Review

Das soll es wirklich gewesen sein?
Das ist die Fortsetzung zu dem Film, mit dem ich herangewachsen bin, zu dem ich mit Freunden Requisiten geschleppt habe, wie weilend in der "Rocky Horror Picture Show"?
Kann eigentlich nur ein böser Scherz sein.
Ist aber bittere Wahrheit.
Und was noch schwerer wiegt: das hier hat nicht irgendein No-Name gedrechselt, sondern das Dreamteam persönlich. Landis und Aykroyd haben geschrieben, Aykroyd produziert und Landis Regie geführt.
Da kann doch eigentlich nichts schief gehen, könnte man denken. Doch herausgekommen ist lediglich Murks.

Vielleicht hätte es jeden Fan warnen müssen, daß Aykroyds Comedy in die Jahre gekommen ist und Landis seit Ewigkeiten keinen erfolgreichen oder guten Film mehr gedreht hat.
Stellen wir doch einfach fest: wer eine Fortsetzung zu einem erfolgreichen Film machen will, muß wenigstens gleich gut sein. Wer eine Fortsetzung zu einem Kultfilm machen will, sollte es besser ganz lassen oder versuchen noch besser zu sein, um dann eventuell in Ehren zu scheitern. Davon ist hier nichts zu spüren, kein Widerstand, kein Wille, keine Inspiration. Manchmal hat man das Gefühl, als hätten die Beteiligten am Ende gar keine Lust mehr gehabt.
Schon das Drehbuch weist die eklatantesten Mängel auf, denn Aykroyd ist bemüht, die wichtigsten Teile des Originals zu kopieren. Dazu hat er (was durchaus beachtenswert ist) beinahe die halbe Besetzung des Originals wieder ausgegraben.

Leider scheint dieses Zitieren Dreh- und Angelpunkt des Arbeitsprozesses gewesen zu sein, denn es wirkt bisweilen so gewollt, daß es peinlich erscheint. Angenehm ist dabei nur die Rückkehr von Kathleen Freeman, während z.B. Jeff Morris Cameo als Bob (in Bobs Country Kitchen) ein bemühter Witz bleibt.
Doch es wird auch weiter geklaut: der Blues-Wettbewerb wird zum Aufhänger, die Zusammenführung der Band zum treibenden Effekt, was bloße Wiederholung ist. Dazu verscherzt es sich Elwood weiterhin mit radikalen Gruppen, wie der Russenmafia und einer militanten Südstaatengruppe. Doch leider sind diesmal diese Ärgernisse nicht rassistisch motiviert (im Original entspringt die Feindschaft einer offenen Provokation durch die Brüder und schlägt sich beide Male in jüdischem Haß nieder), sondern entspringen bei den Russen einem lahmen Scherz und bei den (leider nur doof und albern gezeichneten) Hobbymilitärs einem bloßen Zufall.

Was sonst noch bleibt, ist lediglich ein nettes, viel zu gradliniges Roadmovie ohne Ecken und Kanten, unterbrochen nur von den diversen Musiknummern.
Was entscheidend fehlt, ist eine verzwickte Story und der gewisse absurde Witz (wie im Original rund um Jakes mysteriöse Ex-Verlobte), der die beiden so unverwechselbar machte.

Vielleicht lag das auch am diesmal viel kleineren Budget, das auch besser kontrolliert wurde. So geriet der Film nicht außer Kontrolle wie 1980, sondern blieb in seinem monetären Korsett, daß jedoch auch jegliche Kreativität abwürgte.
So kommt es auch zu nahezu keiner Blechorgie, außer einer kleinen, buchstäblich erzwungenen, technisch schwach montierten Sequenz nach etwa zwei Dritteln, die somit auch wenig Sinn macht, außer dem, daß eine drin sein mußte.

Ein wirkliches Ärgernis jedoch ist das Fehlen jeglicher Motivation, die über schnöden Mammon hinausgeht. Es geht hier um keine gute Sache, mal von dem Waisenjungen abgesehen, sondern bloß um den Lebensunterhalt der Band und Elwoods, der im tiefen Süden durch den Contest-Sieg wieder saniert werden soll. Ohne den nötigen göttlichen Segen ist hier auch niemand im Auftrag des Herrn unterwegs, dafür deklamiert Elwood ständig, daß die Wege des Herrn unergründlich sind. So werden die vielen übernatürlichen Zufälle begründet, mit denen Elwood immer wieder dem sicheren Tod entgeht. Das ist nicht nur schwach kopiert, sondern auch noch platt, denn man spürt die Absicht, die dahinter steckt. Und als sei dies noch nicht genug, versackt der Showdown auch noch in einem übernatürlichen Zombie/Voodoo-Mumpitz mit Erykah Badu, der überhaupt nicht passen will in den Blues-Brothers-Kosmos. Möglicherweise war das Geld schon alle und man wollte sich schnell-schnell aller aufgebauten Probleme entledigen, ohne daß es noch was kosten würde. Wer jedoch vor Empörung hier aufschreit, ist völlig im Recht.

Auch das Bluesmobil war im Original kein Knight-Rider-Verschnitt, daß alles konnte (incl. Tauchgänge und Fernsteuerung), sondern einfach ein äußerst leistungs- und leidensfähiges Vehikel, daß bis zur letzten Sekunde lief.
Doch derlei Modifikationen des ersten Teils sind hier leider an der Tagesordnung, auch was die Personen an sich betrifft.
Aykroyds Elwood macht eine wundersame Wandlung vom verschrobenen, wortkargen Brother zu einem Wortkaskaden herunterrasselnden Laberkasper durch, der gar nicht zu seinem Vorbild passen will. Mal still wie ein Stein, bricht es dann immer wieder aus ihm hervor, eine Figur wie eine unebene Straße, die man nicht einmal richtig mögen kann. Offenbar versuchte hier der Schauspieler, seine Figur den Film "tragen" zu lassen, doch dafür ist und war Elwood nie geeignet. Der Ausgleich erfolgte eben in der harmonischen Ausgewogenheit zwischen dem wesentlich mehr redenden, genervten, hochexplosiven Jake und dem eher wortkargen, verschrobenen, ausgeglichenen Elwood.
Aykroyd mischt hier zuviel von seinen Charakteren aus anderen Filmen hinein, so daß uns die Figur seltsam fremd vorkommt. Er reißt Teile der Handlung an sich, die eigentlich nicht zu seinem Charakter zu passen scheinen. Darunter leiden die übrigen Darsteller, allen voran sein (angeblich) direkter Partner Mack McTeer, gespielt von John Goodman.
Goodman sprang für James Belushi ein und sein Part ist so schlecht geschrieben, daß er im Film kaum auffällt. Das ist besonders schade, denn Goodman hat eine ganz eigene Art (auch von Humor), die dem Film in vielen Teilen gut getan hätte, ohne jetzt eine Belushi-Kopie zu sein. Der aktive Part hätte ihm gut gestanden und wenn wir ehrlich sind, kann Goodman auch wesentlich besser singen als Aykroyd und Belushi zusammen. Vielleicht hat Aykroyd diese Gefahr auch gespürt und deswegen die Entwicklung dieses Charakters unterdrückt. "Mack" ist viel zu schüchtern, zurückhaltend und kommt kaum einmal zum Zug, stattdessen verhunzt Elwood teilweise gutgeschriebene Szenen.

Ebenfalls zu Lasten Goodmans kam der Einbau Joe Mortons als Curtis unehelicher Sohn, der wenig mehr zu tun hat, als erfolglos hinterherzujagen, ehe er eine magische Verwandlung mitmacht, die originell gewesen wäre, hätte man sie nicht so platt aufgemacht.
Der (ich bitte die Formulierung zu entschuldigen) beschissenste Einfall war jedoch der Einbau des 10jährigen Buster.
Überhaupt ist die Arbeit mit Kindern schon der Tod so manchen guten Kinofilms, doch hier haben sich die Macher selbst ins Knie geschossen. Bonivant ist sicher ein begabter Darsteller, kann gut tanzen, vielleicht sogar Mundharmonika spielen und fügt sich relativ unauffällig ein. Doch seine Rolle ist sinnlos, überflüssig und aus ihr wird dann auch nichts gemacht.
Gerade Elwood, selbst halb Kind geblieben, weiß mit dem Jungen, der reifer wirkt als er selbst, nicht viel anzufangen. Buster fungiert zwar einmal als Motivation und zum Schluß als "neuer" Bruder von Elwood, doch das hätte nicht sein müssen, um den Film vor der Familientauglichkeit zu retten. Unnötiger Ballast, sonst nichts.

Womit wir auch schon beim Schlüssel zum Erfolg des Originals wären. Anarchie ist das Wort, anarchisch war der Film, rebellisch seine Botschaft, Music in Action, unberechenbar. "BB 2000" funktioniert wie vom Reißbrett, ein müder Film, den nicht einmal die Musik retten kann.

Dabei kann sich das Line-Up durchaus sehen lassen. Überhaupt wäre das der einzige Grund, sich den Film einmal anzusehen. Besonders die finale Gegnerband rund um B.B.King ist der Gipfelsturm des modernen Blues mit einem amüsiertem Eric Clapton am Rande. Leider ist das Lied, das sie präsentieren nicht sehr gut, bzw. geht nicht recht ins Ohr, ein Punkt, der dann der Blues Brothers Band gelassen wird. Ansonsten gibts zwar tolle Namen, aber musikalisch meistens Tristesse. Der erste Auftritt im Stripclub ist zwar gewagt, aber hätte funktionieren können, wenn er nicht so zerfasert aufgenommen wäre und die Kulisse nicht so billig ausschauen würde. Aretha Franklins überfälliges "Respect" klingt müde, die Dame kommt nicht mehr aus der Hüfte, der Auftritt von "Blues Traveller" ist zwar kraftvoll gut, wirkt aber wie angeklatscht, als hätte man ihn nachträglich noch im Film unterbringen wollen. Wilson Picketts Anblick ist zwar erfreulich, aber seine Musicalnummer will nicht so recht zünden und paßt sich nicht ein. Auch James Brown ist sichtlich altersschwach geworden und ohne musikalische Bravour.
Die einzige Nummer, die funktioniert, ist die Kopie der "Hühnerkäfig"-Nummer aus Teil 1, die diesmal auf einem Monstertruckfestival stattfindet. Die Intonation des berühmten "Ghostriders in the Sky" (tatsächlich mit Skelettpferden und Geisterreitern, die aus einem Gewitter erscheinen, illustriert) ist nicht nur wunderbar gesungen, sondern hat auch genau das nötige Maß kultiger Skurilität, um im Gedächtnis zu bleiben.
Danach verdirbt jedoch die Karibiknummer bei Badu einiges. Musikalisch ein Bringer ist der Zombie-Einfall ein Schuß in den Ofen. Wenn eins die Blues Brothers ausgezeichnet hat, dann, daß sie stets die Kontrolle über sich und die Musik behalten konnten. Hier sehen wir nur eine beliebige Band unter magischem Einfluß. Danach folgt eben noch ein kleines Highlight mit dem Contest, doch überzeugen kann das auch nicht mehr.

Leider folgt dann das Schlimmste zum guten Schluß. Dramaturgisch eh belanglos, gibt der Film die Band "Blues Brothers" an die neuen Sänger Morton und Goodman ab, während Elwood mit Buster im
Bluesmobil, von Streifenwagen verfolgt in die Dunkelheit fahren.
Tja, und das wars dann!
Wer jetzt mal höflich nach einem finalen Verfolgungsjagd mit Mega-Crashs oder nur nach einem vernünftigen Filmende fragt, hat voll und ganz recht. Denn das gibt es hier nicht. Irgendwie paßt es zu diesem lustlos gemachten Nachzieher, daß er weder einen Höhepunkt noch einen Schlußpunkt hat, sondern im Nichts versandet. Längst schon hat der treue Blues-Brothers-Fan das Handtuch geworfen, um sich darüber noch aufregen zu können. Aber auch Nichteingeweihte hätte sich über ein ordentliches Ende sicherlich gefreut.

Irgendwie scheint dem ambitionierten Kult-Unternehmen kein Interesse entgegengebracht worden zu sein, anders kann diese flache, niveau- und harmlose Katastrophe nicht erklärt werden.
Aber vielleicht sind die Helden auch einfach nur zu alt und müde geworden, um den Zuschauern mehr als einen Ego-Trip des Hauptdarstellers zu gönnen.
Mir fallen auf Anhieb ein halbes Dutzend Möglichkeiten ein, wie man es besser, versöhnlicher und interessanter hätte machen können, aber das sagen ja hinterher immer alle.

Hier und da habe ich mal versonnen gelächelt, ein- zweimal aufgelacht und zehnmal so oft wären mir fast die Tränen gekommen, als ich sah, was hier angerichtet wurde. Ich denke, das hat niemand verdient. Aykroyd nicht, Landis nicht und ich auch nicht.(3/10)

PS: Und wenn dann demnächst mal wieder das Original läuft, dann werde ich wie immer laut die Dialoge mitsprechen, so laut, daß ich vergesse, daß dieses Ding hier je produziert wurde. Und Jake nimmt ein zweites Mal seine Sonnenbrille ab und nickt mir tröstend zu!

Details
Ähnliche Filme