Review

Bereits, bevor er mir als nationalvermackter Kuschelrepublikaner und Möchtegernpädagoge in Sachen Antstandserziehung durch Kampfsport bekannt wurde war Chuck Norris für mich außerhalb der nach ihm benannten Witze im höchsten Maße uninteressant: Nie mit dem Wunsch aufgewacht, "McQuade" oder "Braddock" auf ihren arschtretenden Streifzügen zu begleiten war der heilige St. Chuckolomäus für mich nur der Typ, dem Bruce Lee in "Die Todeskralle schlägt wieder zu" erst das Brusthaar und dann das Leben aus dem Leibe reißt.

"Sidekicks" habe ich dementsprechend erstmals mit Anfang 20 und bar jeden nostalgischen Gefühles gesehen, die Hälfte der Anspielungen darin nicht verstanden und weniger des erwarteten "Karate Kid" - Rip offs bekommen als ich es erhoffte.

Ein Teil von mir hoffte ehrlicherweise auf einen besseren Film als das, was vorliegt. Die Idee, die zwar nicht neu, aber auch grundsätzlich nicht falsch ist, wurde hier an die Wand gefahren und, einmal festgetrocket, von der Wand gekratzt und lieblos in die Filmdosen geklatscht und an die Kinos ausgeliefert. Das hier ist einer dieser Filme, die ich gerne mögen würde, weil die Prämisse Spaß verspricht, bin aber bei jedem versuch mehr als enttäuscht. Denn Überraschung: selbst einem CN - Muffel wie mir erschließt sich durchaus die Beliebtheit des texanischen Trainingsdummies. Auch, wenn ich mich schon frage, ob der Kerl anno 92 noch die selbe Star - Sprengkraft besaß wie in den 80ern.

Wer wissen will, wie Stotter - Bill aus "Es" den Horror seiner Kindheit verarbeitet hat: Er flüchtet sich in feuchtfröhliche Tagträume, in denen die Klassenlehrerrin als Love interest und ein scheißefreundlicher Chuck Norris als Bester Kumpel - Ersatz herhalten muss. Das sowie ein ausgeprägtes Asthma machen den jungen zu einem Liebling auf jeder Schülerparty - wenn man für selbige eine dankbare Mobbingzielscheibe sucht, um die sich außer der einen halbwegs beliebten Schülerin sowieso keiner schert: ignorante Mitschüler, paramilitärisch tickende Sportlehrer, der hier "Barry" getaufte Jonathan Brandis kriegt es hier von jeder erdenklichen Seite drauf. Sogar der Karatelehrer, der das beheben soll, hackt auf den potenziellen Schüler rum, weil er scheinbar eher dem John Kreese - Ansatz in Sachen Sportpädagogik folgt.

Lehrerrin Mrs. Chan - die aus den pubertären Wi... Rettungsphantasien - hat die Lösung für Barrys Problem: die wirre, komplett an den Haaren herbeigezogene Lösung: Deren chinesischer (!) Onkel ist nämlich neben seiner Funktion als Koch und Komiker vom Dienst ein hervorragender Karateka. Und wenn er nicht gerade genervten Salonrassisten das Jackett mit einer brennenden Zigarre verkohlt und einfallende Rocker in seinem Lokal verarscht gibt er verwirrende pseudokonfuzinaische Lebenstipps und ganz soliden Karateunterricht. Und mit dem will er Barry physisch, mental und sozial auf Vordermann bringen. Und tritt dabei mit Anlauf in jeden randvollen Klischeefettnapf, den Regisseur Aaron Norris (Jepp, das hier ist Family Buiz!) finden und vor ihm aufstellen kann. Dass der Kerl von Darsteller "Mako" gespielt wird (der KEIN Chinese, sondern Japaner ist), zahlt voll auf das "Die sehen doch alle gleich aus!" - Klischee ein. Zumal kaum ein Nichtkampfsportler weiß, dass es je nach Stilrichtung mehr oder weniger chinesische Einflüsse gibt. Jedenfalls ersetzt dann endlich Mitschülerin Lauren Mrs. Chan als Traumfrau, Barry stampft seinen Mobber in den Boden und der letzte große Selbstbeweis kommt dann standesgemäß beim örtlichen Karateturnier - und endlich Seite an Seite mit dem Vorbild Chuck Norris - bis dahin tritt der big bad Motherchucker lediglich als eine von tausenden Halluzinationen des leidgeplagten Teenagers auf.

Als Norris- Kritiker bin ich zugegebenermaßen ohnehin das falsche Publikum für diesen Film. Und dennoch wollte ich den Film hier mögen und erhoffte mir eine ähnlich gute Zeit wie bei "Karate Tiger" und co. Gescheitert ist das ganze daran, dass der Film zum einen extrem billig wirkt, andererseits aber auch auf ein wesentlich jüngeres Publikum zugeschnitten ist als die offensichtliche Vorlage. Daher kommt der ganze Scheiß hier auch so dermaßen deliriös rüber, dass man das Gefühl hat, im Tollkirschbeet gepennt zu haben: Chuck Norris als imaginärer Freund, pubertäre Kampffantasien gegen Schurken mit infantil dämlichen Motiven (ein Gangster, der vorsätzlich gefährliches Kinderspielzeug produziert) und eine geradezu verantwortungslose Bagatellisierung von Mobbing sind neben den dummdreisten Bedienen von Asiatenklischees die Hauptsymptome dieses Schlummers in der Dröhnhecke.

Kein Wunder, dass man sich 2 Jahre später quasi dazu genötigt sah, mit einem hochoffiziellen "Karate Kid" - Reboot zu zeigen, wie sowas zumindest halbwegs gut funktionieren kann. Das war zwar auch etwas milder als das Original, aber immerhin noch mit dem Mindestmaß an Ernsthaftigkeit gesegnet, die ein Film dieser Art braucht, damit das angepeilte Publikum - hierzulande: ZuschauerInnen ab 12 - sich auch ernstgenommen fühlt. Demnach eignet sich "Sidekicks" eher für anspruchslose Zuschauer welcher auch immer gearteten Altersstufen, Chuck Norris - Komplettisten oder Leute, die Schmerzerfahrungen jenseits des Trashes suchen. Ich schau lieber noch mal "American Shaolin".






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