Begeistert war der bis dato recht unbekannte Autor und angehende Produzent Lou Morheim, als er Akira Kurosawas wegweisendes Meisterwerk Die sieben Samurai (1954) sah. Ebenso, wie kurz darauf Schauspieler Yul Brynner, erkannte Morheim in der über zweihundertminütigen Geschichte einer siebenköpfigen Gruppe von Kriegern, die ein Bauerndorf vor Banditen beschützen, das Potenzial für einen klassischen amerikanischen Western (was angesichts Kurosawas Inspiration durch einen der wichtigsten Regisseure dieses Genres, John Ford, gar nicht unbedingt verwundert). Für läppische zweihundertfünfzig Dollar erstand Morheim die Rechte für ein Remake, die Brynner ihm später abkaufte. Der markante Glatzkopf und passionierte Fotograf selbst war zunächst als Regisseur für das Projekt angedacht, Anthony Quinn sollte die Hauptrolle übernehmen. Nach einigen, teils vor Gericht ausgetragenen Querelen um den Posten des Produzenten und Änderungen am Drehbuchs übernahm schließlich John Sturges den Posten hinter der Kamera, Brynner rückte in die Hauptrolle, neben ihm die aufstrebendsten Akteure jener Zeit. Als erster und einer der wenigen von zahllosen Nachahmern erwiesen sich die Stars und der Film an sich dem großen Vorbild als absolut würdig und Die glorreichen Sieben wurden selbst zum Klassiker.
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Ein mexikanisches Dorf lebt in Angst: regelmäßig sucht der Bandit Calvera samt seiner Gang die friedfertigen Bauern heim und erleichtert sie um ihre Ernte. Die Dorfbewohner beschließen, sich mit Gewehren einzudecken, um bei der sicheren Rückkehr der Peiniger gewappnet zu sein. In einer Grenzstadt zu den USA lernen sie den Revolverhelden Chris kennen, der ihnen klar macht, dass Gewehre allein ihre Unerfahrenheit im Kampf nicht ausgleichen und empfiehlt stattdessen, ein paar Männer anzuheuern, um das Dorf zu beschützen. Chris selbst übernimmt deren Führung und schon bald sind die Mexikaner in Begleitung von sieben unerschrockenen Reitern auf dem Heimweg. Doch Chris und seinen Männern steht ein härterer Kampf bevor, als sie zunächst angenommen haben und nicht alle Dorfbewohner stehen uneingeschränkt auf ihrer Seite...
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Schwungvoll startet Die glorreichen Sieben, wofür nach dem Brüllen des MGM-Löwen vom Vorspann an der mitreißende Score von Elmer Bernstein mit seinem unvergesslichen Main Theme als Höhepunkt sorgt. Nicht minder nachhaltig und antreibend die Musik, zu der Calvera und seine Bande ins Dorf reiten. Die Beute wird aufgeladen, während Calvera die vielerorts herrschende Gottlosigkeit anprangert und den Dorfbewohnern seine Raubzüge als nötige Maßnahme zur Versorgung seiner Männer erklärt, die ihm fortwährend Sorge bereitet. Wunderbar schurkig, wie Broadway-Mime Eli Wallach dabei die Augen aufreißt und die eigene Ungerechtigkeit als Ergebnis schlechter Zeiten rechtfertigt, in denen es für niemanden mehr Gold, Vieh und Nahrung in rauen Mengen gibt. Doch als zwei seiner wertvollen Kugeln einen aufbegehrenden Bauern niederstrecken will sich das Dorf nicht mehr damit begnügen, das Calvera ihnen wenigstens genug zum Überleben lässt. Mancher will verhandeln, anderer die Ernte verstecken, wieder einer will gar nichts unternehmen, doch der Rat des Dorfältesten lautet: »Kämpfen!«.
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Die ökonomische Erzählweise von Die glorreichen Sieben setzt sich nach der Einführung des Bösewichts und des Zwiespaltes der Bauern im ersten Auftritt der Helden fort. Die drei Mexikaner, die sich auf den Weg zum Waffenkauf machen, erleben in der Grenzstadt die Abenteurer Chris und Vin, die sich tollkühn bereit erklären, die Kutsche eines Totengräbers quer durch die Stadt zu einem Friedhof zu fahren, damit dort gegen den bewaffneten Widerstand einiger Städter ein Indianer seine letzte Ruhe finden kann. Zwei hartgesottene, aber gerechte und unbestechliche Hunde, denen anschließend nicht nur die Bewunderung des jungen Hitzkopfes Chiko sicher ist. Auch die Bauern finden in Chris den richtigen Mann, der sich, obwohl weder Reichtum noch Ruhm locken, zur Verteidigung ihres Dorfes bereit erklärt und dazu fünf waghalsige Kerle rekrutiert. Diese bekommen in abwechslungsreichen Szenen ihren Auftritt, vom Holz hackenden Hünen Bernardo bis zum Messer werfenden Britt, der mit seiner Klinge schneller ist, als andere mit einer Pistolenkugel. Jeder der (mehr und weniger) glorreichen Jungs bekommt seinen Moment, was den Film in seinem Kurzweil, gemeinsam mit der bereits erwähnten, aber immer wieder packenden Musik und tollen Landschaftsaufnahmen zum Vergnügen bereitenden „lehn-dich-zurück-und-genies-mich"-Erlebnis aller erster Güte macht und nicht einmal der beste Fährtenleser könnte hier Spuren von Langeweile entdecken. Dazu gesellt sich staubtrockener Humor in knappen, aber großartigen Dialogen (Chiko: »That was the greatest shot I've ever seen.« Britt: »The worst. I was aiming at the horse.«).
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Rein auf amüsante und bleihaltige Unterhaltung setzt Die glorreichen Sieben jedoch bei weitem nicht. Das Bauerndorf begrüßt die Revolverhelden keineswegs mit offenen Armen, versteckt seine Frauen vor den Fremden, da diese sie möglicherweise vergewaltigt hätten, worauf Chris mit einem knappen »Well, we might.« antwortet. Doch das Verhältnis zwischen den Sieben und den Bauern taut auf, die heimatlosen Abenteurer finden in der Gemeinschaft eine Art zu Hause. Besonders, nachdem Calvera in eine Falle gelockt und abgewehrt werden kann, dabei einen Haufen Männer verliert und das Dorf sich als Sieger wähnt, nichts ahnend, dass der Bandit nach diesem Rückschlag längst noch nicht zur Aufgabe bereit ist, legt der Film dabei an Gewicht in der Figurenzeichnung zu. Er lässt die Helden mit Wehmut oder zumindest einem tiefen Bedauern auf ihre Art des Lebens blicken, in der es für sie keinen Halt, keine Freundschaft, keine Familie gibt. Zudem steht die Selbstlosigkeit der Männer im Kampf um das Dorf als solche immer deutlicher in Frage, als sie erkennen müssen, dass sie die Auseinandersetzung gegen Calvera nicht im Vorübergehen für sich entscheiden können. Mit den unterschiedlichen und gerade für das klassische Western-Genre ungewöhnlich tiefen Brüchen, die die Charaktere bekommen, steigert sich der Film zu einem hochwertigen und universellen Stück über die Moral eines von Gewalt und Gewehren beherrschten Lebens, das nie mit erhobenem Zeigefinger durch die Prärie reitet, sondern Spannung und Tragik aufbaut und die kippende Stimmung von Die glorreichen Sieben sich daraus sehr homogen ableitet. Die Sprüche der Helden werden zunehmend verhärmt, bis sie schließlich den Verrat der Dorfbewohner hinnehmen müssen und ihr letztes Gefecht nicht zu einem glorreichen, sondern zutiefst bitteren mit entsprechender, von Chris ausgesprochener Schlusspointe wird: »Only the farmers won. We lost. We always lose.«.
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Die glorreichen Sieben gilt völlig zu recht als einer der herausragenden amerikanischen Western, der die zugrunde liegende Vorlage in Perfektion in sein Genre transportiert, dabei aber auch mehr als einmal die Fesseln eben jenes sprengt und darüber hinaus wächst. Die Garde der Stars um Brynner, Steve McQueen, Charles Bronsan, James Coburn, Brad Dexter, Robert Vaughn und Horst Buchholz spielt exzellent auf und die Zickigkeiten während des Drehs, bei dem jeder versuchte, allen voran McQueen, den gestandenen Brynner auszuspielen, machen sich alles andere als negativ bemerkbar. Jede Rolle steht jedem Darsteller hervorragend zu Gesicht und ausgerechnet Brynner und McQueen harmonieren bestens miteinander. An knallenden Schusswechseln fehlt es dem Film ebensowenig, wie an markigem Humor, schönen Sets und Kulissen und einer unaufdringlichen kleinen Liebesgeschichte. Das ausgefeilte Drehbuch und Sturges‘ effiziente Regie bringen Geschichte und Charaktere in vollem Umfang ihrer individuellen Bedeutung zum tragen und werden von Elmer Bernsteins triumphaler Musik so gut unterstützt, dass diese sich eine Oscar-Auszeichnung als Best Supporting Actress verdient gehabt hätte. Der Erfolg des Films, der bemerkenswerterweise in Europa begann, führte zu drei Fortsetzungen (Die Rückkehr der glorreichen Sieben, 1966; Die Rache der glorreichen Sieben, 1969; Der Todesritt der glorreichen Sieben, 1972) und einer gleichnamigen Fernsehserie (1998), die allesamt nicht an die Qualität des Erstlings anknüpfen konnten. Das wäre bei der Ausnahmeklasse, mit der man es bei Die glorreichen Sieben zu tun hat, aber kaum anders möglich gewesen, denn einen solchen Geniestreich spielt man für gewöhnlich nur einmal (wenn auch, um Kurosawa nicht zu vergessen, nicht als erster).