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Atmosphärischer Insektenhorror, das steht sozusagen auf dem Etikett, doch ein weiteres Mal nach "Cronos" kann der vielgerühmte mexikanische Regisseur Guillermo del Toro die Erwartungen der Vorabpresse nicht einlösen. Zwar legt er eine wirklich gelungene erste halbe Stunde rum, doch was dann folgt, ist ein dreist bei "Aliens" geklautes Kammerspiel mit reichlich Hetzjagd durch dunkle U-Bahn-Tunnel und ein Film, der schlichtweg nicht "abgeht".

Dabei fängt alles ganz ordentlich an mit einer kindermordenden Kakerlakenkrankheit, zu deren Bekämpfung die "Judas-Züchtung", eine Kreuzung von Schabe mit Termiten und Gottesanbeterinnen, eingesetzt wird. Die hat Erfolg, stirbt aber "Jurassic-Park"-like nicht wie erwartet, sondern pflanzt sich fort, so daß sie aus nicht näher benannten Gründen binnen drei Jahren und kaum darin unterzubringenden Zehntausenden Generationen menschengroß geworden ist. Da wird ordentlich mit Insektenekel gespielt, wenn ein Monsterbaby auftaucht und eine geheimnisvolle düstere Figur Leute bedroht, doch wenn sich Mira Sorvino und Jeremy Northam als Pärchen zur Aufklärung aufmachen, vergeht die großstadtweite Bedrohung in einer endlosen Hatz im dunklen Tunnel.
Del Toro konzentriert sich theaterlike auf eine Handvoll Personen wie unser Pärchen, einen Kollegen, einen gewichtigen U-Bahn-Polizisten und, ganz im Sinne von "Cronos" wieder auf einen alten Mann spanischer Herkunft und ein seltsames Kind. Letztere beide geben der Geschichte zwar gar nichts, haben aber reichlich Leinwandzeit. Geradezu plakativ schlecht dabei der Junge, der stets als begabt ausgegeben wird, weil er sämtliche Leute am Gang erkennt und die entsprechenden Schuhe zuordnen kann, aber sonst eher autistisch-debil wirkt und keinen einzigen sinnvollen Satz von sich gibt. Da ahnen wir nach der überflüssigen Erwähnung, daß Sorvino einfach nicht schwanger wird, schon, daß dieses Blag den Film überleben wird. Immerhin ist delToro aber so radikal, daß er zwei halbwegs unsympathische Insektensammler-Teenager von der Riesenschabe zerschnetzeln läßt.

Wobei wir auch bei den Pluspunkten wären. Die Insekten sind schön animiert, gleichwohl monströs, eklig als auch realistisch und an Brutalitäten gibt es einiges, wenn auch nicht immer detailliert, so doch recht blutig. Aber sonst herrscht Genrekonvention vor, wenn Leute durch die Finsternis hetzen, immer verfolgt von Rieseninsekten sich durch enge Öffnungen zwängen müssen und es nicht immer schaffen. Zum Schluß hin wird's sogar western-like, wenn man sich in einem alten U-Bahn-Wagen verschanzt, wie weilend die Siedler in der Wagenburg gegen die Indianer. Sämtliche Bemühungen enden im Nichts und so opfert das Drehbuch einen nach dem anderen, ehe Jeremy Northam in einem Ripleyesken Höhepunkt, der ein dreister Aliens-Klau ist, die ganze Kolonie vernichtet und das auch noch überlebt.

Was fehlt, ist die Explosion des Grauens. Die Monster bleiben immer schön unter dem Gully-Deckel und wir fragen uns, was das für einen Film gegeben hätte, wären sie auf New York losgegangen. So ist auch die beste und atmosphärischste Sequenz die, in der Sorvino in einer leeren Station von einem der Mimikry-Insekten angegriffen wird. Das ist nicht nur perfekt gemacht, sondern auch echt aufregend.
Der Rest ist jedoch Standardspannung mit etwas Glibberekel und der Gewißheit, daß wir dazu keinen del Toro gebraucht hätten. Ohne die ständige Vergleicherei ist es sogar ein passabler spannender Monsterhorror, der einen nicht ganz so oft aufächzen läßt. Warum man für zwei Mini-Auftritte aber F.Murray Abraham verpflichten mußte, leuchtet mir einfach nicht ein. (6/10)

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