Review

Im Schatten Chaplins

Max Linder galt immer als europäisches Pendant von Charlie Chaplin. Dabei entwarf der seinerzeit überaus populäre Franzose seine Kunstfigur "Max" als klares Gegenstück zu Chaplins Tramp - sein "Max" kam distinguiert mit Zylinder, Frack und exakt gestyltem Oberlippenbart daher. In Vive la vie de garçon von 1908 spielt Linder einen Strohwitwer, der bereits am bloßen Alltag (Kochen, Zubettgehen und das Auffi8nden einer verlegten Krawatte) verzweifelt. Daraus ergeben sich einige, insgesamt wohl nach heutigen Kriterien lediglich als nett zu bezeichnende, Slapsstickszenen, welche gerade im Vergleich zu anderen Größen der frühen Filmkomik (Chaplin, Keaton etc.) deutlich qualitativ zurückfallen. Wo andere Stummfilmkomiker mit Timing, Wahnwitz und vielleicht einer eigenen Ästhetik der Situation punkten, ist Linder ein Mann des simplen Witzes (zumindest in dem hier besprochenen Vive la vie de garçon). Hier stiehlt ein Lausbub Mäxchen seine Lebensmittel, welche dieser später aus reiner (eher mitleidig dargestellter) Tollpatschigkeit nicht zubereiten kann und seine Küche nicht (wie Chaplin, Keaton oder Laurel & Hardy es tun würden) verwüstet sondern allenfalls "verunreinigt". Der Kurzfilm findet sein Höhepunkt mit einem in einem zusammenbrechenden Kleiderschrank sitzenden Linder, der von seiner Frau und Schwiegermutter überrascht und wohl somit vor dem weiteren Strohwitwerdasein gerettet wird.

FAZIT: 6,5 von 10 (für große Liebhaber der Stummfilmkomik vielleicht bis zu 7/10)

Details