Für mich hat dieser Film eine Vorgeschichte. Vielleicht langweilt sie euch, dann entschuldige ich mich schon jetzt. Aber sie gehört einfach zu diesem Film dazu und erklärt, warum ich ihn mag...
Ein Samstagnachmittag im Jahr 1978. Ich war damals 10 Jahre alt, und meine Tante zog zu dieser Zeit um. Mein Onkel kam damals ab und zu an Freikarten für das Kino dran, und mir wurde also an diesem Tag so eine Karte in die Hand gedrückt - wahrscheinlich damit ich den Umziehenden nicht ständig vor den Füßen rumlief.
Es war die Zeit, in der Kino noch was wirklich besonderes war - mit Jugendvorstellungen am Wo-chenende, richtigen Vorfilmen, Cola-Pop-Eis und einem verstohlenen Blick auf das „Schulmäd-chenreport“-Aushangsposter im Eingangsbereich.
Ich ging also zu dem kleinen Kino und hatte die Wahl zwischen einem für mein Alter geeigneten Kinderfilm und den „Reitern des Schreckens“. Ich nahm meinen Mut zusammen, legte meine Frei-karte an der Kasse vor und äußerte meinen Wunsch (und war wohl recht verblüfft, dass mein Alter niemanden zu interessieren schien...) und saß kurz drauf in einem der drei Kinosäle und sah den wohl ersten Horror-Film meines Lebens.
Am nächsten Tag muss ich wohl wieder im Weg rumgestanden haben, den ich bekam erneut die Gelegenheit, mit einer Freikarte mir einen Film anzusehen. Und noch einmal zogen mich die Reiter des Schreckens in ihren Bann.
Filme blieben seit dem meine Leidenschaft, aber die Reiter des Schreckens traf ich nie wieder...bis ich letzte Woche beim Ebay-Stöbern auf eine alte Video-Cassette stieß. Ein Blick auf das abgebil-dete Cover - und ich erkannte den Film sofort wieder. Sofort-Kauf, Überweisung - und dann, ge-stern, nach fünf langen Tagen des Wartens war es dann soweit....
Als ich den Film dann in den Recorder schob überlegte ich, an was ich mich noch erinnern konnte - Reiter mit dämonischen Masken, Folterszenen in einem Keller oder einem Verließ, Fackeln und / oder Feuer. An die Handlung konnte ich mich noch dumpf und duster erinnern, keine Einzelheiten, aber ich hatte den Film als ein ziemlich grausames Meisterwerk in Erinnerung. Also dann - Licht aus und los...
Geheimnisvolle rote Reiter bringen Tod und Verderben über das Land (der Film spielt offensicht-lich im ehem. Jugoslawien). Herzog Ladislaus ist ratlos. Das Volk jedoch ist unzufrieden, was aus der Tatsache resultiert, dass eben diese Reiter sich bei jedem Überfall einen wahllos aus des Vol-kes Mitte rauspicken, der dann gnadenlos zur Hölle geschickt wird. Also, was macht das Volk, wenn es unzufrieden ist? Es muckt auf! Um also wieder Ruhe ins Land zu bekommen versucht der Fürst mit Hilfe seiner Soldaten vergeblich, die Reiter zu fassen – vergeblich. Das Volk glaubt je-doch, dass die Reiter direkt aus der Hölle kommen. Ein zwielichtiger Ritter namens Mirko ver-spricht, die roten Reiter zu beseitigen, wenn sich die schöne Christina, ihres Zeichens Tochter des Fürsten Ladislaus, ihm hingibt. Christina ist das, was man einen echten Hingucker nennt, kein Wunder also, dass Mirko da rappelig wird. Mirko trägt, richtig mittelalterlich halt, eine Haartolle, die dem jungen Elvis zur Ehre gereicht hätte, und hat nebenbei noch eine rassige schwarzhaarige Gespielin am Start. Der Gute kann den Rachen halt einfach nicht vollkriegen, aber wer will ihm das bei den Bräuten auch verdenken. Aber so, wie er sich aufführt, wird auch ziemlich schnell dem letzten Zuschauer klar, was Mirko für eine verschlagene Kröte ist. Christina findet Mirko wohl auch eher ziemlich daneben und verliebt sich, auf der Flucht vor diesem, in Paolo. Der ist jung, dyna-misch, gutaussehend, geheimnisvoll, mit einem perfekten Zahnpastalächeln! Keiner weiß, wer er ist und wo er herkommt, aber in der Maske eines roten Todesboten will er dem teuflischen Spuk ein Ende setzen. Jetzt kennt ihr als geneigte Leser dieser Zeilen alle wichtigen handelnden Perso-nen. Und nun ratet mal, wer hinter den roten Reitern des Schreckens steckt...
Okay. Licht an. Das wars. Und? Ich muss gestehen, nach all der Zeit bin ich immer noch begei-stert. Die Masken sind einfach furchterregend. Allerdings anders furchterregend, als der kleine Junge sie damals empfunden hat. Eigentlich sind sie nur einfach furchterregend schlecht gemacht. Die Folterszene war auch nicht der Rede wert. Bessere Peitschenhiebe gibt es eigentlich in jedem Errol-Flynn-Piratenstreifen. Aber eine durchschnittene Kehle gab es. Nichts wirklich wildes, aber da war dann doch ein bißchen Blut zu sehen. Nüchtern betrachtet ist der Film das, was man wohl als Schundfilmkunst –oder neudeutsch Trash– bezeichnet. Und mehr Abenteuer- als Horrorfilm. Für mich jedoch ist er eine Erinnerung. Und die lass ich mir jetzt einfach nicht durch eine sachliche Betrachtungsweise kaputtmachen. Und mit dem meisten italienischen oder spanischen, vorzugs-weise auf Kabel-1 gezeigten Samstagsvormittagsabenteuerfilmen aus den 60ern kann der Strei-fen noch locker mithalten. Da wett ich ein Cola-Pop-Eis drauf!
Wer auf Hochglanzpopcornkino steht, sei gewarnt: Finger weg!
Und für die anderen, die sich mal was trauen: Guckt euch die Abenteuer von Christina, Paolo und den roten Reitern mal an, wenn ihr die Gelegenheit dazu habt. Und wenn ihr nicht zuviel erwartet, könnt ihr dabei richtig Spaß haben.
Was für mich bleibt ist die Erinnerung an zwei Nachmittage vor nunmehr fast 30 Jahren - und das wunderbare Gefühl, gestern für 75 Minuten wieder der kleine Junge in dem Kleinstadtkino gewesen zu sein.