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In seinem allerersten, zu Studienzeiten realisierten Kurzfilm „Transfer“ zeigt der spätere Kult-Regisseur David Cronenberg bereits, zu welch skurrilen Themen und Genre-Mischungen er neigen kann: Mit zwei Kommilitonen als Darstellern zeigt er einen obskuren Arzt, der sich von der Zivilisation zurückgezogen hat und scheinbar in einem winterlichen offenen Feld lebt. Dort wird er allerdings von einem ehemaligen Patienten aufgespürt, mit dem sich ein seltsamer Dialog über Verantwortung, Krankheit und Liebe entspinnt.

Der gerade einmal sechs Minuten lange Studentenfilm kann kaum als mehr denn eine frühe Fingerübung verstanden werden. Das zeigen schon die spärlichen Produktionsbedingungen: der wohl drehgenehmigungsfreie Schauplatz eines Feldes, einige alte Möbel, die hier mitten in der Landschaft als Rückzugsort des Arztes dienen, die beiden nicht gerade professionell wirkenden Darsteller und schließlich die selbst bemalten Creditsschilder. Zugegeben, das alles sorgt in seiner simplen Machart durchaus für eine angenehm schräge Atmosphäre, die an klassisches Underground-Theater angelehnt scheint. Vor allem die Selbstverständlichkeit, mit der die Möbel mitten auf dem Feld als Einrichtung einer imaginären Behausung fungieren, verleiht der Handlung einen skurrilen Touch.

Dazu passen dann auch die schwer verdaulichen Dialoge, die einerseits sehr abstrakt-theoretisch, andererseits wohl bewusst leicht ins Absurde hinein gehalten sind. Theoretisierende Monologe, pathetische Ausrufe, übertrieben emotionale Erklärungen über die Liebe, die ohne großen Blickkontakt zwischen den Agierenden gehalten werden, machen einen recht konfusen, leicht ironischen, aber auch verkopften Eindruck. Ähnlich wie in seinem späteren „Crimes of the Future“, der zwar auch noch nicht die Höhe seines Könnens zeigte, aber schon handwerklich deutlich gereifter war, dreht sich die Handlung (so man denn von einer sprechen will) um das schwierige Verhältnis zwischen Arzt und Patient und die subtilen Machtkämpfe zwischen diesen. Dass das in einem derart kurzen Film zwangsläufig nur eine grobe Skizze bleiben kann, ist klar, lässt ihn aber doch etwas oberflächlich und unverständlich dahintreiben.

Überhaupt wird hier nicht so ganz klar, worum es eigentlich gehen soll. Wer und was wird ironisiert? Worauf beziehen sich die metaphysischen Dialogfetzen zwischen den beiden? Sind die groben Filmschnitte, die mitunter beinahe wie Jump Cuts wirken und gerade sich aufbauende Szenen sofort auseinanderreißen, wirklich in dieser Wirkung beabsichtigt oder eher auf noch nicht entwickeltes Handwerk zurückzuführen?

Vieles an „Transfer“ bleibt offen und nicht oder nur schwer deutbar. Einerseits passt so etwas natürlich zum künstlerischen Anspruch Cronenbergs, der auch in späteren Filmen selten Dinge so simpel gestaltete, wie böse Zungen es Horrorfilmen gerne nachsagen. Andererseits bleibt hier wohl angesichts aufgesetzter Dialoge, simpler Technik und eher bescheidener Darsteller wohl die Einsicht unumgänglich, dass „Transfer“ nicht wirklich mehr als das erste handwerkliche Üben eines angehenden Filmemachers ist. Aus der Rückschau nicht uninteressant, als eigenes Filmdokument jedoch von eher begrenztem Mehrwert.

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