Review

Haut für Haut

Original: Le Gout de la violence

Frankreich, Deutschland, Italien 1961

Regie: Robert Hossein

Reden ist Silber, Schweigen ist (nicht immer) Gold

Der idealistische Revolutionär Perez (Robert Hossein) überfällt mit seinen Leuten einen Regierungszug, um die Tochter des Präsidenten, Maria (Giovanna Ralli) als Geisel zunehmen. Um diese als Pfand gegen gefangene Revolutionäre einzutauschen, macht er sich mit Chamaco (Mario Adorf) und Chico (Hans Neubert) auf den Weg zu „seinem“ General namens Guzman, um Maria dort abzuliefern. Dieser Weg wird für jeden Einzelnen auch zu einem Kampf gegen sich selbst, sei es seinen Idealismus zu überdenken, sei es, egoistisch zu sein und seine Kameraden zu prellen. Von wem geht die größere Gefahr aus, von den überall auftauchenden Regierungstruppen, die auf der Suche nach Maria sind, von den einfachen Tagelöhnern, denen der Sinn nach der ausgesetzten Belohnung ist oder von den eigenen Gefährten, die plötzlich gar nicht mehr so idealistische Revolutionäre sind und ihren Eigennutz voranstellen?

Robert Hossein versucht bei diesem Revolutionswestern, er war seiner Zeit ein paar Jahre voraus, Bilder sprechen zu lassen, spart aber sonst an allem, die Dialoge sind spärlich, fast könnte man meinen, es handelt sich um einen Stummfilm. Action ist so gut wie keine vorhanden, die Handlung setzt immer dann ein, wenn die Aktion abgeschlossen ist. Bei dem Zugüberfall sehen wir herrliche Kamerafahrten des fahrenden Zuges in der wunderschönen Bergwelt Montenegros, nachdem der Zug einen Tunnel passiert hat, tauchen aus dem Rauch plötzlich Bilder von überall herumliegenden Leichen auf, ein paar überlebende Soldaten werden standrechtlich erschossen, Maria wird zu Perez gebracht, sie machen sich dann auf ihren Weg. Genauso verläuft es bei dem Überfall und Vernichtung der Truppen der Revolution unter General Guzman, nur das Ergebnis ist zu sehen, keine Bilder der Kampfhandlungen. Diese fehlenden Actionszenen lassen den Film beinahe ablaufen, wie ein kleines ruhiges Bächlein, es passiert nicht viel auf dem Weg der 4 zu einer Schicksalsgemeinschaft zusammen gepressten. Es gibt eine fast schon surrealistisch anmutende Szene, als Perez und Maria in einem Ort die Straße der Stadt entlanggehen, auf tadellos polierten Kopfsteinpflastern, aber die Straße ist links und rechts gesäumt von männlichen Dorfbewohnern, die erhängt wurden, während die Frauen in der Kirche beten. Ein unvergessliches Bild in einem Film, der nicht besonders beeindruckt, aber doch zum Nachdenken anregt. Allerdings bleibt offen, was er uns damit erzählen will. Gewalt lohnt sich nicht oder es gewinnen immer nur die Falschen? Eine weitere symbolträchtige Szene ist die Schlussszene in einem prächtigen Flusstal, hervorragend eingefangen vom Kameramann Jacques Robin, kehrt Maria um, wartet Perez doch noch auf sie, gibt es einen glücklichen Ausgang?

Auch mit Musik wird „gespart“, aber wenn sie erklingt, wird der Soundtrack zu einem ziemlich packenden Erlebnis (komponiert von seinem Vater André Hossein). Der Film hat auch in Titellied, "Poderoso senor" gesungen von Severiano Alvarez.

Medium: Die DVD von Pidax besticht durch ein einwandfreies Bild und basiert auf dem 2016 restaurierten Transfer von CNC (Centre National du Cinema), der Ton, sowohl der deutsche als auch der französische, klingen etwas dumpf und sind teilweise schwer verständlich, ab Minute 26-30 läuft der Ton asynchron mit ca. 2 Minuten Verzögerung. Der Ton hätte optimiert werden müssen. Auf jeden Fall hat Pidax sich mal wieder um eine Erstveröffentlichung eines Italowestern verdient gemacht!

Stimmen zum Film:

„Optisch ein Revolutionsepos von großem Reiz, aber in der geistigen Fundierung seines Appells zur Humanität enttäuschend flach.“

–Lexikon des internationalen Films

Dieser frühe Italowestern zählt zu den Filmen, die man gemeinhin mit dem „Prädikat besonders wertvoll“ ausgezeichnet hätte, also für den richtigen Italowestern Fan eher eine Abwertung.

Zusammenfassung: Opulente Bilder aber so gut wie keine Action, teilweise langatmig, 5/10.






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