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 Geschätzter Leser,

ich habe hier die durchaus seltene Ehre Sie an der ersten Kritik auf dieser von Ihnen und mir hochgeschätzten Seite zum Film „Hans Söllner - Der bayerische Rebell" teilhaben zu lassen. Darf ich davon ausgehen, dass Sie schon mit dem ein oder anderen Werk des Liedermachers vertraut sind? Ich hoffe es, denn seine Lieder über herrenlose Mountainbikes und Cannabisrauchende Väter gehören doch mittlerweile zum deutschen Kulturgut. Doch abseits von humorvollen Liedern und Marihuanabeweihräucherung ist Herr Söllner auch noch für anderes bekannt: Seine provokativen Angriffe auf Exekutive und Legislative, der deutschen und ganz speziell der bayerischen Regierung. So sind etwa seine Angriffe auf den mittlerweile ehemaligen Ministerpräsidenten Beckstein legendär. Wohl aus diesem Grund entstand diese Dokumentation, die den Sänger und Reaktionär ein Jahr lang begleitet.

Gezeigt werden Konzerte, Aktionen (wie etwa die Selbstanzeige bei der Bad Reichenhaller Polizei wegen Drogenbesitzes von einem Gramm Cannabis) und sein privates Umfeld. Es kommen Fans und Wegbegleiter zu Wort. Vor allem jedoch Hans Söllner selbst. Und da haben wir das Problem. Eigentlich erwartet man an Hand der bekannten Lieder und Geschichten des Bayern einen weltgewandten, gebildeten Aussteiger. Einen Philosophen und politischen Aktivisten. Doch Söllner weiß dieses Bild bald zu demontieren. Je mehr er zu Wort kommt und seine Meinung in Worte kleidet, desto mehr wird eines klar: Hans lass die Finger von den Drogen.

Söllner hat sich da ein Weltbild zurecht gekifft, das mit der Realität nichts mehr zu tun hat. Er teilt die Welt in Gut und Böse auf, ein Grau existiert für ihn nicht. Auf der einen Seite Staat und Polizei, auf der anderen der arme Hansi, der natürlich völlig zu Unrecht und übertrieben für seinen Drogenkonsum verfolgt wird, wie im Mittelalter einstmals rothaarige Frauen mit Hang zu Naturreligionen. Mag sein, dass in unserm Land einiges schief läuft und meinetwegen auch der Konsum „weicher" Drogen, gerade in Bayern zuweilen recht hart bestraft wird. Aber nur meckern, ohne den kleinsten Ansatz von Verbesserungsvorschlägen, das hat schon viel von der sog. Stammtischmentalität. Als ob es denn irgendwo anders in der Welt besser wäre. Als Tourist mag es ja ganz nett sein die „Freiheiten" in Jamaica zu genießen, aber wie sieht es aus wenn man erstmal dort lebt, nein besser dort leben muss. Ich denke da sieht die Sache doch etwas anders aus.

Doch bildungstechnisch kann Herr Söllner sicher sogar noch von jamaikanischen Straßenkindern lernen. Denn seine Sicht auf die Welt ist schon mehr als kindlich. „Och hat der kleine bayerische Bergbauernbub ein Stückchen Ausland gesehen und meint jetzt die Welt erklären zu können ... ." Spätestens nach dem dritten Anlauf der Marke, überall auf der Welt sterben Kinder aber mich klagen sie wegen ein bisschen Drogen an, möchte man Söllner am liebsten seine Bong um die Ohren schlagen und hinterm Haus im Marihuanafeld begraben. Gerade wegen der fehlenden Kommentierung des Regisseurs, den wenigen kritischen Interviews wird der Mythos Söllner entzaubert. Zurück bleibt ein vor sich hin querulierender Späthippie, der scheinbar nicht mehr alle Sinne beisammen hat und sich für jemanden hält, der die Fäden hinter den Kulissen des Puppentheaters erkannt, stattdessen aber eben diese verloren hat. Zurück bleibt eine - wegen seines skurrilen Verhaltens - Zirkusattraktion, den keiner ernst nehmen kann und der von den Behörden nicht verfolgt wird wegen seiner vermeintlich reaktionären politischen Aussagen, sondern einfach deshalb weil er gegen bestehendes Gesetz verstößt. Der sich in Wiederholungen seiner Aussagen suhlt, aber zumindest ein liebender Familienmensch ist. Vom Handwerklichen her sicher seine 6 Punkte wert, kann ich diesen Film nur niedriger bewerten, denn er setzt einem Mann ein Denkmal, das ihn in meinen Augen völlig zur Lachnummer demontiert.

In diesem Sinne: 2/10

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