Noch so eine Nunsploitation-Filmchen, wo es hinter Klostermauern besondes lüstern zur Sache geht und Marquis de Sade angeblich die Feder zu der Vorlage schwang. Auch dem unschuldigen Waisenmädchen Justine wurden schon mehrere schlüpfrige Filmergüsse gewidmet: Dieses Mal kommt die Produktion aus England und kann man mit Fug und Recht sagen, dass es sich hierbei um einen der aufwändigsten Exploitation-Streifen aller Zeiten handelt.
"Justine - Grausame Leidenschaften" ist in erster Linie ein Film fürs Sitzfleisch und weniger für den Kopf geworden. Genau da hätte Regisseur Chris Boger sein Werk jedoch gerne gesehen. Leider "Justine" etwas arg verkrampft um Handlung bemüht, womit die eigentlichen Schauwert etwas außer Acht gelassen wurden. Genau die will jedoch das Publikum aus dem Bahnhofskino sehen und keine ausschweifenden Dialoge oder ausgeklügelten Handlungsstränge. Deshalb wirkt die Story nicht selten etwas splitterhaft und ein wenig anstrengend anzuschauen.
Auf der anderen Seite könnte sich der Zuschauer tatsächlich wähnen, in einem Historienfilm gelandet zu sein: Sets und Ausstattungen sind überaus opulent, die Photographie ist sogar hervorragend. Die rein technischen Standards sind für einen Beitrag aus dem Exploitation-Genre also ungewöhnlich hoch ausgefallen. Und auch die Darsteller agieren für diesen Bereich überdurchschnittlich gut. Erwähnenswert sei die Hauptrolle von Koo Stark, die mal mit Prinz Andrew von den englischen Royals liiert war.
Alles in allem würde diese Justine gerne die Gradwanderung zwischen Sexfilm und Anspruchsvollem vollziehen, was jedoch nur bedingt zu gelingen vermag. Mit einer etwas gestrafften Handlung und mit mehr Zeugs zur Augenweide hätte ein echter kleiner Klassiker dabei herauskommen können. So ist es vielleicht gerade noch hoher Standard im Nunsploitation, aber eben auch nicht mehr...