Südkorea verfügt derzeit wohl über eine der kreativsten und interessantesten Filmindustrien weltweit. Das beschränkt sich nicht auf ein bestimmtes Genre, sondern zieht sich durch das komplette Spektrum an Filmen. Egal ob Politthriller (Joint Security Area), Komödie (My Sassy Girl oder My Wife is a Gangster), Revenge-Film (Sympathy for Mr. Vengeance), Horror (A Tale of Two Sisters) oder eine Mischung aus allem (Save The Green Planet). Und Filme wie die genannten sind nur die Spitze des Eisbergs. Nur die Versuche der Koreaner, richtig gute SF-Filme zu machen, sind meist noch nicht so glücklich verlaufen. Bei 2009 – Lost Memories handelt es ich wohl um einen der wenigen wirklich ernstzunehmenden koreanischen Vertreter im SF-Genre bisher, abgesehen vom bereits genannten Save the Green Planet, der auch einige SF-Versatzstücke enthält. Dem gegenüber stehen aber auch Fehlschläge wie Yesterday. Die Frage ist: Ist Natural City der Meilenstein, den sich viele nach dem tollen Trailer versprochen hatten, oder fällt der Film eher in die „Yesterday-Kategorie“?
Wir befinden uns im Jahr 2080. Der Wissenschaft ist es inzwischen gelungen, menschliche DNA zu klonen. Dadurch ist man in der Lage, Cyborgs zu erschaffen, die durch einen Computerchip, der in den Kopf eingepflanzt wird, eine eigene Persönlichkeit erhalten und intelligent sind. Allerdings verfügen die Chips nur über eine zeitlich begrenzte Lebensdauer. Nach Ablauf dieser werden die Cyborgs zerstört und entsorgt. Dieser Vorgehensweise widersetzen sich natürlich manche Cyborgs, die nicht „sterben“ wollen. Um diese rebellierenden Cyborgs aufzufinden und zu eliminieren, wird eine menschliche Task Force eingesetzt. Zu diesen Elitesoldaten gehört der Soldat „R“. Er gerät allerdings immer mehr in Gewissenskonflikte, weil er in den weiblichen Cyborg Ria verliebt ist, dessen „Uhr“ auch bald ablaufen wird. Zusammen mit einem verrückten Wissenschaftler forscht er nach, wie er das Leben seiner nichtmenschlichen Geliebten verlängern kann. Dummerweise stehen ihm dabei sein Vorgesetzter und ein Killer-Cyborg im Wege...
Hört sich eigentlich nach einer netten Variante von Blade Runner an. Leider hält sich der Unterhaltungswert des koreanischen Werkes stark in Grenzen. Erstmal zu den positiven Aspekten: die Story hat – wenn es sich auch im Prinzip um ein Abziehbild von Blade Runner handelt – viele positive Ansätze zu bieten. Der Film verbreitet eine düstere Endzeitstimmung, kann mit ordentlichen Darstellern punkten und macht optisch einiges her. Für einen asiatischen SF-Film sind Design und Effekte recht gut geworden, auch wenn er in dieser Hinsicht qualitativ natürlich nicht einmal in die Nähe von Blade Runner kommt. Die Action-Szenen sind rasant, exzellent choreographiert und erinnern gelegentlich ein bisschen an Matrix.
Eigentlich hätte mit diesen Zutaten doch zumindest ein ordentlicher Popcorn-Film herauskommen müssen. Woran hapert es also?
Nun, zunächst einmal ist die eigentlich vielversprechende Story ziemlich langatmig und vorhersehbar umgesetzt worden. Mit anderen Worten: Natural City ist einfach über weite Strecken stinklangweilig. Die Action-Szenen wissen – wie schon beschrieben – zu gefallen, leider gibt es viel zu wenige davon, genaugenommen nur zwei oder drei. Der Film konzentriert sich also nicht auf die Action, was ja an sich nichts Schlechtes sein muss; stattdessen wird die Lovestory zwischen „R“ und dem weiblichen Cyborg in den Mittelpunkt gestellt. Das funktioniert aber leider auch nicht richtig, da die Charaktere einfach zu flach und unpersönlich bleiben und dadurch der Funke zum Zuschauer nicht überspringen will. Zudem mangelt es an interessanten Handlungswendungen oder Einfällen, so dass die Story sehr gemächlich vor sich hin plätschert und die Minuten sich wie Gummi ziehen. Im Showdown geht das sogar so weit, dass im Film irgendein Selbstzerstörungsmechanismus gestartet wird, worauf eine mechanische weibliche Stimme gelegentlich über Lautsprecher Sachen wie „noch 10 Minuten bis zur Selbstzerstörung“, „noch 7 Minuten bis zur Selbstzerstörung“ usw. verkündet. Im Film vergehen zwischen zwei Durchsagen dieser Art beispielsweise drei Minuten, in Wirklichkeit läuft der Film aber deutlich über zehn Minuten (ich habe im Kino nicht auf die Uhr geschaut, kann es also nicht auf die Minute genau bestimmen). Dadurch wird die letzte halbe, dreiviertel Stunde des Films noch mal absolut unnötig in die Länge gezogen und wirkt wie eine einzige Zeitlupe, die einfach nicht enden will.
Fazit: Natural City kann leider die Erwartungen, die der Trailer geweckt hat, nicht erfüllen. Gute Ansätze sind mehr als genug vorhanden, doch leider kommt der Film nach der ersten passablen Viertelstunde bis zum Ende nicht richtig in die Gänge. Die die Handlung dominierende Love-Story ist zu distanziert, emotionslos und spannungsarm umgesetzt. Mit Sicherheit wäre es sehr hilfreich gewesen, den Film von 114 Minuten auf vielleicht 90 Minuten zu straffen und den Thriller- und/oder den Actionaspekt stärker zu beleuchten und dem Film dadurch mehr Tempo und Spannung zu geben. Insgesamt krankt Natural City wie auch Yesterday an der „Langweilitis“ und kann in keinster Weise seinem Vorbild Blade Runner das Wasser reichen. Eine Enttäuschung. Knapp 5/10