Wie im Traum
40 Jahre sind ins Land gegangen, seit Jaromil Jires Valerie a týden divu der Bewegung des Neuen Tschechischen Films eine mehr als gelungene Schlußnote anbeigefügt hat.
Die Handlung dieses verfilmten Traumgebildes wiederzugeben ist schier unmöglich. Die Nebendarsteller treten in teils multiplen Rollen auf, welche verschiedene Aspekte der gleichen Figur wiedergeben und mehrere Interpretationsebenen bedienen.
Die titelspendende Protagonisten ist eine 14jährige, welche am Anbeginn ihrer Pubertät einen wirren Traum erleben muss.
So dreht sich von Beginn an alles um sexuell aufgeladene Symbolik, allerdings dargebracht in wunderschönen Tableaux und Szenenbildern voller Liebe zum kleinsten Detail.
Klassische Märchen, frühe Horrorklassiker wie Nosferatu und Häxan und andere moralische Gleichnisse bieten sich als Vorbilder oder zum bloßen Vergleich an.
Die Grundlage des Films bildet ein surrealer Roman aus dem Jahr 1935, des in Deutschland fast unbekannten Tschechen Vitezslav Nezval. Dieser zeichnete sich durch experimentelle Texte aus, und experimentell kann auch man auch Vieles in dieser Verfilmung seines Romans nennen.
Das Experiment der dargestellten Traumwelt eines Mädchens geht dabei in diesem Fall voll auf; der Zuschauer beginnt vielleicht zunächst alles Gezeigte penibel zu analysieren, doch scheitert er wohl zuletzt an den tausenden Metaebenen. Themen wie religiöse Repression, sexuelles Erwachen, Inzest, Angst (im psychologischen Sinn) und alle Formen von Beziehungen zwischen Familienmitgliedern klingen hier an und verschmelzen am Ende zu einem größeren Almagam.
Hier zeigt sich das wahre surreale Kino in seiner ganzen Schönheit, man muss nicht jedes Element verstehen um das Ganze begreifen zu können.
Valerie a týden divu bietet wunderbare Bilder, welche man sich gerahmt an die Wand hängen sollte; wahre Kunst eben, die ich im Kino der letzten Jahre oft verzweifelt suchen musste.
Fazit: Ein Film für die Zuschauer, die glauben bereits Alles gesehen zu haben. Eine neue, und nach 40 Jahren immer noch unglaublich aktuelle Seherfahrung. Höchstnote - was sonst?