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Der kleine aber feine Film Suzhou River spielt in Shanghai, einer Stadt, die man als Lichtermeer voller moderner Wolkenkratzer kennt, einer Stadt, die dank ihrer wirtschaftlichen Lage auf der ganzen Welt als reich und schön bekannt ist. Doch Shanghai kann auch ganz anders sein, wie Suzhou River eindrucksvoll beweist. Denn dort wo der Fluss Suzhou, der wiederum als schmutzigster Fluss der Welt bekannt ist, durch Shanghai fließt, wird er von abbruchreifen Häusern, heruntergekommenen Hausbooten und plakativer Armut gesäumt. Aus diesem Grunde war es vielleicht auch, dass Suzhou River im Geheimen gedreht und anschließend zur Nachbearbeitung nach Europa (z.B. Deutschland) geschmuggelt werden musste. Denn die tolle glänzende Stadt Shanghai ist hier nur ein einziges Mal aus der Ferne zu sehen, während der Rest des Films in einem tristen Milieu spielt, auf das die chinesische Regierung vielleicht nicht ganz so stolz ist.

Den Erzähler im preisgekrönten Suzhou River, der uns mit wackligen, teils amateurhaften Handkamerabildern durch den Film führt, sieht man dabei kein einziges Mal. Er entführt uns in die Geschichte über Moudan und Mardar, die ineinander verliebt sind. Als Mardar ausgerechnet bei Moudans Entführung helfen soll, nimmt diese Reißaus und springt in den verdreckten Suzhou ohne je wieder gefunden zu werden. Mardar kommt für seine Tat ins Gefängnis, doch sobald er entlassen wird, macht er sich auf die Suche nach Moudan, da er nicht glauben will, dass sie nicht mehr lebt.

Unser Erzähler hat inzwischen mit Meimei angebandelt, einer hübschen jungen Frau, die Moudan verblüffend ähnlich sieht, auf einem Hausboot auf dem Suzhou lebt und in einer Bar als Meerjungfrau arbeitet. Die beiden Geschichten verstricken sich, als Mardar ebenfalls auf Meimei trifft und in ihr Moudan zu erkennen glaubt. Doch ist sie es wirklich?

Dank der Handkamera erzählt uns Suzhou River sehr realistisch und in illegal gedrehten, unbeschönigten Bildern eine kleine nette Liebesgeschichte in einer facettenreichen Großstadt. Trotz der mehr als einfachen Inszenierung weiß der Film die gesamte Länge über zu fesseln. Man braucht eben nicht immer ein großes Budget, um einen guten Film zu drehen. Wie die beiden Geschichten miteinander verbunden werden, ist sehr intelligent gemacht. Die Geschichte von Moudan und Mardar, die zunächst nur wie eine Fabel klingt, wird endlich zur Wirklichkeit, sickert gar bis in die Geschichte von unserem Erzähler und Meimei durch und wird beim ergreifenden Ende wieder zu einer richtungsweisenden Fabel für Meimei und ihren Freund. Hat Liebe Beständigkeit? Und wie beweist man dem anderen eigentlich, dass man ihn liebt? Und ist es all das Suchen und Finden überhaupt wert? Der schmutzige Fluss und das Bildnis der Meerjungfrau, die dort lebt, ziehen sich dabei wie ein roter Faden durch den Film und knüpfent die beiden Geschichten noch enger aneinander.

Suzhou River ist ein sympathischer kleiner Liebesfilm, der voller Melancholie einen kurzen Ausschnitt aus dem Leben einer Gruppe junger Leute vor tristem Hintergrund porträtiert, ohne je ins Klischeehafte, Langweilige oder Übertriebene abzurutschen. Rundherum empfehlenswert.

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