Review

Delon in einer ungewohnten Rolle hier, mit in der Verantwortung auch hinter der Produktion, entscheidend zuständig für den filmischen Bereich, die Initiative, die Umsetzung, und in der Figur eines Vaters, nicht ungebunden und allein durchs Leben gehend, sondern mit einer besonderen Beziehung, mit existierend durch ein Kind. Fehler werden gemacht und vieles auch richtig, die negativen Auswirkungen meist einschneidender als das viele Positive, was das Leben eines Menschen oft bestimmt. Um Schuld und Sühne und Söhne geht es hier, um eine Verantwortung, die man gerne ab- und übernehmen würde, um den Wunsch, etwas rückgängig zu machen, die Zeit zu ändern, die Geschichte zu korrigieren:

Als unter erheblichen Drogeneinfluss der Jugendliche Eddy Batkin [ Louis Julien ] aus Versehen und im Affekt einen Polizisten erschießt, versucht der herbeigerufenen Inspektor Leoni [ Pierre Maguleon ] auch angestachelt durch die Presse ein Exempel an dem Heranwachsenden zu statuieren. Eddys Vater Jaques Batkin [ Alain Delon ], ein ehemaliger Straffälliger, aber jetzt erfolgreicher Industrieller, versucht seinen Sohn mit allen Mitteln zu retten.

Ein Rausch wird gefeiert, der Rausch der Jugend, der Sinne, der Unbeschwertheit, der Unversehrtheit, der neuen Erfahrungen, der Freiheit. Ein Ort wird durchwandert, der Moment genossen, es ist die letzte Phase vor dem Ende, ein Schuss fällt, das Gewehr noch rauchend und schmauchend in den Händen. Die Handlung beginnt gleich mit dem Tod und sie erzählt auch vom Sterben, erst ein Tatort, dann das böse Erwachen; “Zufrieden damit, hm?“ wird hier gefragt, ein Ereignis gar nicht wach im Geiste, dennoch schuldig, hinterher ist man meist schlauer, danach ist man weise. Die Jugend wird hier auch betrachtet, nicht bloß Vater und Sohn, sondern generell Erwachsene und Heranwachsende, die nächste Generation. Die Kluft dazwischen, die divergierende Sicht auf das Leben, in drängenden Fragen, im teilweise unverschämten, herablassenden, herabwürdigenden, nicht im professionellen Ton. Die Bilder bleiben objektiv, die Sätze subjektiv, jeder der Gruppierungen hat seine eigene Quelle und seine eigene Meinung, jeder hat auf seine Art und Weise Recht, ein Dilemma, welches der Film deutlich betrachtet und vermehrt anspricht. Ermittlungen finden statt, polizeiliche Maßnahmen, die Mutter ist verzweifelt bis hysterisch, die restliche Familie taktisch, es wird die Sachlage besprochen, der Ruf ist auch wichtig.

Eine komplexe Angelegenheit in einfachen Worten, eine Inszenierung aus dem Hintergrund heraus, mal bleibt man stehen, mal folgt man den Personen, mal wechselt man zum Gegenüber, die gesamte Region im Blick. Eine Regie aus der Reserve, aber nicht reserviert, ein Industrieller und ein Polizist, eine leibliche Mutter und eine neue Frau des Vaters, ein verängstigter Angeklagter und die aufgeheizte öffentliche Diskussion.

Es war wie ein Albtraum.

Ich hab geglaubt, dass ich Sterben muss.

Ich hatte Angst.

Ruhige Minuten, selten gewordene Szenen der Intimität und Zweisamkeit, Ausdruck auch von zwischenzeitlicher Entfremdung, von Alleinsein, von viel Abwesenheit der jeweils anderen Person, von Einsamkeit.

In den Nachrichten ist die Tat groß herausgebracht, eine Schlagzeile, der ganzen Welt bekannt. Es wird getuschelt und angedeutet, es wird weniger der Sohn, es wird vielmehr der Vater betrachtet; Delon in der Hauptrolle, als Fixpunkt des technischen Werkes, welches sich zeitgemäß gibt und dafür auch einige Wiederholungen und Deutlichkeiten bis hin zu Simplizitäten an den Tag legt. Gespräche drehen sich zuweilen im Kreise, es werden Pläne geschmiedet, es werden alte Konflikte und Konfrontationen ausgetragen, es werden Vorwürfe und Vorbereitungen gemacht. Ein Seelenbild geschaffen, sich etwas vorgemacht und relativiert, ein anhaltendes Drama entwickelt, eine Perspektive der noch Lebenden, nicht des toten Polizisten, nicht dessen Witwe und den drei Waisen.

Der Gang fällt hier schwer, die Worte besonnen bis zögerlich, der Wunsch im Unglück zu helfen, ein tröstender Handschlag, die Beruhigung des Gewissens, die Beunruhigung angesichts der möglichen Folgen, die Todesstrafe wird gefordert. Die Rolle der Presse wird betrachtet, im nebenbei, die Zustände in Untersuchungshaft, die Kampagne der Staatsanwaltschaft, die Fehler der Vergangenheit. Die Hölle eines gehetzten Tieres wird hier gezeichnet, die Stimme erhoben, Bitten und Forderungen gemacht, die Vorgehensweise in Monolog und Dialog dargebracht. In der allgemeinen Stimmung getragen, der erste Tod schnell und plötzlich, das weitere Sterben langsam und schleichend, die Dunkelheit bricht herein, die Lichter verlöschen.

Später reden Polizist und Industrieller nochmal, sie duzen sich jetzt, der Kriminaler wird deutlicher, für Ihn und die meisten Anderen ist die Geschichte längst gegessen, eine Formalität bloß nur, eine geschlossene Akte, es bleibt aber nicht bei diesem einzelnen Gewaltausbruch, es gibt die private Suche nach den Drogenlieferanten, den Hinterleuten, zwischen Verzweiflungsaktionen und Herzensangelegenheiten. Es kommt zu Wutausbrüchen und Zerstörung, zu 'Kollateralschäden' und charakterlicher Verirrung. Beweise gegen persönliche Überzeugungen, Fakten gegen Gefühle, ein schmutzig agierender Justizapparat, eine Verzweiflungstat. Um Verzeihung wird gebeten, das Werk auch ein Liebesfilm, ein Psychodrama, ein Kriminalthriller, ein Gefängnisfilm, ein Gesellschaftsstück, unterstützt durch mancherlei weiterer Darsteller, Julien, Gravina, Maguelon, die Normalität hier bloß noch eine Oberfläche, eine brüchige Fassade, alles nicht mehr wichtig, alles nur zum Schein. Später wird ein Aktionsbündnis, mit Schießerei und Autojagd daraus, eine Menschenjagd beginnt.

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