Warum bloß immer nach Amerika?
"Squadra antigangsters" aus dem Jahr 1979. Nico Giraldi tänzelt, prügelt, kalauert und, äh, zotet sich durch New York und Miami und versucht seinem alten Kumpel Salvatore - wie immer sympathisch: Enzo Cannavale - beizustehen, der mit seiner bescheidenen Trattoria vor der Pleite steht und die Geldeintreiber der Mafia am Hals hat. Giraldi ist sogar bereit, sich mit der in ihn unsterblich verliebten Schreckschraube Maria Sole einzulassen (wieder grotesk überzeichnet: Margherita Fumero, die ein Jahr zuvor, wie auch Cannavale, in "Squadra antimafia" schon dabei war), die einiges an Moneten geerbt haben soll und nun das Liebchen eines aufstrebenden Mafiosi ist. Dabei kommt Giraldi einem mafiainternen Komplott auf die Schliche…
Der fünfte der elf (!) "Superbulle"-Filme von Bruno Corbucci. Wenn man ihn gesehen hat, fällt man das Urteil, dass Corbucci die Kuh ruhig etwas zurückhaltender hätte melken können, sprich: nicht einen "Superbulle"-Film nach dem anderen hätte drehen sollen, dann wäre nicht so etwas Halbgares bis Bescheidenes wie "Squadra antigangsters" ("Ein Superbulle gegen Amerika“) dabei herausgekommen.
Vom wunderbaren Auftakt "Squadra antiscippo" ("Der Superbulle mit der Strickmütze") aus dem Jahr 1976, einem Poliziottesco mit ernsten Untertönen, einigen Härten, aber auch viel Humor, hatte sich die Reihe schnell entfernt.
Die Figur des äußerst unkonventionellen, vage vom US-Polizisten "Serpico“ beeinflussten, Commissario Nico Giraldi (den die deutschen Verleiher wenig subtil in "Toni Marroni" umtauften), wurde ab dann von Film zu Film stetig überzeichneter, schräger, unwahrscheinlicher - wie auch die Filme als Ganzes.
Zuletzt habe ich noch den 1980 entstandenen "Delitto a Porta Romana" ("Elfmeter für den Superbullen") gesehen, der zwar auch gehörig klamaukig, aber doch besser gelungen ist. Dessen Finale, wo Giraldis Frau (Olimpia Di Nardo) im Wohnmobili auf der Autobahn mit Hilfe der zittrigen Großmutter ein Kind gebärt, während Giraldi, das Gaspedal malträtierend, die verbleibenden Kilometer nach Rom einzeln zählt - sein Kind muss um Himmelswillen gebürtiger Römer werden - , ist großes, naja, zumindest sehr nettes, turbulentes Italo-Komödienkino.
Überhaupt funktioniert die Figur Giraldi am allerbesten in seinem römischen, halbseidenen Umfeld - so wie man auch Commissario Manuele Rizzo bevorzugt in seiner Heimatstadt Neapel ermitteln sieht. Aber natürlich konnte Corbucci (und/ oder die Produzenten) nicht der Versuchung widerstehen, Giraldi im Laufe der Reihe das eine ums andere Mal ins (von italienischen Produzenten/ Regisseuren) gelobte Land Amerika zu versetzen. Und immer dann verlieren die Filme fast erwartungsgemäß ihr Flair und einen großen Teil ihrer, sicherlich nicht für alle und jeden erkennbaren, Qualitäten, die sich doch auch sehr an den (überzeichneten) italienischen Eigenheiten festmachen. Auch der Tiefpunkt der Reihe, Giraldis Ausflug auf den Ku'Damm im Abgesang "Delitto al Blue Gay“, untermauert diese Tatsache, allerdings ist bei ebensolchem ohnehin in jeder Hinsicht das Pulver verschossen.
Während in "Piedone a Hong Kong“, Rizzos großer Ausflug nach Thailand, Hongkong und Macao, das Exotische noch attraktiv bis skurril eingebunden wurde, hält das viel weniger exotische Amerika in "Squadra antigangsters" nur für fade Edeldisco- und schäbige Nachtclubszenen her (- nein, letztere bieten mitnichten faszinierende Exploitation). Auch in "Squadra antimafia" ("Der Superbulle jagt den Paten") wurde die amerikanische "Kulisse" noch etwas gewinnbringender eingesetzt.
Eine mittelprächtige Autoverfolgungsfahrt mit ein paar müden Scherzen am Rande und eine, schon zweihundertmal anderswo gesehene, Bootsfahrt durch die Everglades (inklusive schnappender Krokodile, die nie mit den Protagonisten gemeinsam im Bild sind) zählen zu den weiteren "Attraktionen" des Filmes.
Ich will aber nicht zu streng sein, von drei bis fünf gelungenen Szenen bzw. Sachverhalten kann man in Bezug auf diesen durchaus Film sprechen:
- Enzo Cannavale (womit wir wieder bei Kommissar Rizzo wären), als Giraldis Kumpel Salvatore, spielt in der zweiten größeren Szene des Filmes in seiner Trattoria den sterbenden (bzw. bereits gestorbenen) Schwan, um die Geldeintreiber der Mafia zu täuschen, bis dann auch Giraldi überraschend reinschneit. Eine witzige Szene (bei der auch Miliáns Sohn Tomaso Milian Jr. eine kleine Rolle spielt), so hätte es im Film weitergehen sollen. Überhaupt ist Cannavale, der neben dem Komiker Bambolo als Kleingauner und Giraldi-Kumpel Venticello und Olimpia Di Nardo als Giraldis Eheweib Angela zum immer wieder auftauchenden Personal der Reihe gehört, erneut eine Bereicherung des Filmes
- einigen kurzen New York-Straßenszenen kann man ihre nostalgisch stimmende Wirkung nicht absprechen, ähnliche und bessere gibt es aber fraglos noch in unzähligen anderen Produktionen (auch italienischen) jener Tage
- Giraldi und Sole beim Tango