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Inspektor Harry Calahan wird in Polizeikreisen auch "Dirty Harry" genannt, weil er in San Francisco stets die Drecksarbeit erledigen muss und dabei nicht immer saubere Methoden benutzt. Eines Tages beginnt ein irrer Psychopath, der sich selbst "Scorpio" nennt, von Dächern aus wahllos Passanten abzuschießen. Nach einer Hetzjagd durch die halbe Stadt kann Calahan den Killer verletzen, doch der entkommt zunächst, wird aber wenig später gefasst. Als er schließlich aufgrund mangelnder Beweise wieder laufen gelassen wird,, sieht Calahan rot: Er greift zur Selbstjustiz und beginnt die Jagd erneut...

Don Siegels Kultfilm aus dem Jahre 1971 gilt bis heute als DER Copstreifen schlechthin. Er setzt uns dabei keinen heroischen Polizisten als Hauptfigur vor, sondern einen schweigsamen, ultracoolen Antihelden, der zu Eastwoods Paraderolle wurde. Der agiert zwar äußerst hart, hat aber Prinzipien und wird deshalb zur Sympathiefigur, wenn es in diesem Film überhaupt so etwas gibt.

Denn "Dirty Harry" ist grau und trostlos, eigentlich hat man während der Film läuft keinen einzigen Augenblick Freude am Gezeigten, sofern man gängige Kost gewohnt ist. Wer den Zyniker Calahan versteht, wird jedoch über einige zum Kult gewordene "Magic Moments" schmunzeln können. Viele Sprüche Harrys sind legendär, seine Unterhaltung mit dem Selbstmörder unvergesslich.

Viele Diskussionen wurden damals wegen der Gewaltdarstellungen entfacht. Dabei ist die physische Gewalt gar nicht mal so extrem, es ist vielmehr die pessimistische Grundhaltung, die den Film so brutal erscheinen lässt. Dazu kommt noch ein knallharter Eastwood und ein Schurke, der so abgrundtief hassenswert ist, dass man es gar nicht in Worte fassen kann. Dass es so kranke Leute gibt, ist jedoch keinesfalls Fiktion, das kann man ja fast täglich in unseren Zeitungen lesen. Vielleicht war die Absicht Siegels genau die, unserer Gesellschaft mit seinem Film einen Spiegel vorzuhalten.

Die Action kann sich sehen lassen, dabei muss man aber stets das Alter des Films berücksichtigen. Die Schießereien fallen eher unspektakulär aus, das macht jedoch das coole Erscheinungsbild Eastwoods locker wett. Ansonsten gibt es noch einige Verfolgungsjagden zu sehen, von denen die letzte am furiosesten inszeniert wurde.

Das Hauptaugenmerk liegt bei "Dirty Harry" jedoch auf der Atmosphäre, die auch (oder gerade) für heutige Verhältnisse beispiellos ist. Die Story ist grundsätzlich schon einmal realistisch, was natürlich ein dickes Plus in diesem Punkt bedeutet. Dazu begegnen uns die Häuserschluchten aus dem Film täglich in unserem eigenen Leben, wodurch man sich sehr gut in die Lage aller Beteiligten hineinversetzen kann. Unterstützt wird die Atmosphäre vom fantastischen Soundtrack, der aufgrund des "groovigen" Stils das richtige 70er Feeling aufkommen lässt oder durch Abwesenheit glänzt. Hier kann man es nicht anders ausdrücken, denn gerade weil größtenteils auf Spannungsmusik verzichtet wird, wird ein höchstmögliches Maß an Authentizität erreicht.

"Dirty Harry" ist ein Kultfilm, ein perfekter Polizeithriller mit stetig wachsender Spannungskurve und einer unbequemen, gerade weil so realistischen Atmosphäre. Über allem steht Eastwood in der Rolle seines Lebens, der wie schon in den älteren Leone-Western unvergleichbar spielt und dem Wort "cool" eine ganz neue Dimension verleiht. Er ist der Antiheld in einem schmutzigen, ultraharten Streifen, der auch heute noch gleichermaßen begeistert und schockiert. Ein Meisterwerk des Kinos der 70er!

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