Das junge Pärchen Kim entschließt sich, einen Jungen zu adoptieren, den kleinen Jin-Seong. Der liebt Bäume über alles, die er auch gerne malt, selbst wenn sein Abbild mit Baum verdächtig nach Edvard Munchs "Der Schrei" aussieht. Distanziert, regelrecht unterkühlt beginnt das neue Familienleben, dafür spricht er täglich mit der Akazie im Garten, einem leblosen Baum ohne Blätter. Sein Vorhaben, diesen Baum zu heilen soll sich später bewahrheiten und der ein oder andere Zuschauer vermutet vielleicht schon etwas bei dem innigen Verhältnis zu der Pflanze. Die Mutter indes ahnt es als erste, die Großmutter spricht es als erste aus und der Zuschauer sieht es längst, dass nämlich mit dem Sechsjährigen etwas nicht in Ordnung scheint. Wer nun glaubt, "Acacia" sei ein weiterer Gruselthriller mit schwarzmähnigen asiatischen Kindern, die die Erwachsenen zu Tode erschrecken, wird überrascht sein, denn dieses Familiendrama gerät ohne übertriebene Effekthascherei zu einem ganz anderen, nicht minder unheimlichen Plot. Regisseur Park Ki-Hyung versteht es, wie man allein mit guter Kamera und ebensolch gelungenem Score eine Szene schaurig und spannend werden lässt, geheimnisvoll wie das Verschwinden vom kleinen Jin-Seong oder das plötzliche Aufblühen der Akazie. Der Familienzwist ist nur zu deutlich vom Patriarchat dominiert, die Eltern zeigen keine Fähigkeit zur emotionalen Annäherung und das Kind höchstens eine Nähe zur leiblichen Mutter oder zur Nachbarstochter (ein zweifelhaft verwirrender Charakter), was sein Übriges zur sich verdüsternden Stimmung tut. Ansonsten ist das Tempo gemächlich, eilige Konsumenten finden die erste Hälfte gewiss zu schleppend, denn nur akzentuiert eingesetzte Schockeffekte unterbrechen die ruhigen, oft schönen Bilder. Das phantastische Kino aus Korea besticht bekanntermaßen nicht durch effektbeladene Splattereien, sondern im besten Fall durch eine natürliche Schönheit der Bilder. Und dort, wo einen ähnliche Filme mit dem Mysterium allein lassen, entwickelt sich hier eine Auflösung, wenn auch nicht für alles. Nicht ganz der große Aha-Effekt bleibt am Ende, doch man staune, in fast konventioneller Horrortradition auf Psycho-Pfaden. Ohne ein bis drei Rührseligkeiten im Finale könnte einem der Mund offen stehen bleiben, so ist der Spannungsbogen noch immer einer der sehenswerter subtilen, als es die breite Masse solcher Filme vorkaut.
Fazit: Wunderbar gefilmt und langsam doch sicher aufgebautes Gruselszenario einer Beinahefamilie. 6/10 Punkten