GODZILLA X MOTHRA X MECHAGODZILLA: TOKYO S.O.S.
Roland Emmerichs GODZILLA aus dem Jahre 1998 war ein Schlag ins Gesicht eines jeden echten G-Fans und für die japanischen Toho-Studios Grund genug, bereits im darauf folgenden Jahr eine dritte offizielle Godzilla-Reihe zwecks „Wiedergutmachung“ ins Leben zu rufen. Leider leistete man sich gleich beim Auftakt der „Millennium“-Reihe - GODZILLA 2000 (1999) - mehr als nur einen groben Schnitzer: Ausgerechnet die Emmerich-Gurken ID4 und GODZILLA wurden ausgiebig zitiert und zudem waren die stellenweise ziemlich miserablen CGI-Effekte nach Dekaden der handgemachten Monsterschlachten mehr als nur eine herbe Enttäuschung.
Inwiefern man dem zuvor durch Filme wie GODZILLA vs. DESTOROYAH (1995) positiv aufgefallenen Regisseur Takao Okawara die Schuld an diesem schwachen Neustart in die Schuhe schieben kann, lässt sich nur schwer bestimmen. GODZILLA 2000 sollte seine fünfte und letzte Regiearbeit bleiben. Stattdessen gewann man Masaaki Tezuka, welcher mit GODZILLA X MEGAGUIRUS (2000), GODZILLA X MECHAGODZILLA (2002) und dem hier besprochenen TOKYO S.O.S. (2003) nicht nur quantitativ 50% der gesamten „Millennium“-Reihe inszenierte, sondern auch qualitativ ranklotze und somit einen 100%gen Output an beeindruckenden Godzilla-Krachern vorzuweisen hat.
Im Jahr Eins nach GODZILLA X MECHAGODZILLA ist unser aller Lieblingsungeheuer im Meer untergetaucht, während die Reparaturarbeiten am schwer beschädigten MechaGodzilla auf Hochtouren laufen. Plötzlich besuchen die beiden zauberhaften Shobijins von der Infanteninsel den Wissenschaftler Dr. Shinichi Chûjô (Hiroshi Koizumi) und fordern dazu auf, den in MechaGodzilla verarbeiteten Godzilla-Knochen ihre wohlverdiente letzte Ruhe zu geben. Stellvertretend wäre Mothra unterwegs, um Japan vor weiteren Angriffen Godzillas zu beschützen. Nach Godzillas erneutem Auftauchen kommt es zum versprochenen Eingreifen Mothras, doch die Forderungen der Shobijins wurden ignoriert: Dr. Chûjôs Sohn Yoshito (Noboru Kaneko) und sein Team haben die Reparaturen am MechaGodzilla bereits abgeschlossen und lassen ihn - gesteuert von Kyôsuke Akiba (Mitsuki Koga) und Azusa Kisaragi (Miho Yoshioka) - als dritte Partei in den Zweikampf eingreifen…
Zwei echte sowie ein moderner Klassiker sind notwendig, um TOKYO S.O.S. in die richtige der vielen alternativen Godzilla-Timelines einzuordnen: Da wäre zuerst einmal GODZILLA (1954), an dessen Ende dank des „Oxygen-Zerstörers“ lediglich die Knochen des Ur-Godzillas auf dem Meeresgrund verblieben. Diese Knochen wurden in GODZILLA X MECHAGODZILLA als Grundgerüst für den Bau des MechaGodzilla verwendet, welcher Japan als Verteidigung gegen die Angriffe eines neuen Godzilla dienen sollte. Komplett macht die Timeline MOTHRA BEDROHT DIE WELT (1961), in welchem sich die Riesenmotte Mothra und Dr. Chûjô einst kennen gelernt haben und nun nach 42 Jahren ein spätes Wiedersehen feiern. Der Vollständigkeit halber sollte man noch MONSTER DES GRAUENS GREIFEN AN (1970) erwähnen, aus welchem der Riesenschildkröte Kameba ein kurzer (und leider recht toter) Cameo gegönnt wird.
TOKYO S.O.S. zieht den G-Fan von der ersten Sekunde an in seinen Bann und braucht sich vor den bisherigen Tezuka-Godzillas in keiner Weise zu verstecken: Wir erleben eine gigantische „Man-in-Suit“-Monsterschlacht, welche in Sachen Dynamik und Wucht ihresgleichen sucht! Ob wir nun vom Design und der optischen Präsenz der Ungeheuer sprechen, dem aufgefahrenen Militärequipment oder aber den destruktiven Duellen im und durch das japanische Häusermeer: Hier ist einfach alles erste Sahne! Riesige Wolkenkratzer (inklusive dem Tokyo Tower) stürzen detailliert und ohne sichtbare Zuhilfenahme nerviger CGIs ineinander zusammen. Im Duell zwischen Godzilla, Mothra und MechaGodzilla wurde eine ausgewogene Mischung zwischen körperlicher Gewalt, lieb gewonnenen Special Moves und moderner High-Tech-Firepower gefunden. Dass dabei einige Kampfjets, Raketen und sonstige Geschosse aus dem Rechner stammen, fällt nicht negativ ins Gewicht, da diese Effekte optisch tadellos mit dem hochwertigen Gesamtbild harmonieren.
Auch auf Seiten der Darsteller gibt es keinen Anlass zur Kritik: Für einen Godzilla-Film erbringen alle angemessene Leistungen und stehen den monströsen Hauptdarstellern dabei nicht im Weg herum. Dass die niedlich-traurige Akane Yashiro (Yumiko Shaku) aus GODZILLA X MECHAGODZILLA zum Cameo degradiert wurde, finde ich trotzdem ein wenig schade. Veredelt wird TOKYO S.O.S. erneut von den Kompositionen Michiru Ôshimas: Ihr orchestraler Score ist mehr als beeindruckend und erzeugt über die komplette Laufzeit eine regelrechte Gänsehaut. Auch sie war schon bei den bisherigen Tezuka-Godzillas mit von der Partie und rundet ihre gewohnt imposanten Märsche diesmal mit neuen Variationen des Mothra-Themas ab, weshalb sich auch locker verschmerzen lässt, dass die eigentlichen Märsche dafür ein wenig in den Hintergrund treten. Völlig zu Recht hat diese Frau für ihre Arbeiten bereits mehrere japanische Academy Awards verliehen bekommen.
Egal ob GODZILLA X MEGAGUIRUS, GODZILLA X MECHAGODZILLA oder aber TOKYO S.O.S. - mit Big G vor und Masaaki Tezuka hinter der Kamera ist ein regelrechter Godzilla-Kracher vorprogrammiert! Ihre Filme (oder die Filme der „Millennium“-Reihe im Allgemeinen) versprühen sicher nicht den nostalgischen Charme der alten Godzilla-Klassiker, entwickeln die mit GODZILLA - DIE RÜCKKEHR DES MONSTERS (1984) wieder gefundene Marschrichtung vom bösen, Furcht einflößenden Godzilla aber derartig weiter, dass man als G-Fan kaum sagen kann, ob und wo da überhaupt noch Möglichkeiten zur Steigerung bestehen! Die einzig mögliche Steigerung ist hier lediglich noch Gigantomanie: Inoshiro Hondas FRANKENSTEIN UND DIE MONSTER AUS DEM ALL (1968) und Ryuhei Kitamuras GODZILLA: FINAL WARS (2004) gehören nicht zuletzt dank des Aufmarsches einer unschlagbaren Monsterarmada zu den absoluten Highlights der 50jährigen Godzilla-Geschichte!
8/10 Punkten, diBu!