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"Junge Adler" ist ein Propagandafilm der nationalsozialistischen Diktatur.
Der Film erzählt die Geschichte einer Gruppe Jugendlicher, die als Lehrlinge in einer Flugzeugfabrik arbeiten. Im Mittelpunkt steht der Fabrikantensohn Theo Brakke (Dietmar Schönherr), der in der Fabrik seines Vaters arbeiten muss, nachdem dieser ihn von der Schule genommen hat. Der Grund dafür ist Theos widerspenstiges Verhalten, da er an einer Ruderregatta teilnimmt und gewinnt, jedoch wurde es ihm von seinem Vater verboten.
Nach anfänglichen Anpassungsschwierigkeiten wird er schließlich doch ein vollwertiges Mitglied der Lehrlingsgemeinschaft und gemeinsam schaffen sie es, die nach einem Fabrikbrand zerstörten Kanzlen für Flugzeuge in nächtlicher Freiwilligenarbeit neu anzufertigen und somit das Soll zu erfüllen.

Zentraler Mittelpunkt des Films, der Auszeichungen wie "staatlich wertvoll" und "jugendwert" erhielt, ist der Gegensatz zwischen Individualist und Gruppe. Ersterer stellt einen Typ da, der in den letzten Kriegsjahren nicht mehr gebraucht wird. Es handelt sich zwar um einen erfolgreichen Sportler, was der Sieg bei der Ruderregatta zeigt, allerdings ist er für die Gemeinschaft nutzlos, da er nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist. Erst durch ein Eingliedern und Unterordnen in die Gruppe können seine Kräfte optimal genutzt werden. Die Gemeinschaft wird hier als das natürliche Gesunde dargestellt. In dieser wird Theo von seinen schlechten Eigenschaften befreit und kann sich sinnvoll einbringen. Den optimalen Lehrling stellt Bäumchen (Hardy Krüger) dar. Er ist der kleine Blonde, der voller Freude und bei allem freudig dabei ist. Er stellt den gesunden Prototypen da, der durch keinen schlechten Einfluss gestört wurde, sondern sich gesund entwickeln konnte. Er verkörpert somit die Eigenschaften, die als nützlich galten.

Wichtig ist auch, dass als Arbeitsstätte exemplarisch eine Flugzeugfabrik gewählt wurde. Die Luftfahrt wurde von Beginn von Hitlers Herrschaft bewusst eingesetzt, um der eigentlich reaktionären Gesellschaftsstruktur eine moderne, fortschrittliche Verbindung zu geben. Dies zeigt sich schon in Hitlers Wahlkampfflügen, die wiederum verknüpft sind mit der Erlösermetaphorik, und hat seinen Ursprung im italienischen Faschismus. Schon Mussolini erkannte die propagandistischen Möglichkeiten der Luftfahrt, mit deren Dynamik und Fortschrittlichkeit eine Verknüpfung zum sich etablierenden Faschismus geschaffen werden konnte. Durch die Geschwaderflüge Italo Balbos über den Atlantik wurde die italienische Luftfahrt weltweit bekannt und als modernes Vorbild gerühmt. Auch von den Nationalsozialisten wurde dies bewusst eingesetzt, um die Jugend für die eigenen Ziele zu erreichen. Schulklassen wurden Flüge ermöglicht, um sie mit der neuen Technologie vertraut zu machen und dies wurde auch begeistert aufgenommen. Diese Begeisterung kommt durch Bäumchens Flug zum Ausdruck, dem ein kurzer Flug gestattet wird. Er erlebt die Freiheit über den Wolken und schenkt daraufhin auch seinem Adler die Freiheit und lässt ihn fliegen.

Ein weiterer Grund für die Inanspruchnahme der Luftfahrt ist der, dass es sich hierbei um eine neue Waffengattung handelte, wodurch es den Nationalsozialisten einfacher war, iher Vorstellungen durchzusetzen, im Gegensatz zum traditionellen Heer und der Marine, die in der Gesellschaft noch verknüpft waren mit der kaiserlichen Tradition. Nicht ohne Grund wird als Vertrauensmann der Lehrlinge ein alter Seemann gezeigt. Dadurch solte gezeigt werden, dass der Jugend und somit der Zukunft der Himmel gehört und die abnehmende Bedeutung der Marine (mit Ausnahme der U-Boote)  zu zeigen, aber auch um eine Verbindung zur traditionellen, in die Jahre gekommenen Gesellschaft zu ziehen, damit sich diese auch noch sinnvoll eingeordnet fühlen kann.
Diese Verbindung zwischen Tradition und Moderne wird auch vermittelt, als es um Theos Lackschuhe geht, die er gegen schweres Schuhwerk eintauschen soll. Somit soll er wieder einen festen Stand auf dem deutschen Boden bekommen, wonach er erst wieder zu Höhenflügen, dem Fliegen, berechtigt ist und was wieder die Verknüpfung zwischen traditionellen Bildern und der Moderne zeigt.

Ordnung ist ein weiterer zentraler Wert, der vermittelt werden soll. Die Lehrlinge werden in Reih und Glied aufgestellt gefilmt und am Ende sieht man sie im geordneten Marsch an den fertigen Flugzeugen vorbeiziehen.

Man sieht also, dass der Film beladen ist mit ideologischen Tugenden, die vermittelt werden sollen. Selbst heute fällt es schwer, diese zu erkennen und zu durchschauen und man darf natürlich den Hintergrund nicht vergessen, worauf all dies abzielte: Auf den aufopferungsfähigen Soldaten, der sich bereitwillig und gerne in die Gemeinschaft einordnet und nicht aus der Reihe tanzt und auch in letzter Konsequenz zu töten, ohne zu hinterfragen. Mystifiziert wird das ganze noch durch Einstellungen, die die Jugendlichen bei der Arbeit zeigt. Aus der von unten nach oben gefilmten Einstellung, die den Körper überhöht darstellt, erinnert nicht zufällig an die Filme Lein Riefenstahls. Hier muss man dem Regisseur Alfred Weidenmann auch ein großes Können attestieren, der dann auch später sein Können noch z.B. in "Canaris" oder in der Serie "Der Kommisar" zeigen konnte. Einer Serie, in der nicht ohne Grund in fast jeder Einstellung Alkohol getrunken wurde, eine leicht zu interpretierende Handlung, als Versuch, nicht an die Vergangenheit erinnert zu werden.

Die Schnitte erscheinen sehr modern. Sie leiten von Szene zu Szene über, indem sie aus der ersten Elemente übernehmen und in die nächste miteinführen. Auch das große Finale ist effektvoll inszeniert und führt auf ein großes Happy End hin, was ja eine logische Konsequenz darstellt, wenn man den Erzeihungscharakter des Films berücksichtigt, der ja belohnt werden muss.

Die jungen Darsteller machen ihre Sache sehr gut. Die Begeisterung, die sie spielen sollen, wirkt authentisch. Etwas komisch wirkt heute natürlich die Begeisterung, mit der sie ihre Überstunden ableisten.

"Junge Adler" ist ein gut inszenierter Film, der durchaus unterhält, allerdings darf man nicht den geschichtlichen Hintergrund vergessen (von Krieg ist im Film direkt nicht die Rede und auch die Gesellschaft und Stadt wird als intakt und idyllisch dargestellt).
Er ist sicherlich eine Empfehlung wert, wenn man an der Machart und Wirkungsweise von Propagandafilmen interessiert ist.

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