Review
von Leimbacher-Mario
Staubige Soap-Opera im großen Stil
Von Kurasawa bis Welles - Shakespeare hat schon immer Stoff geliefert, der selbst von den Größten ihres Fachs gerne interpretiert & verarbeitet wird. "Jubal" (bei uns "Der Mann ohne Furcht") ist ein eher unbekannter Western aus den 50ern & beruht lose auf "Othello". Dieser dramatische Western über Jubal Troop, der angeschlagen auf einer großen Farm landet, dort von der Frau des Besitzers heiß umworben wird & so in Konflikte mit der dortigen Stammbesatzung kommt, macht seine Sache gut. Sowohl als "Othello" wie als eigenständiger Western. Man muss das Original also nicht kennen & tut vielleicht sogar gut dran. Man kann ihn eigentlich nur mögen, spricht er doch recht primitiv, viele unsere Urängste & Gefühle an.
Die Story fesselt durch bekannte Charakterklischees & zum Punkt kommenden, nicht sehr anspruchsvollen Dialoge schnell, erinnert sogar manchmal etwas an Soaps oder klassische (Theater-)Dramen. Ob das gut oder schlecht ist, muss jeder selbst entscheiden. Eingängig, leicht verständlich & ohne komplett den psychologisch interessanten Unterbau aufzugeben, ist das Ergebnis auf jeden Fall. Und Fans von tollen Landschaften & episch bebilderten Western ala "Weites Land", kommen allein schon durch die atemberaubenden Bilder Wyomings auf ihre Kosten. Für die Augen wie die Ohren (ein eindringlicher Score wird ebenfalls mitgeliefert) ist genug geboten, die Story ist klassisch & immer wieder einen Blick wert. Alle Wege führen halt zu Shakespeare, oder so ähnlich...
Weitere Argumente zur Wiederentdeckung dieses fast verloren gegangenen Westerns, sind seine Darsteller. Egal wie macho & oldschool die Männer agieren, egal wie simpel, verführerisch & plump die Frauen gezeichnet sind - was das erlesene Ensemble aus ihnen macht, hebt ihre Charakter weit aus dem Morast der Klischees & Vorurteile der 50er. Glenn Ford gibt glaubhaft den anständigen Helden, Borgnine den ahnungslosen Ranchbesitzer, Rod Steiger gewievt den hinterhältigen Verräter & Charles Bronson ist einfach Charles Bronson. Dazu ein paar der hübschesten, edelsten weiblichen Europa-Importe wie Valerie French & fertig ist eine Riege, der man keine Sekunde ungern zuguckt. Die Kombo aus soapy & philosophisch passt hier einfach & es ist ein exzellenter Einsteiger-Western.
Fazit: unterschätzte Othello-Interpretation, die als Western mit grandiosen Darstellern & prachtvollen Landschaften glänzt. Mit einer gehörigen Portion Kitsch, Machokultur & Berechenbarkeit sollte man aber klar kommen - dann sicher nicht nur für Shakespeare-Fans.