auftreten des Polizisten Fröbe und was letztendlich nach Abschluß mit Horus wirklich passiert.
Der Film verflacht zunehmend und endet mit einer poetischen Note, die aber da schon kein Interesse mehr wecken kann.
Wenn das wirklich der Plot der Comics war, dann hatten diese wunderbare Bilder, die das Narrative nebensächlich werden ließen – das funktioniert aber im Film nicht.
Die Charaktere bleiben hier nur Chiffren, Abziehbilder und das passt vorzüglich dazu, dass die meisten eh nur animiert sind.
Noch dazu: die Menschen und Mutanten sind leider kein Meilenstein auf dem Gebiet der Animation, das sieht ziemlich groß und eckig aus, selbst bei fließenden Bewegungen.
Demzufolge funktioniert „Immortal“ für alle, die das erzählerische Element für sich vernachlässigen können und einfach in den Bildern versinken. Das immerhin hat seinen Reiz – wäre das gekoppelt gewesen mit einer geschickten, wenn auch einfach gestrickten Story (wie etwa „Blade Runner“, der auch kein Gigant an Story besaß), daraus hätte ein Klassiker werden können.
So bleibt es unter pari. (4/10)