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Nach dem sehr gelungenen „Inner Senses – Im Schattenreich der Geister“ drehte der chinesische Regisseur Law Chi-Leung im Jahre 2004 mit „Koma – Steh auf oder du stirbst“ einen Thriller, der sich urbaner Legenden von „Organklau“ annimmt und in einer interessanten Geschichte über eine eigenwillige Frauenfreundschaft verarbeitet.

Eine junge Frau erwacht in einer Badewanne voller Eis und muss feststellen, dass ihr ohne ihr Wissen eine gesunde Niere herausoperiert wurde. Die nierenkranke Ching (Angelica Lee, „The Eye“) entdeckt das Opfer und kann eine mit dem Verbrechen in Zusammenhang stehende Frau identifizieren: Suen Ling (Karena Lam, „Inner Senses – Im Schattenreich der Geister“). Diese wiederum ist auch Chings Freund Wei keine Unbekannte…

„Koma“ ist zwar eindeutig ein Thriller, pendelt aber häufiger zwischen den Polen Drama und Horror hin und her. Eine reizvolle Mischung, die von zwei nicht nur hübsch anzusehenden, sondern auch hervorragend agierenden Hauptdarstellerinnen getragen wird. Der zwischen beiden stehende Wei bleibt absichtlich blasser, was ich als Plädoyer für die Kraft einer wie auch immer gearteten Freund- oder auch Feindschaft deute, die einen Lebensabschnittsgefährten auf die Plätze verweist. Ein weiterer interessanter thematisierter Aspekt ist der der Polygamie bzw. der Trennung von Liebe und Sex.

Die Dreiecksbeziehung der Protagonisten ist der Drama-Anteil der wendungsreichen Handlung, der für Thrill und Horror erwartende Zuschauer für einige Längen im Mittelteil sorgt, meines Erachtens kurz vor Abdriften auf Seifenoper-Niveau aber gerade noch rechtzeitig die Kurve bekommt. Manch in Horrormanier umgesetzte Szene, die im wahrsten Sinne des Wortes an die Nieren geht, erfreut hingegen insbesondere dadurch, dass sie sich stimmig ins Gesamtwerk einfügt. Mit voranschreitender Spieldauer zieht das Tempo an, die Spannung steigt, die Hassliebe beider Frauen zueinander beängstigt und fasziniert zugleich. Die Handlung schlägt manch Haken und behält diesen Stil bis zu einem kruden, überraschenden, von verstörender morbider Schönheit gezeichneten Finale bei.

Klar, bei genauerer Betrachtung wirkt die Geschichte doch arg konstruiert und das Ende evtl. sogar vorhersehbar. Zeit, darüber nachzudenken, hat man aber lediglich während der oben erwähnten Längen, die meines Erachtens zu vermeiden gewesen wären, hätte man stärker auf die zwischen wohlig und bedrohlich-paranoid pendelnde Atmosphäre gesetzt und den Dialogen etwas mehr Pfeffer verliehen. Ansonsten haben wir es aber mit einem handwerklich souveränen, originellen Ostasiaten zu tun, der auch ohne Exoten-Bonus gut unterhält, nach anfänglichem Namenwirrwarr relativ einfach konsumierbar und doch von großer inhaltlicher Tiefe ist, die Nachhaltigkeit beweisen dürfte.

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