Napoleon Dynamite (John Heder) ist ein ziemlich Nerd. Wie er selbst feststellt, besitzt er quasi kein eigenes Talent. Viel eher ist er eine Randerscheinung an seiner Schule, was er selbst nicht zugibt, und findet erst in Pedro Sanchez (Efren Ramirez) einen Freund. Dieser möchte alsbald auch als Schülersprecher kandidieren und ist somit direkter Herausforderer der stereotypen Summer Wheatly (Haylie Duff). Auch die introverierte Deb (Tina Majorino) kristallisiert sich für Pedro und Napoleon als Bezugsperson heraus. Zuhause hat es Napoleon jedoch auch nicht leicht. Er und sein Bruder Kip Dynamite (Aaron Ruell) nerven sich gegenseitig, wobei Kip besonders gerne seine Zeit im Chatroom mit einer gewissen LaFawnduh Lucas (Shondrella Avery) verbringt. Die Situation spitzt sich dann sogar zu, als Napoleons Großmutter, einzige Erziehungsberechtigte im Haus, verunglückt und im Krankenhaus landet. Als Vertretung kommt Uncle Rico (Jon Gries), der meint, ihm sei ein Profi-Footballkarriere versagt geblieben. Er und Napoleon verstehen sich praktisch gar nicht.
Wichtigstes Indiz des Films sind die antriebsschwachen und desillosionierten Figuren. Dass trifft natürlich nicht auf alle Charaktere zu, Protagonist Napoleon treibt diese Eigenschaft jedoch auf die Spitze. Sein Kumpel Pedro steht ihm aber genauso wenig nach wie Napoleons verweichlichter Bruder. Auch besondere Erwähnung sollte der in Nuancen melancholisch angehauchte Charakter von Uncle Ross finden. Diese Figuren stehen in krassem Gegensatz zu platten Charakteren wie der dümmlich-blonden Summer Wheatley und ihrer Clique oder ihrem Freund Don. Es ist anzunehmen, dass dieser Kontrast absichtlich implentiert wurde, um Napoleons Nerdcharakter stärker hervorzuheben, was auch prima funktioniert. Der Film beweist durch diesen Charaktertypus Eigenständigkeit und entwickelt einen starken, funktionierenden Humor.
Dazu trägt auch der etwas planlose Schnitt bei. Bei einigen Szenen wird gezielt der Aufbau zerstreut, was eine Art visuelles Stilmittel zu sein scheint. Andererseits finden sich aber auch viele etablierte Darstellungsmethoden mit solidem Schnitt, was jene Absicht doch in Frage stellt. So oder so - ob mit Absicht oder ohne: Der Stil schmiegt sich herrlich an die überzeichneten Charaktere an. Den Eindruck bestätigen auch die geschnittenen Szenen.
Filtert man den eigenständigen Charme des Protagonisten bzw. des Films heraus, bleibt aber eine recht naive, uninspirierte Grundgeschichte (Nerd hilft einem Nerdfreund, einem eingebildeten Individuum die Schau zu stehlen). Dass dabei zwei Handlungsebenen existieren, ist zwar nicht herausragend, erzeugt aber ausreichend Abwechslung im Aufbau, während der Inhalt natürlich auch schön abgedreht ist (Uncle Ross scheffelt eigentlich nur aus dem Grund Geld, um sich eine Zeitmaschine zu kaufen, um in die Zeit zurückzureisen). Überhaupt gefällt der Charakter des Onkels durch seine Eigenständigkeit.
In seinen Feinheiten überzeugt der Film auch durch seine Unvorhersehbarkeit. Überraschend wenig Witze plätschern auf dem Niveau eines "American Pie", wobei man das durchaus erwarten hätte können. Ein Beispiel für die Unvorhersehbarkeit: Napoleons Bruder Kip trifft sich endlich mit seiner Chatroombekanntschafft, und nachdem der Zuschauer an jeder erdenklichen Stelle davon überzeugt worden ist, dass an dieser Internetbekanntschafft irgendetwas faul sein muss, stellt sich doch heraus, dass jene LaFawnduh Lucas ein durch und durch tolles Weib ist, das Kip mit Geschenken überhäuft und Napoleon zum Happy End verhilft.
Natürlich finden sich auch viele Witze von eher flacher Natur an, auf die einen der Film erstmal eichen muss; verfolgt man diesen jedoch aufmerksam, kann man gut mitlachen. Besonders schön fand ich auch die Szene mit dem Kampfsportlehrer Rex und seinem Rex Kwon Do, der mit einem Roundhousekick in die Fresse herrlich an Chuck Norris anspielt.
"Napoleon Dynamite" baut auf einem uninspiriertem Storygerüst eine unterhaltsame Komödie auf, die ihren Charme zu großen Teilen aus ihren überzeichneten, antriebsschwachen Charakteren zieht.