Review
von Randa
"Die Purpurnen Flüsse 2" besticht in erster Linie durch die überraschende Erkenntnis, daß eine an sich komplett hanebüchene Handlung nahezu durch alle anderen Komponenten des Films aufgewogen wird. So wirkt es schon sehr an den Haaren herbeigezerrt, wenn plötzlich verschollene frühmittelalterliche Kaisergräber mitten in Frankreich auftauchen oder wenn absurde Verschwörungstheorien gesponnen werden, die auf dunkle, uralte Geheimnisse der katholischen Kirche zurückgehen. Zwangsläufig kommt einem so pseudo-historischer Quark wie "Sakrileg" in den Sinn, gepaart mit dem "Aufregende Geheimnisse-der-Geschichte"-Tralala à la "Jagd nach dem Bernsteinzimmer" - Indiana Jones für Doofe eben. Das ist wie gesagt aber auch alles, was zu bemängeln wäre.
Wie auch schon im ersten Teil spielt die Geschichte in einer Region Frankreichs, die eher selten in Filmen zu sehen ist, nämlich in Lothringen. Wunderschöne und beeindruckende Bilder bieten Einblicke von ganz ungewohntem Charakter, abseits von Champs-Elysées und Côte d'Azur. Ebenso beeindruckend ist sicherlich die wohl längste und beste Zu-Fuß-Verfolgungsjagd der Filmgeschichte. Auch die nicht jedem bekannte Maginot-Linie bekommt ihren wohlverdienten Auftritt, interessant und vermutlich auch touristisch wertvoll.
Jean Reno verkörpert seine Rolle diskussionslos in gewohnt professioneller Manier, hart, einfühlsam und tölpelhaft zugleich. Ihm zur Seite agiert mit Benoît Magimel sicherlich einer der talentiertesten französischen Jungschauspieler, man denke nur an "Die Klavierspielerin". Ein perfekter Gegenpol zu Jean Reno. Überstrahlt wird deren Präsenz lediglich durch das Auftreten von Christopher Lee als "Abgesandter des Ministeriums für Kultur und religiöse Angelegenheiten in Berlin". Er muß noch nicht einmal den Mund aufmachen, allein sein durchdringender Blick und seine aristokratische Körperhaltung verschaffen ihm unglaublichen Respekt. Und wenn er schließlich doch spricht, ist sowieso alles vorbei. So bleibt ihm auch der Satz des Filmes vorbehalten, als er einen Mönch ermahnt: "Ne soyez pas trop croyant - Seien Sie nicht zu gläubig!". Den zweitbesten Satz sagt Jean Reno, und zwar als er denselben Mönch mit einer Schlüssel-Attrappe aus Seife zum Narren hält: "Zweitausend Jahre lang haben Sie den Leuten nutzlosen Krempel angedreht. Jetzt sehen Sie mal, wie das ist!".
Wer ein wenig Französisch versteht, dürfte verblüfft sein, wie mühevoll und durchdacht die deutsche Synchronisation ausgearbeitet wurde. Ersichtlich wird das vor allem an den Stellen, wo auch im französischen Original Deutsch gesprochen wird. Beispielsweise wird Christopher Lee im Kloster von einem öligen Mönch mit den Worten begrüßt: "Äss ist mir einen bösondära Ähre...", woraufhin Lee ihm entgegnet: "En français, mon père, en français!", also "Auf Französisch, mein Vater, auf Französisch!". In der deutschen Übersetzung fällt an dieser Stelle die wesentlich passendere Bemerkung: "Lassen Sie dieses aufgeblasene Getue, ich mag das nicht!".
Schließlich bleibt am Ende dieses äußerst unterhaltsamen Filmes nur noch die Frage, warum Benoît Magimel ständig einen Bundeswehr-Anorak trägt. Wenn das in Frankreich eine verbreitete Modeerscheinung ist, dann ein Hoch auf die deutsch-französische Aussöhnung!