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Nach monatelangem Aufenthalt in der Entzugsklinik kehrt Manfred Burger nach Hause zurück. Seine Arbeit hat er verloren, da weder seine Firma noch die Gewerkschaft seine Alkoholsucht als echte Krankheit anerkennen. Auch in seinem privaten Umfeld stößt er auf mangelndes Verständnis, sogar seine kranke Mutter, bietet ihm ein Bier an, in der Annahme ihrem Sohn damit etwas Gutes zu tun, was er aber ablehnt. Seine Frau hält zu ihm und versucht die angeschlagene Beziehung zu retten, aber als sich die finanziellen Schwierigkeiten häufen und er erfolglos versucht, wieder auf dem Arbeitsmarkt unterzukommen, greift Manfred wieder zur Flasche.
Trinker-Dramen gibt es nicht allzu häufig, aber wer Harald Juhnke in Der Trinker gesehen hat oder Ray Milland in dem Klassiker Das verlorene Wochenende, der weiß, daß dieses kleine Subgenre schon exzellente Filme hervorgebracht hat. Doch was Peter Beauvais hier abgeliefert hat, ist in seiner absoluten Realitätsnähe von geradezu erschütternder Eindringlichkeit. Fast hat man den Eindruck einer Dokumentation beizuwohnen.
Dies ist nicht nur der Verdienst einer klugen Regie, die auf jegliche dramatisiernde Tricks verzichtet, sondern auch einer ausgezeichneten Besetzung der Nebenrollen bei der auf allzu bekannte Gesichter verzichtet wurde.
Doch letzten Endes steht und fällt ein so sensibles Thema mit der Darstellung der Hauptfigur. Günter Lamprecht leistet in der Rolle des alkoholabhängigen Manfred Burger schauspielerische Schwerstarbeit. Von seiner distanziert-freundlichen Art zu Beginn, bis zu den unkontrollierten Gewaltausbrüchen bei seinen Alkohol-Exzessen gelingt es Lamprecht jede Facette dieses zerrissenen Charakters absolut glaubhaft zu vermitteln. Das zeigt sich auch daran, daß er bis zum Schluß unser Mitleid auf seiner Seite hat, obwohl er in einer Szene im Suff seine Frau ins Krankenhaus prügelt. Als er dann später nur noch zitternd und verzweifelt minutenlang in der Wohnung nach Alkohol sucht und sich mangels Alternative über eine Flasche Renigungsflüssigkeit hermacht... das gehört mit zum Ergreifensten, was ich in meinem bisherigen Film-Sammler-Leben je zu sehen bekommen habe, und ist eine Sternstunde der Schauspielkunst.

Ein Film von außergewöhnlicher dramatischer Kraft, und leider in seiner Thematik zeitlos.

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