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Wenn es um die morphologische Beschreibung von Außerirdischen geht, hat sich das Bild des "kleinen Grauen"  aus dem Sternenystem Zeta Reticuli fest ins kollektive Gedächtnis eingebrannt. Mit ihrer ersten Erwähnung im Fall der Betty und Barney Hill-Entführung zu Beginn der Sechziger Jahre traten die Greys einen kulturellen Siegeszug an und sind mittlerweile aus der Science-Fiction nicht mehr wegzudenken.

Unabhängig von der Frage, ob die Grauen tatsächlich in regelmäßigen Abständen auf unserem Erdball aufkreuzen: Mitverantwortlich für ihre Verbreitung sind Ufologen und Parawissenschaftler wie Budd Hopkins, die sich ausführlich mit dem Entführungsphänomen beschäftigten und entsprechende Publikationen auf den Büchermarkt gebracht haben. "Intruders" ist die filmische Aufarbeitung seiner Forschungen.

Zeitverlust, blockierte Erinnerungen, seltsame Wunden oder Male, deren Herkunft nicht zu erklären sind - das sind die Begleitumstände, denen sich Entführte ausgesetzt fühlen. Quasi die Schablone eines Entführungsszenarios, das uns in "Intruders" bis zum Erbrechen vorexerziert wird: Der Psychologe Dr. Neil Chase behandelt zwei Frauen, die, unabhängig voneinander, beide von unerklärlichen Angstzuständen geplagt werden. Mit Hilfe der Regressionshypnose kommt der zunächst skeptische Wissenschaftler der Wahrheit immer näher...

Soweit der grobe Plot, vielmehr bekommt der Zuschauer nicht präsentiert. In zahlreichen, immer wiederkehrenden Rückblenden werden die Entführungen aufgearbeitet. Bemüht wird dabei das berüchtigte Schema F: Blaues Licht an, Panik und Entsetzen in den Gesichtern der Darsteller, flotte Close-Ups auf die Alienvisagen und vernebelt gefilmte medizinische Untersuchungen.

"Intruders" bleibt so weitestgehend spannungsarm. Ob dies allein der wenig berauschenden Inszenierung oder aber auch dem Vorwissen der durch "Akte X" und andere Mystery-Serien geimpften Rezipienten zuzuschreiben ist, ist nicht ganz auszumachen. Wahrscheinlich greifen beide Erklärungsversuche ineinander.

Nichtsdestotrotz ist die akute Spannungsarmut der Genickbruch für eine 160-minütige TV-Produktion, die vermutlich als Zweitteiler ausgetrahlt wurde. Die Darsteller, die allesamt schon mal durch irgendwelche Serien-Sets gewuselt sind, geben jedenfalls ihr Bestes, eine namentliche Erwähnung verdient sich jedoch allerhöchstens der inzwischen verstorbene Richard Crenna, der die Rolle des Dr. Chase spielt und in den Rambo-Teilen als Colonel Trautman zu sehen war. Nur der Sohnemann von Hausfrau Mary treibt den Nervfaktor unnötig nach oben. Aber was ist schon eine TV-Verfilmung ohne ein gehöriges Kinderschicksal und der obligatorischen Liebelei (von der wir in auch in "Intruders" nicht verschont bleiben)? Zumindest sorgt der Junge für einige unfreiwillige Lacher: Er ist mit der Sychronstimme von Trick, Trick oder Track aus "Ducktales" gestraft.

Die allein reicht aber keineswegs aus, um eine Trashempfehlung ausprechen. Dafür ist "Intruders" zu routiniert abgedreht worden, auch die Masken und Specialefekts gehen für eine Produktion aus den früheren Neunziger Jahren in Ordnung; außerdem nimmt sich der Film relativ ernst. Das Roswellmotiv und dazugehörige Verschwörungstheorien geraten zur Randnotiz, der Fokus liegt allzu sehr auf dem Entführungsphänomen.

So verkommt "Intruders" zu einem Plädoyer für mehr Aufgeschlossenheit den Betroffenen gegenüber, egal, ob nun tatsächlich Entführungen im Spiel oder doch andere (psychologische) Erklärungen zu Rate zu ziehen sind. Eine löbliche Message, aber für einen spannenden Fernsehabend ist das eindeutig zu wenig. Alien-Affine können einen Blick riskieren, allerdings dürften auch die mit einer zünftigen Dokumentation oder einer knackigen "Akte X"-Folge besser bedient sein. 4/10

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