Ja, unsere Welt ist schlecht. Ohne Liebe, voller Hass. Und unsere Welt richtet sich früher oder später selber zu Grunde. Und ja, wir sind alle daran Schuld. Wir alle. Das zumindest scheint die Grundaussage von Kang Hyeon-Ils Debütfilm "Mago" zu sein. Also letzten Endes nichts, was wir noch nicht gewusst hätten. "Mago" ist so pathetisch und falsch wie ein Straßenprediger. Kaum fängt das selbstgefällige koreanische Kunstfilmchen an, wünscht man sich inständig, dass es bald aufhören solle. Und obwohl "Mago" nur knapp 80 Minuten dauert, ist die Reise zum Nachspann schmerzlich lang. Derart schmerzlich lang, dass man vermutlich vor jedem Gericht der Welt Schadenseratz bei dem Regisseur für die verlorenen 80 Minuten seines Lebens zugesprochen bekommen würde.
Warum geht's denn bei "Mago"? Die Welt, so wie wir sie kennen, ist scheiße. Früher war alles viel geiler, da gab's die Mago. Das war die Mutter der Erde. Wie jede gute Mutter hatte Mago auch 'nen Ehemann. Der ist nun als Computerheini in unserer Welt wiedergeboren und sitzt in einem pseudo-futuristischen Pappmaché-Setdesign, das vermutlich aus den Überbleibseln der "Power Rangers"-Kulissen zusammengebastelt worden ist. Und da hängt er vor einem Notebook, bewinselt sein Dasein und redet wirres Zeug über Halluzinationen von 12 weiblichen Erdgeistern, die wohl früher mal alle als Mago zusammen in einem Körper herumhingen. Und nun sterben diese 12 Geisterchen dahin. Schade.
Auf Dialoge wird zumeist verzichtet. In "Mago" gibt's, dem künstlerischen Anspruch entsprechend, fast nur Monologe serviert. Doch die Sätze, die diese Laienschauspieler hier aufsagen, sind wahrlich jenseits von Gut und Böse. Die "Dialoge" klingen so, als wären sie von dem Praktikant des Regisseurs aus der Johannesoffenbarung und irgendwelchen hanebüchenen Bauernphilosophieschwarten zusammengestrichen worden. Diese unerträglich nichts sagenden, und dennoch pathetisch verkapselten Worthülsen beeindrucken nicht, sondern fördern unangenehmen Brechreiz beim Zuschauer. Ach ja, wenn mal nicht irgendwer aus dem Off in den Film reinfaselt, dann hören wir lästige, koreanische Popmusik, die in ihrer stilistischen Qualität auch aus italienischen Pornos aus der Pre-Intimrasur-als-ästhetisch-befinden-Zeit kommen könnten.
Na gut, man könnte ja den Ton herunterdrehen, aber dann bleiben ja noch diese Bilder. Die sind selbstverständlich ganz doll stilisiert, ganz hip ausgeleuchtet und unbeschreiblich schick verfremdet. Mit anderen Worten, der Regisseur hat die Anleitung seiner Digitalkamera brav gelesen, und wusste, wann er welchen Knopf drücken musste. Zu Anfang wird die Gegenwart als seelenlos, kalte Technowelt abgefilmt. In der Mitte dürfen wir den 12 Erdgeisternixen zuschauen, wie sie in der unberührten Natur herumtollen, tanzen, kichern und sich an der reinen Welt erquicken. Und damit dieses kitschige Weichzeichnergeschmiere auch nicht langweilig wird, und der Film der krassen, kontroversen Kunstfilm-Attitüde gerecht wird, lässt Regisseur Kang seine 12 Darstellerinnen einfach nackt zwischen den grünen Feldern herumhüpfen. "Mago" endet dann mit einem optischen Fiasko, wenn der Film in all jenen Verbrechen der Menschheit gipfelt: Wenn wir mit ansehen müssen, wie eine Kaiserschnittgeburt vor sich geht, wie Fleisch gegessen wird, und wie die Natur der Technologie weicht, dann ist dies der ätzendste, überflüssigste "erhobene Zeigefinger" seit der primitiven Lehrfilme in der Grundschule.
Der finale Clou des Films ist, dass im Laufe der 80 Minuten "Mago" 825 nackte Koreaner vor der Kamera herumlaufen. Deswegen hat ihn die koreanische Filmbewertungsbehörde ab 18 eingestuft. Ein programmierter Skandal, denn inhaltlich ist die plakative Nacktheit der Menschen nicht zwingend notwendig, sondern ist schlicht eine dümmliche Provokation, so leer und nichtssagend wie der ganze restliche Film. "Mago" ist schlicht uninteressant, optisch, inhaltlich, formal eine gigantische Enttäuschung. Kunst ist etwas anderes, dies ist die widerlichste Form von pathetischem Möchtegern-Arthaus-Stoff ohne Substanz und Hintersinn.