Japaner sind schon ein recht seltsamer Menschenschlag. Das wissen wir spätestens seit der Erfindung des Karaoke, der Sendung Takeshi's Castle und Automaten für getragene Slips. - Das hätte auch Comic-Urgestein Stan Lee in den Siebzigern bedenken sollen, als er den Fernöstlern die nipponweiten Filmrechte für seine Schöpfung Spiderman anvertraute. Nun, der Gute wird sich wohl selbst eingeredet haben, dass die Japaner es schon nicht zur Gänze versauen können würden und falls doch, würde es, weitab von der westlichen Welt, ohnehin keiner in der nichtschlitzäugigen Fanbase unserer Breitengrade mitbekommen. Tja, dumm gelaufen, Stan. Denn dreißig Jahre sind in's Land gegangen und die Zeit holt Mr. Lee und Marvel mit dieser "Jugendsünde" nun doch noch final wieder ein. Denn was die Asiaten hier aus der bekannten Marvel-Kultfigur machten, hat nicht mehr viel mit dem uns bekannten Netzschwinger gemein.
Kommen wir zunächst zur Story: Der junge Motocross-Champ Takuya ist gerade dabei, zum x-ten Male mit seinem Bike die Piste zu pflügen, als urplötzlich ein außerirdisches Raumschiff in seiner Sichtweite darniedergeht. Klare Sache, dass sich der junge Heißsporn das näher besehen will. Doch die Extraterresten unter dem Kommando des Dr. Doom-Verschnittes "Prof. Monster" hüten ihre Privatsphäre wie den eigenen Augapfel und hetzen dem neugierigen Gaffer sogleich eine Schar graugewandeter Trooper auf den Hals. In die Enge getrieben stürzt der Rennfahrer schließlich in eine Höhle hinab, in der ihn ein merkwürdiger alter Kauz (der naturalmente gerade zufällig und zeitlich passgenau am Abkratzen ist...), die ihm anvertrauten Kräfte weitervererbt: Die fantastischen Fähigkeiten der Spinne. ...
Der Rest ist problemfrei erahnbar: Fortan darf sich der gelbhäutige Jüngling mit seinen Superkräften der heeren Aufgabe widmen, die japanischen Inseln bösewichtfrei zu halten. Und der Start wird ihm dabei denkbar einfach gemacht. Hat er doch vom abnippelnden Greis nicht nur die Spinnenfähigkeiten vermacht bekommen. Nein, auch sein Superheldenkostüm senkt sich, nach Knopfdruck am globigen Armband, automatisch auf ihn hernieder und umschließt ihn. (Selbstzuziehender Reißverschluß inklusive). Desweiteren hat er mit einem Male einen grotesk anmutenden, knallebunten "Dienstwagen" zur Hand, von dem wohl nur Gott und der Regisseur wissen woher er gekommen sein mag. Doch damit nicht genug. Der Fuhrpark des japanischen Spidermans beinhaltet selbstredend auch einen gigantischen Mecha (der muß mir wohl in der Comicreihe dereinst irgendwie gänzlich entgangen sein...), der genau wie das Automobil bei Bedarf aus dem Nichts heraus am jeweiligen Schauplatz des Geschehens zu materialisieren scheint. Sicher kann sich der Zuschauer hierbei allerdings nicht sein. Denn die seltsamen Vehikel sind schlicht mit einem Male im Bild, wenn Not am Mann ist. Keine wie auch immer geartete Erklärung wird gegeben wo der frischgebackene Spinnenmann diese Gefährte denn so bunkert, wenn er sie gerade nicht benötigt oder wer Wartung und Unterhalt dieser Kampfboliden übernimmt. Aber wie dem auch sei: Der Fernost-Spiderman sieht's locker und macht sich nicht weiter 'n Kopf über solche kontinuitätsbezüglichen Kleinigkeiten. Es gibt ja schließlich auch anderweitig genug zu tun, denn die Welt wimmelt nur so von merkwürdig gewandeten Villains und riesenhaften Biomechanikmonstren, deren finsteren Machenschaften mit dem neugewonnenen Equipment adäquat Einhalt geboten werden will. Wie wohltuend und hilfreich ist es da doch, dass sich der verblichene alte Mentor ab und an in Form einer zappelnden Spinne von der Deckenlampe herunterläßt um dem neuen Retter der Entrechteten bedeutungsschwanger ein paar gute Ratschläge mit auf den Weg zu geben. Und während der untote Spinnen-Meister sich vermutlich in der Zwischenzeit ein paar Moskitos reinschnabuliert, ist Takuya/Spiderman auch schon wieder auf seinem Kreuzzug gegen das Böse.
Der nächste zu behandelnde Punkt ist die Technik. - Die Siebziger waren nun allgemein nicht unbedingt DIE Zeit der genialen Comicverfilmungen. Selbst die westlichen Spidermanverfilmungen stanken mit ihren billig aus der Mottenkiste zusammendillettierten Effekten zum Himmel und wer je die grausige Batman-Serie der Sechzigerjahre erblicket hat, der kann sich ungefähr vorstellen was die Macher hier unter Tricktechnik verstanden. Das Meiste erledigt man so kostenfreundlich wie unauthentisch. Hat Spiderman eine Hausmauer zu erklimmen, bemüht man einen Stuntman samt Abseiltakelage. Soll er im Bild an der Decke entlang krabeln, baut man die Decke einfach mit Patex und Pappmachee am Fußboden notdürftig nach. Der einzige Vorteil, den die Japaner gegenüber amerikanischen Machern dieser Ära hatten war der, dass sie mühelos eine in Kampfsport und Artistik versierte Cast aus dem Boden stampfen konnten. - Tja, und dann wäre da noch der für mein westliches Verstehen wohl unsinnigste Part: Die Bots und Monster. Was zum Geier hat Spiderman bitte mit Mechas am Hut? und wo hat er den seinen überhaupt her? Fragen über Fragen... Fest steht nur, dass man sich zur Darstellung dieser Gigantokonfrontationen auf althergebrachte Godzillapraktiken besann. Die feindlichen Ungetüme sind demnach billige Statisten in schweißtreibenden Gummianzügen, die weder über eine Mimik verfügen noch dem Akteur großartig Bewegungsfreihet lassen. Selbst die Power Rangers währen bei Szenen der hier verwandten Machart vor Scham errötet. Aber auch der Bot des Protagonisten kommt nicht viel besser weg. Dieser wird zumeist durch Modelanimationen auf Hobbykellerniveau dargestellt und wirft ab und an mit einem gleißenden Schwert um sich. Der Bezug ist "klar erkennbar": Spinnenmann, Superkräfte, Held -> gigantischer schwertwerfender Cybot. - Aber O.k., nehmen wir das mal so als gegeben hin...
F a z i t:
Die Japaner sind schon ein recht eigenes Völkchen. Einen westlichen Regisseur hätte man für die Vorlage von Drehbüchern dieser "Klasse" längst in die Anstalt eingewiesen (und das will, ob des Levels zahlreicher Hollywoodprodukte, wirklich was heißen). Die Asiaten nahmen den ihnen anvertrauten, populären Superhelden-Charakter und bastelten scheinbar willkürlich um ihn herum eine dürftige Storyline, die sich nicht im Mindesten um die Originalvorlage schert sondern eher den Eindruck erweckt, die Verantwortlichen hätten vor Drehbeginn nicht auch nur eine Seite der U.S.-Comicreihe gesichtet. Roboter? Riesenmonster? Ein alter Sensei? Ein Spider-Mobil? - Die Autoren scheinen einfach prophylaktisch ersteinmal alles in die Serie gepackt zu haben, womit man die japanische Zuschauerschaft auch nur eventuell vor dem Bildschirm halten könnte. Völlig unabhängig davon ob es zum zugrundeliegenden Stoff paßt. - Für ein, zwei Folgen ist der Nippon-Spiderman durch seine ungewollte Komik für den Trashfan ein lustiger Spaß, mehr müssen es dann aber auch nicht sein. Denn für dauerhaften Filmgenuß ist die Serie in allen Punkten einfach zu schlecht. Die Plots der Episoden sind simpel und vorhersehbar, die Effekte einfach nur beschämend (selbst für die damalige Zeit) und der Bezug zur Comicfigur so gut wie nicht vorhanden. - Ein lustiges Kuriosum aus Fernost, dass für einen kurzen Lacher gerade gut ist, als filmisches Werk allerdings dem Vergessen überantwortet werden sollte.