Die Masse ist hirnlos. Die Masse ist primitiv, barbarisch, kindisch. Die Masse ist wankelmütig, launisch, unberechenbar. Die Masse ist ein dreckiges Volk ohne Namen. Mit diesen Worten beschrieb der Journalist Bill Buford den Massenmob englischer Hooligans. Joe Wilson, (Anti-)Held in Langs Film Fury, kann ein Lied darüber singen. Nur knapp entgeht er dem Lynchen eines Mobs. Wie so oft in Langs Filmen ist auch Joe, gespielt von Spencer Tracy, unschuldig. Ein Motiv, das den Regisseur sein Leben lang verfolgte, schließlich wurde nie aufgeklärt, ob er seine erste Ehefrau ermordet hat. Auf jeden Fall sah er sich als unschuldig Verdächtigter, gequält von einem lebenslangen Verfolgungswahn, der seinen Ursprung schon zu seiner Studentenzeit in Paris fand. Nach dem Ausbruch des ersten Weltkriegs musste Lang, wohlgemerkt österreichischer Staatsbürger, durch halb Europa reisen (besser gesagt flüchten), das ohne gültigen Pass. In jedem Zug konnte er ertappt werden, ohne zu wissen von wem. Der Gegener war übermächtig.
Fury, Langs erster amerikanischer Film, knüpft teilweise die Thematik von M auf. Die Bevölkerung beider filmischer Städte sind in einer aggressiven Anspannung, jeder Zeit bereit zur Selbstjustiz. Ist diese in M aber noch teilweise nachvollziehbar (der Verfolgte war ein triebgesteuerter Kindermörder), wird sie in Fury rational unerklärlich. Der Antifaschist Lang trug der politischen Situation Deutschlands Rechnung: Eine Masse, die einen "Schuldigen" sucht, findet diesen. Ob ihr Opfer dabei wirklich schuldig ist oder nicht, ist komplett irrelevant. If people define something as real, it is real in its consequences! Die Wolken über Deutschland wurden dunkler, Langs filmischer Blick auf die Welt pessimistischer. Nur des Happy End schwächt diese Sichtweise etwas ab, als auch den kompletten Film. War Lang in Deutschland Alleinentscheider in jeglichen Punkten seiner Filme, musste er sich in Amerika mächtigen Regisseueren beugen. Dass also keiner seiner amerikanischen Filme an seine deutsche Stummfilmzeit und M anknüpfen konnte, schieben wir getrost den Hollywood-Produzenten in die Schuhe. Ohne diese hätte Joe seinen Racheplan durchgezogen!