SPOILER
Auch in Frankreich hält man sich das eiserne Gesetz Hollywoods, das einem erfolgreichen Film am besten eine Fortsetzung folgen sollte, um möglichst noch mal so richtig abzukassieren. So verwundert es also wenig, wenn dem erfolgreichen Thriller "Die purpurnen Flüsse" eine Fortsetzung folgt. War der erste Teil noch ein über weite Strecken erstklassiger Thriller, der erst in seinem unlogischen und unpassend wirkenden Finale an Qualität einbüßte, hat man sich bei Teil 2 von Beginn an gewaltig vertan.
War Teil 1 noch eine Adaption des gleichnamigen Romans, hat sich für Teil 2, der keine literarische Vorlage hat, Frankreichs Starregisseur und Produzent Luc Besson der Geschichte angenommen. Das hätte er mal lieber bleiben lassen. Dass Besson nicht unbedingt für tiefgründige und intellektuell herausfordernde Storys steht, hat sich ja schon des Öfteren gezeigt, aber das was er in diesem Drehbuch zusammenschreibt ist wahrlich unglaublich und kommt einem geistigen Offenbarungseid gleich. Kaum eine Szene vergeht in der man nicht mit logischen Löchern enormen Ausmaßes konfrontiert wird, die zumeist unfreiwillig lustig sind, ab und an aber sogar dafür zu schlecht sind.
Jean Reno spielt wieder den aus Teil 1 noch bekannten Kommissar Niemans, den nichts aus der Ruhe bringen kann und der durch seine lakonische Art zu gefallen weis. Hier bekommt er es mit einem eigenartigen Mord zu tun. In einem Kloster wird die in einer Wand eingemauerte Leiche eines Mannes gefunden. Das dieser entgegen aller medizinischen Regeln, auch nach Tagen noch in kräftigstem Rot blutet verwundert zunächst, bleibt aber noch eine der kleineren unlogischen Begebenheiten. Schon bald tauchen immer mehr Tote auf und Niemans muss sich wieder mit einem jungen Kollegen zusammen tun. Da Vincent Cassel nicht mehr zur Verfügung stand, wurde mit Benoit Magimel einfach ein anderer junger Schauspieler genommen, der zwar eine namentlich andere Figur spielt, die sich aber in nichts von Cassels Rolle in Teil 1 unterscheidet. Reda, so der Name des jungen Polizisten, hat nach einer spektakulären Verhaftung, nachts einen Mann gefunden der nicht nur aussieht wie Jesus sondern auch deutlich verwirrt ist. Niemans sucht eben diesen Mann, und so treffen die Beiden aufeinander. Und machen sich fortan gemeinsam auf die Jagd nach den "Rittern der Apocalypse", denn diese in Mönchskutten gekleideten Typen sind für die Morde verantwortlich. Dabei zeigt sich, dass die Unbekannten über übernatürliche Kräfte verfügen und somit immer wieder entkommen kommen. Nach einigen Verfolgungsjagden und weiteren Leichen ist den beiden Polizisten auch endlich klar, dass alles wohl mit dem alten Kloster zusammen hängt und schon sind die mitten in der schönsten Nazi Verschwörung.
Spätestens hier dürfte man sich dann vor Lachen kaum noch halten können. So spielt etwa Christopher Lee den Abgesandten des "Deutschen Ministeriums für kulturelle und religiöse Angelegenheiten", der nicht nur von der ersten Sekunde an, in der man ihn im Bild sieht, förmlich dem Zuschauer "Vorsicht! Alt-Nazi" entgegen schreit, sondern auch noch den genialen Plan hat, ein "neues Europa zu schaffen. Weiß und religiös, so wie es immer hätte sein sollen". Aha, warum er dazu ausgerechnet ein altes Buch braucht das angeblich die Apokalypse auslösen soll, bleibt zwar sein Geheimnis, aber der Zuschauer braucht ja auch nicht alles wissen. Genauso wie es wohl für immer unklar bleiben wird warum das Buch in einem Tunnel unter einer alten Tunnelanlage aus dem zweiten Weltkrieg liegt, oder warum es durch einen Indiana Jones mäßigen Schutzmechanismus geschützt ist, der alles mal eben überflutet. Dankbarerweise bewegt sich das Wasser in den engen Tunneln übrigens langsamer als ein rennender Mensch, so das die beiden Hauptfiguren sich locker retten können. Die geheimnisvollen Mönche sind übrigens ganz normale Anhänger des Obernazis, die durch sofort wirkende Steroide aus dem 2. Weltkrieg zu Übermenschen werden. Das alles fällt Niemans übrigens auf, nach dem er nur einen einzigen kurzen Blick auf eines der Fläschchen geworfen hat. Vielleicht hätten die Deutschen diese Steroide damals schon benutzen sollen, dann wäre der Krieg sicher anders ausgegangen, aber egal, jetzt ist ja Christopher Lee da um sein neues Europa zu schaffen.
Auch sehr interessant ist die Tatsache, das die Polizeipräsenz in Frankreich enorm hoch ist, so sind bereits Sekunden nach dem Niemans Auto mitten in einem abgelegenen Wald von einer Maschinengewehrstellung in Schrott verwandelt worden ist, drei Polizeiautos anwesend. Dem entgegen steht die teilweise unglaubliche Dummheit mit der die beiden Polizisten, die noch von einer zur Stichwortgeberin degradierten Religionswissenschaftlerin begleitet werden, teilweise zu Werke gehen. So fallen sie zwar mit zig Polizisten in das Kloster ein um es zu durchsuchen, im Finale machen sie sich aber zu zweit auf den Weg um die ganze Bande Nazis zu bekämpfen.
So nun aber genug über die Story gemeckert, denn eines muss man Regisseur Olivier Dahan lassen, er weis wie man eine großartige, unheimliche Atmosphäre zaubert und er ist durchaus in der Lage Actionszenen eindrucksvoll in Szene zu setzen. So ist eines der wenigen Highlights auch die zu Fuß statt findende Verfolgungsjagd zwischen Reda und einem der Mönche quer durch Hinterhöfe und durch Gebäude. Da kommt nicht nur Spannung auf, sondern auch echte Begeisterung, denn die Szenen sind treffend geschnitten und somit durchaus ansehnlich. Auch eine ähnlich gut gefilmte und geschnittene Schießerei am Ende in den Tunneln sorgt für ein wenig Stimmung bei Actionfans. Die Kulissen und Sets sind stimmig gewählt und sorgen für eine herrlich düstere Atmosphäre. Somit ist zumindest in diesem Bereich alles vom Feinsten, aber leider reicht das eben bei weitem nicht, insbesondere wenn man den Film als Thriller anlegt. Denn in diesem Genre darf man doch eine Story erwarten, die es auch alleine vermag den Zuschauer zu fesseln und das fehlt in diesem Film eben komplett.
So ist "Die purpurnen Flüsse 2" eine mehr als überflüssige Fortsetzung zu einem tollen Thriller, auf die man ohne weiteres verzichten kann. Selbst Zuschauer die weniger wegen der Story als mehr wegen der Atmosphäre und Jean Reno in den Film gehen, dürften enttäuscht sein, denn irgendwie wird man einfach das Gefühl nicht los, das die Story von Luc Besson mehr oder weniger aus altbekannten Versatzstücken zusammengeschustert wurde. Da kann dann auch eine ordentlich Leistung von Jean Reno und einige blutige Szenen nichts mehr retten. 3,5 von 10 Punkten.