Review

Wenn ein Film nicht den Tod seines Schöpfers nach sich zieht, wie Passolinis "Die 120 Tage von Sodom", was gewisserweise auch Spekulation ist, sondern sich der Regisseur gezielt noch vor dem Abdrehen das Leben nimmt kann dies nur bedeuten, dass besagtes Werk bizarr und böse ist. Genau das ist "Pig", allerdings geht Todes-Rocker Rozz Williams noch eine ganze Spur weiter.

Entgegen meiner Erwartung stellt "Pig" kein aufwühlendes filmisches Abbild erschütternder Depressionen, paranoiden Wahnsinns oder schizophrener Verzweiflung dar. Williams und Nico B. verpassen dem Grauen ihre ganz eigene Definition, mit subtil poetischer Gewalt ausgeschmückt, auf ganz eigene Weise dilettantisch. Sie verleihen ihrer sadistischen Fantasie künstlerisch Ausdruck, verzichteten bewusst auf klassischen Gore und "foltern" den Zuschauer stattdessen seelisch. Die zerstörerische Kraft ihres verstörten Selbst wird dabei besonders deutlich. Die Übertragung auf den Zuschauer ist natürllich nur theoretisch möglich, wenn überhaupt nur bei besonders gefährdeten Subjekten, was auch nicht einwandfrei belegt werden kann, doch wenn es ein Werk gibt das dies vermag  kommt ein aggressives Artefakt wie "Pig" diesem wohl am nächsten. Der kann beim Zusehen schmerzen wie ein "Haze" von Shin'ya Tsukamoto und erinnert mich immer wieder schlagartig an die sauböse stichundstichundstich-Szene aus Miikes "Audition". "Pig" ist der kranken Fantasie eines wahrscheinlichen Psychopathen entsprungen, der es wahrlich versteht die Menschen mit begrenzten Mitteln zu schockieren. Ekelig und abartig wie kaum ein anderer und trotzdem ungemein faszinierend.

Mithilfe der beängstigen Soundkulisse durch immerzu überlaut heulenden Wind und den finsteren Score wird eine einmalig unheimliche Atmosphäre erzeugt, vergleichbar mit der aus Deauxs ultradüsterem, ähnlich langem Shorty "Zoetrope". Derbe Schnitte und visuelle Spielereien eines Peter Tscherkassky zum Zweck der Reizüberflutung wurden richtigerweise vermieden, nicht jedoch der bewusste Einsatz von minderwertiger Bildqualität zum Erzeugen von Authentizität, was glänzend funktioniert.

Ohne Frage ist "Pig" schlüssig, will sich aber auch am Ende nicht vollends offenbaren. "Pig" ist ein großes Mysterium und wird es wohl auch immer bleiben, doch das macht ihn umso interessanter.

"Subconscious Cruelty" trifft "Guinea Pig" und "Begotten". Ist schwer vorstellbar, ich weiß. Ein echter Leckerbissen für Liebhaber des exzentrischen Kinos der sich neben derb verstörenden Erzeugnissen wie "Singapore Sling" oder Cerdàs Nekrophilenschocker "Aftermath" einreiht. Weniger intensiv zwar als abgefahrene Machwerke wie "Rubbers Lover" oder "Tetsuo" und mit ganz anderer Intention nebenbei bemerkt, aber ohne Frage erschreckend!

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