Jedes Jahr, kurz vor der Oscarverleihung, kann sich der geneigte Zuschauer über neue verfilmte Biographien mehr oder weniger bekannter Persönlichkeiten freuen.
Dieses Jahr macht Taylor Hackfords („Ein Offizier und Gentleman“, „Im Auftrag des Teufels“) Film „Ray“ den Anfang. Er erzählt die Lebensgeschichte des weltbekannten und erst kürzlich verstorbenen Musikers Ray Charles Robinson.
Dessen Karriere beginnt 1946 in Detroit, wo er trotz Blindheit und seiner Hautfarbe die Massen durch sein exzellentes Klavierspiel und seinen Gesang schnell für sich gewinnen kann. Was dann folgt, ist eine steile Karriere mit all ihren Schattenseiten. Zum Erfolg kommt bald die Heroinsucht dazu, das glückliche Familienleben wird durch eine Geliebte überschattet und als den ganzen Film latent vorhandenes Trauma macht Ray auch noch der frühe Tod seines kleinen Bruders zu schaffen, für den er sich schuldig fühlt.
So begleiten wir Ray also bis in die 70er Jahre hinein, erleben seine Musik, sein Leben und beginnen zu verstehen, warum er so war, wie er war.
Langweilig wird das an keinem Punkt und das obwohl der Film im Ganzen ziemlich unspektakulär, ohne wirkliche Höhepunkte ist. Das hat wohl auch der Regisseur gemerkt und am Ende als „Ersatz-Klimax“ noch eine Drogen-Entzugskur von Ray eingebaut, was aber gar nicht nötig gewesen wäre.
Denn alles was diese Art von Film braucht, hat „Ray“: Da wäre erst mal Jamie Foxx („Collateral“) als Ray Charles, der vielleicht kein zweiter Russel Crowe („A beautiful Mind“) ist, aber seine Rolle mehr als überzeugend, besonders in Bezug auf die Mimik und Gestik des „Originals“, rüberbringt. Hervorzuheben ist auch die kritische Distanz, die der Film und Jamie Foxx die ganze Zeit über zu Ray Charles wahren, so dass dieser hier auch schlechte Seiten hat, was man von den Hauptakteuren der meisten anderen Hollywood-Biographien ja leider nicht behaupten kann. Besonders interessant wird das auch durch die Tatsache, dass der gesamte 40 Millionen Dollar teure Film von einem einzigen Fan finanziert wurde, der beim Drehbuch und der Inszenierung auch Mitspracherechte hatte.
Des weiteren bietet der Film genau das, was man von einem Film über einen Blues-Gospel Sänger erwartet: Musik! Und das nicht zu knapp. Selbst wenn man kein Anhänger dieser Musikrichtungen ist, wird man an den vielen Auftritten Rays seine Freude haben. Es überrascht regelrecht, bei wie vielen bekannten Lieder er seine Finger im Spiel hatte.
Die Inszenierung an sich ist sehr gelungen, wenn auch einige Szenen ihre Hollywood-Herkunft nicht verleugnen können. Zum Glück beschränkt sich der Kitsch auf eine einzige Stelle, in der Ray sich im Traum wieder mit seinem Bruder versöhnt. Das hätte man auch etwas subtiler darstellen können, aber das ist eben Hollywood.
Ansonsten ist die Inszenierung wie am Anfang schon genannt bis auf ein paar tricktechnische Spielereien auffällig unspektakulär gehalten, so dass sich der Film voll und ganz auf seinen Hauptdarsteller konzentrieren kann.
Am Ende geht man dann mit dem Wissen aus dem Kino, dass das Gezeigte vielleicht nicht ganz der Wahrheit entspricht, aber man doch verdammt gut unterhalten wurde!