Bevor im Sommer 2004 mit „Troja“ und „King Arthur“ die actionorientieren Historienfilme kamen, gingen Ende 2003/Anfang 2004 die etwas nachdenklicheren Epen an den Start: „Master & Commander“, „Last Samurai“ und „Cold Mountain“.
„Cold Mountain“ wurde im Vorfeld als der neue „Vom Winde verweht“ gehandelt und tatsächlich weisen Setting und Story Ähnlichkeiten auf, wenngleich „Cold Mountain“ das Ganze mit ungleich weniger Schmalz angeht. Hintergrund bildet hier jedoch auch der Bürgerkrieg von Nord- und Südstaaten und im Gegensatz zu den meisten anderen Filmen über diese Epoche wird hier das Schicksal der Südstaatler beguckt. Cold Mountain ist dabei nicht nur der Filmtitel, sondern auch das Örtchen, in welchem alles seinen Ursprung hat.
In Cold Mountain nämlich verlieben sich Pfarrerstochter Ada Monroe (Nicole Kidman) und Handwerker Inman (Jude Law) kurz bevor er eingezogen wird. Nach mehreren Jahren Krieg will er desertieren und zurück zu Ada, die derweil in den Notzeiten lernen muss zu überleben...
Dabei versucht „Cold Mountain“ den Spagat zwischen Action und Gefühl zu vollbringen und hat dabei Erfolg. Gefechte und Kampfhandlungen sind nicht zahlreich, auch nicht überstilisiert, aber stets prägnant. Gerade die Bürgerkriegsszenen zu Beginn sind gerade für FSK 12 Verhältnisse überraschend dreckig und schonungslos, doch auch die Darstellung von Barbarei in dem entzweiten Land bietet immer wieder harten Tobak. Für die etwas lupenreinere Action muss die Heimatgarde von Cold Mountain aus mordenden Charakterschweinen bestehen, damit es einen Showdown geben muss, doch meist verzichtet „Cold Mountain“ auf reine Schemata von Gut und Böse.
In der Dramaturgie hakt es dabei leider ein wenig, denn die Geschichte ist arg episodenhaft, zumindest auf Inmans Seite. Während Ada in bester Scarlett O’Hara Tradition nach dem Tod des Vaters lernen muss den Hof zu bestellen und dies erst mit Hilfe der schroffen Ruby Thewes (Renée Zellweger) hinbekommt, so trifft Inman auf seiner Reise immer wieder verschiedene Leute, die verschiedene Szenarien durchspielen: Wirklich hilfsbereite Menschen, Kopfgeldsammler, gepeinigte Witwen usw. Jede einzelne Episode funktioniert auf ihre Weise; sie sind teilweise eher amüsant (Familie des Fallenstellers), teilweise krass und leicht schockierend (die verstörte, in einer Szene aber überraschende kaltblütige Witwe). Doch zwischen diesen Einzelepisoden ist Inman oft der einzige rote Faden.
Da bietet jener Part um Ada mehr Kohärenz, denn so langsam wird die Wandlung von der liebenswerten, aber nur zu wenig nützlichen Dingen erzogenen Tochter zur echten Farmersfrau aufgebaut. Als natürlich agierender, leicht prolliger Gegenpart lockert Ruby das Geschehen stets auf, vor allem dann wenn Adas zu gewählte Ausdrucksweise an des Zuschauers Nerven zu sägen droht. Themen wie das Schicksal der netten Nachbarfamilie oder die Avancen des schmierigen Teague (Ray Winstone) werden konsequent fortgeführt.
Dabei hält Regisseur Anthony Minghella schön die Waage zwischen seinen beiden Plots und vernachlässigt keinen der beiden. Das Kennenlernen der beiden wird in dankbar wenigen Rückblenden gezeigt und bei der Beschreibung der Beziehungen zwischen den Figuren vermeidet „Cold Mountain“ auch den Edelkitsch eines „Vom Winde verweht“. Vor allem wenn die Liebenden sich nur durch Briefe verständigen oder aneinander denken funktioniert dies sehr gut, wenngleich „Cold Mountain“ die ganz großen Gefühle nicht rüberbringen kann. Etwas weniger gut funktioniert der Film in den letzten Minuten, wenn dann das Wiedersehen ansteht und die Dialogqualität auf einmal nach unten schnell, die Gespräche irgendwie platter werden. Das Ende des Ganzen ist sehr dramatisch, aber etwas unbefriedigend, da es nicht ganz so tragisch wirkt wie es hätte sein sollen.
Jude Law und Nicole Kidman als Hauptdarsteller sind recht überzeugend, aber im Zusammenspiel ein wenig steif. Überwindet der eine Hindernisse und arbeitet die andere auf der Farm, so ist alles in Butter, doch in den gemeinsamen Szenen stimmt die Chemie nicht so recht. Sehr gut, wenn auch etwas bewusst auf prollig getrimmt ist Renée Zellweger, die jedoch lebendiger als das Hauptdarstellerduo rüberkommt. Ray Winstone ist trotz leichter Eindimensionalität seiner Rolle als Fiesling ganz ordentlich und in Nebenrollen überzeugen unter anderem Donald Sutherland, Natalie Portman, Philip Seymour Hoffman und Giovanni Ribisi.
„Cold Mountain“ hat zwar erzählerisch kleinere Defizite und auch sonst ein paar Schnitzer, doch die Bilder sind famos, Schauwerte wie Actionszenen überzeugend und die Geschichte trotz Überlänge recht spannend. Nicht der ganz große Wurf, aber für 7,5 Punkte reicht es definitiv.