Georges Melies, dessen Reise zum Mond (1902) inzwischen zum ikonenhaften Meilenstein des Trick- und SF-Filmgenres aufgestiegen ist, sah sich 1912 bereits mit einem rapide sinkenden Publikumsinteresse konfrontiert. Dennoch drehte er kurz vor der Aufgabe seines Studios noch die aufwändige und mit rund 30 Minuten ungewöhnlich lange SF-Phantasie A la Conquete du Pole.
Es geht um eine Gruppe von Forschern, die unter der Leitung von Professor Maboul in einem Luftschiff namens Aerobus (!) zum Nordpol aufbrechen. Vorgestellt werden die Reisepläne mit viel hektischer Gestik und theatralischem Gehampel. Beeindruckt vom Forschergeist, machen sich auch unzählige Konkurrenten auf den Weg, manche mit Automobilen (die dann von Brücken purzeln), manche mit Flugmaschinen, doch alle bleiben zurück.
Der Aerobus fliegt an Sternbildern vorbei (die dann auch ihren Namen entsprechend dargestellt werden) und erreicht schließlich den Nordpol, der sich als ähnliche tricktechnische Wunderwelt entpuppt, wie sie einst auch Melies´ Mondreisende vorfanden.
Höhepunkt ist die Begegnung mit einem Schneeriesen, der sogar einen der Forscher verschluckt, diesen aber nach Kanonenbeschuß heil wieder ausspuckt.
Der Film ist ein wunderschönes Relikt aus der Frühzeit des Kinos, bei dem Melies seiner überschäumenden Phantasie mal wieder freien Lauf gelassen hat. Anders als bei den meisten seiner Werke, in denen das narrative Element, wenn überhaupt, nur notwendiges Fundament für kreative Szenarien ist, wird hier, wie schon bei Reise zum Mond, eine richtige Geschichte mit klassischem Spannungsbogen erzählt.
Neben Voyage dans la Lune und Royaume des Fees (1903, ein visuell hinreißender Film) gehört A la Conquete du Pole für mich zu Melies´ schönsten Werken, und verströmt in jeder Sekunde die Magie lange vergangener (Kino-)Zeiten.