„Seit wann sagt der Schauspieler dem Regisseur, was gemacht wird?!“
Die leider letzten beiden „Tatort“-Einsätze des Münchner Kriminalhauptkommissars Ludwig Lenz (Helmut Fischer) inszenierte Reinhard Schwabenitzky („Didi, der Doppelgänger“), der weder davor noch im Anschluss als Regisseur für die öffentlich-rechtliche Krimireihe in Erscheinung getreten war. Auch die Autoren der letzten beiden Fälle sind identisch: Ulf Miehe und Klaus Richter. Schwabenitzky drehte „Die Macht des Schicksals“ im Frühjahr 1986, die Erstausstrahlung datiert auf den 25. Januar 1987.
„Das hat nichts mit Ausziehen zu tun, das ist Kunst!“
Ein erfolgloser Kleindarsteller gibt sich in München als Kommissar Heinz Eckhoff (Gunnar Möller, „Ich denke oft an Piroschka“) aus, um wohlhabende Bürgerinnen und Bürger auszunehmen: Er fingiert Erpressungen, lässt sich von den Opfern das Lösegeld aushändigen und verspricht, es nach der unmittelbar bevorstehenden Festnahme der (gar nicht existierenden) Täter zurückzugeben – was er natürlich nicht tut. In Franz Kleppinger (Winfried Hübner, „Ein Bayer auf Rügen“) und August Knopf (Frank Schuster, „Die Undankbare“) hat er zwei Komplizen, die sich als Polizisten ausgeben. Doch nachdem er Herrn Lange (Ulrich Beiger, „Gesprengte Ketten“) 150.000 DM abgenommen hat, lässt er versehentlich seinen falschen Dienstausweis bei ihm liegen. Als er zurückkehrt, um ihn abzuholen, trifft er auf den Einbrecher Heinz Stolle (Sebastian Koch, „Todesspiel“), der Herrn Lange bereits erschossen hat, als er sich an dessen Safe zu schaffen machte. Stolle hält Eckhoff und Co. für echte Polizisten und erschießt auf seiner Flucht auch Kleppinger, dessen Leiche Eckhoff verschwinden lässt. Dieses undurchsichtige Geflecht gilt es nun für den echten Kommissar Lenz zu entwirren, während Stolle hinter dem Geld her ist, das er im Safe vermutet hatte – aber längst Eckhoff ausgehändigt worden war. Dieser versteckt sich beim Gastwirt Hawratil (Karl Merkatz, „Ein echter Wiener geht nicht unter“). Lenz‘ Spur führt unter anderem zu Filmproduzent Rudi Fink (Hans Clarin, „Pepe, der Paukerschreck“), dessen Ehefrau, die Schauspielerin Liane (Elfi Eschke, „Büro, Büro“), ihn mit dem Kameramann betrügt: Heinz Stolle…
„Der ist doch größenwahnsinnig, vergleicht sich mit Fellini!“
Kommissar Lenz bekommt hier einen neuen Kriminalobermeister zur Seite gestellt, der Josef Brettschneider ersetzt: Franzjosef Schneider (Georg Einerdinger, „Liebesgrüße aus der Lederhose“). Mit diesem fremdelt er arg, was Grundlage für einige humoristische Szenen ist. Generell hat dieser Fall einiges von einem Kabarettstück, von der schrulligen Darstellung von Figuren wie jenem Senioren, der behauptet, seine Frau umgebracht zu haben (wodurch die Polizei erst auf Kleppingers Leichnam stößt) bis zur Parodie auf den Spielfilmbetrieb, den hier das ungleiche Trio Rudi Funk, Liane Fink und Heinz Stolle repräsentiert, das zugleich eine ungesunde Dreiecksbeziehung unterhält. Elfi Eschke wird mit einem gewissen Sex-Appeal in Szene gesetzt und als furchtbar widerborstige, ihren Mann wann immer es geht düpierende Person gezeichnet, während Fink das schnelle Geld mit Sexszenen zu machen versucht. Die Dialoge stecken voller Seitenhiebe aufs Filmgeschäft und die Szenen von Finks Drehversuchen sind köstlich. (In dessen Studio finden sich übrigens einige reale Filmplakate, u.a. von Wes Cravens „Todestal der Wölfe“.)
„Ich versteh‘ nur Friedhof.“
Die Handlung mutet trotz Verzichts auf Whodunit? oder Motiv-Rätselraten etwas fordernd und komplex an; um nicht gleich zu Beginn den Faden zu verlieren, ist etwas Konzentration gefragt. Die Tendenz zur Überkonstruktion wird aber durch die humorigen und persiflierenden Ansätze wettgemacht, das Schauspiel-Ensemble verkauft sich alles andere als unter Wert und Helmut Fischer bekommt es in seiner Rolle als Lenz gewissermaßen einmal mehr mit der Schickeria zu tun – zumindest dürften sich die Finks ihr zugehörig fühlen. Dass gegen Ende ein weiterer Mord sozusagen als Film im Film inszeniert wird, ist die Kirsche auf der Sahnehaube dieser vergnüglichen „Tatort“-Episode, der lediglich ein wenig mehr klassische Krimi-Spannung gutgetan hätte.