Review

„Er lebt! Er wird lang leben!“

US-Regisseur Michael Curtiz, der mit „Casablanca“ Weltruhm erlangen sollte, drehte mit Boris Karloff („Frankenstein“) in der Hauptrolle den Science-Fiction-Horrorkrimi „Die Rache des Toten“, der im Jahre 1936 in die Lichtspielhäuser kam.

„Er ist mein Feind.“

John Ellman (Boris Karloff) saß für zehn Jahre Gittern. Kaum auf freiem Fuß, wird er von einer mafiösen Schieberbande ohne sein Wissen benutzt, um Richter Roger Shaw (Joe King, „Wem gehört die Stadt?“) umzubringen – Ellman sollte Shaw lediglich beschatten, doch man schiebt ihm kurzerhand die Tat unter. Perfiderweise übernimmt deren Winkeladvokat Nolan (Ricardo Cortez, „Verbrecherhände“) auch noch Ellmans Verteidigung, der daraufhin zum Tode verurteilt wird. Die Eheleute Nancy (Marguerite Churchill, „1. Preis: Paris“) und Jimmy (Warren Hull, „Miss Pacific Fleet“) hätten Ellman als Zeugen entlasten können, hatten sich jedoch von den Verbrechnern einschüchtern lassen und meldeten sich somit erst zu spät zu Wort. Ellmans Leichnam indes bringen zu Dr. Evan Beaumont (Edmund Gwenn, „Bis aufs Messer“), für den sie arbeiten. Dieser implantiert ihm ein neues Herz, woraufhin Ellman wieder zum Leben erwacht. Seine Erinnerungen kehren nur langsam zurück, doch an je mehr er sich erinnert, desto stärker wird sein Begehren nach… Rache!

„Ich halte seinem Blick nicht stand!“

Curtiz‘ Schwarzweiß-Film beginnt im Gerichtssaal. In einer Abfolge von Zeitungsschlagzeilen und abgerissenen Kalenderblättern wird erzählt, was Ellman seit seiner erneuten Anklage vor Gericht widerfahren ist. Melancholische Bilder im Vorfeld seiner Hinrichtung sorgen für eine bedrückende Atmosphäre. Nicht nur in der Erweckungsszene ist eine gewisse Analogie zu Frankenstein nicht von der Hand zu weisen; Karloff für die Rolle des Untoten auszuwählen, ist wenig originell, aber effektiv. Ein Teil der Geschichte wird in Zeitungsschlagzeilen weitererzählt. Erstaunlich ist es, dass Ellman, der zu Lebzeiten Pianist war, wieder perfekt Klavier spielt. Seit seiner Wiedergeburt hat er eine weiße Strähne im Haar und schlurft, als leide er ein wenig unter Leichenstarre. Auf seinen Anwalt Nolan reagiert er aggressiv, ohne dass er benennen könnte, weshalb. Sein Blick jedoch genügt, um die Mitglieder der Schieberbande zu beunruhigen. Zudem scheint er nun über übersinnliche Kräfte zu verfügen, denn er tötet ohne äußere Gewalteinwirkung. Dr. Beaumont wiederum ist ganz versessen darauf, zu erfahren, was Ellman „im Jenseits erfahren hat“.

„Hier gehen wunderlich Dinge vor!“


Neben Cortez als Mafia-Anwalt bekommen wir Barton MacLane („Wem gehört die Stadt?“) als Bandenboss Loder, Robert Strange („Spezial-Agent“) als Gangster Meritt und Paul Harvey („Der versteinerte Wald“) als dessen Kollegen Blackstone zu sehen. Merritts Leibwächter (John Kelly, „Nach dem dünnen Man“ und James P. Burtis, „Licht im Dunkeln“) fungieren in diesem ansonsten eher humorlosen Film als Comic Reliefs. Dieser Film aus einer Zeit, in der Herztransplantationen noch völlige Science-Fiction waren, wartet mit manch schöner Detailaufnahme und einem zumindest zeitweise gewitzten Schnitt auf, gibt sich zu seiner pessimistischen Ausrichtung passenden noiresken, expressionistischen Schattenspielen hin und schreckt auch vorm typischen Genre-Klischeeunwetter nicht zurück. Die Nachtszenen sind etwas sehr dunkel geraten, der eine oder andere Dialog wirkt ein bisschen überhastet und das Ende ist mir ein wenig zu religiös geprägt.

Als Freund gediegener alter Grusler kann ich Curtiz‘ mit 63 Minuten knackig kurzem Film aber einiges abgewinnen. Zwar ist er kein zweiter „Frankenstein“, aber eine reizvolle Mischung aus Kriminaldrama, Science-Fiction (auch ohne klassischem Mad Scientist, denn so balla balla ist Dr. Beaumont gar nicht) und moralischem Rache-Horror, über dem eine Frage schwebt, die das Dialogbuch auch ganz direkt formuliert: „Was ist der Tod?“

Bewertung: 6,5 von 10 Haarsträhnen

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