Zwei Jahre nach „First Blood“ war das Sequel „Rambo: First Blood Part II“ gleich mehrfach ein relativ bedeutender Film für den Actionsektor. Nicht nur, dass die in den Achtzigern sehr populären POW-Rescue-Missions, vorzugsweise in Vietnam, hier ihr Prachtstück hervorbrachten und im Vorfeld von Italien bis ins amerikanische B-Movie breiten Anklang fanden, für Sylvester Stallone war dieser Streifen auch der Grundstein zu seiner One Man Army – Show, die bis „Rambo III“ anhalten sollte. Von den Kritikern gemieden, lieferte er einen Welterfolg nach dem anderen ab. „Rambo: First Blood Part II“ war darüber hinaus zusammen mit „Rocky IV“, die jeweils, sofern man den drei bekanntesten Quellen des Internets trauen darf, 300 Millionen Dollar weltweit einspielten, sein erfolgreichster Film überhaupt. Beide entstanden 1985. Es war das Jahr von Sylvester Stallone, der in den Folgejahren zwar immer noch ein Kassenmagnet war, aber diesen Erfolg nie wiederholen konnte.
Hollywood machte sich seinerzeit das aktuelle Zeitgeschehen zunutze, balsamierte den immer noch nicht ausgeheilten, durch die Schmach des Vietnamkriegs nachhaltig beschädigten Nationalstolz und proklamierte darüber hinaus den dank des Kalten Krieges in fast jedem Genre zum naturgemäßen Feind erklärten Russen als Feind von Recht und Freiheit. Auf dieser Formel basiert auch „Rambo: First Blood Part II“, der nur das perfektionierte, was Filme wie „Missing in Action“ bereits vormachten oder der weniger bekannte „Behind Enemy Lines“ später kopierte. Die reaktionären, ja rassistischen Tendenzen mit ihrem im höchsten Maße falschen Gedankengut sind dabei nicht von der Hand zu weisen und sollten der Franchise drei Jahre später einen in dieser Beziehung noch extremeren Teil bescheren, rufen rückblickend aufgrund ihrer offensichtlichen Manipulationsversuche des Publikums, nichts anderes als eine zahme Gehirnwäsche, allerdings höchstens noch ein dickes Grinsen ob der naiven Herangehensweise hervor. Somit bieten speziell „Rambo: First Blood Part II“ und „Rambo III“ auch heute noch genug Stoff für verständnislose Kritiker, die sich zwanghaft an den nun jüngst heraufbeschworenen, globalen Anti-Amerikanismus klammern, während der Genrefan längst den Unterschied erkannt hat und sich mit dem zufrieden gibt, was „Rambo: First Blood Part II“ in erster Linie nämlich ist: Ein unverhohlen oberflächliches, aber auch verdammt spektakuläres, kurzweiliges Actionabenteuer.
Sylvester Stallone schrieb sich nach dem Erfolg zusammen mit James Cameron („Aliens“, „True Lies“), der gerade nach dem Erfolg von „The Terminator“ als vielversprechendes Talent gehandelt wurde und das in den Folgejahren bekanntlich auch umsetzte, genau nach diesen Hollywood-Prinzipien das Sequel auf den Leib. Vom traumatisierten, leeren Veteranen, der die Fixpunkte des Lebens verloren hatte und einfach nur in Ruhe gelassen werden wollte, ist hier nur noch wenig übrig. Man könnte freilich argumentieren, dass die Ereignisse des ersten Teils bei Rambo ein weiteren Knacks verursachten, der ihn endgültig in ein psychisches Dilemma stürzte, doch das wäre der Verteidigung des Filmes wohl zuviel.
Sein ehemaliger Vorgesetzter und väterlicher Freund Colonel Trautman (Richard Crenna), der sich, auch wenn er es nie wirklich äußert und man es lediglich zwischen den Zeilen liest, schuldig fühlt, weil er Rambo einst zu dieser Kampfmaschine miterzog, unterbreitet seinem Schützling, der nach den Vorfällen in „First Blood“ nun einsitzt, die Möglichkeit sich zu rehabilitieren, indem er ausgerechnet nach Vietnam zurückkehrt.
Der U.S. Kongress sucht Beweise dafür, dass noch immer Kriegsgefangene in vietnamesischen Lagern festgehalten werden und entsendet deswegen Marshall Murdock (Charles Napier in einer seiner Standardrollen) mit einer Untersuchungskommission inoffiziell dorthin. Rambo soll nun für sie ein Lager infiltrieren und, sofern Beweise existieren, Fotos machen. Die Befreiung soll erst im zweiten Schritt erfolgen...
Der italienische Filmemacher George P. Cosmatos („Cobra“, „Tombstone“) holt nicht nur aus dem atmosphärisch-feuchten, stickigen Dschungel-Szenario das Optimum heraus, sondern kann sich darüber hinaus, zumindest was die Actionszenen angeht, auch auf ein abwechslungsreiches Drehbuch verlassen.
Denn die Handlung nimmt in seinen knackigen 90 Minuten ab der obligatorischen Missionseinführung fix Tempo auf, verheddert Rambos Fallschirm in luftiger Höhe, so dass der sich von seiner Ausrüstung losschneiden muss und setzt dann ohne Umschweife auf Dschungel-Action gegen den Vietcong und die damit kooperierenden Russen unter der Führung von Lt. Col. Podovsky (Steven Berkoff, „Octopussy“, „Legionnaire“), der vom brutalen Folterknecht bis zum Kampfhubschrauber auch alles Nötige für einen geordneten Ablauf mitbringt.
Auf Rambos verspätete Zusammenkunft mit Co Bao (Debüt von Julia Nickson-Soul, „Sidekicks“, „Double Dragon“) folgt dann eine ungewohnt ruhige und friedvolle Flussfahrt, in der der Veteran im Rahmen des in diesen Dingen natürlich limitierenden Drehbuchs mehr über sich preisgibt und ein wenig in Resignation versinkt, bevor sich später eine tragisch endende Romanze anbahnt, die überraschend gut funktioniert, aber auch erstaunlich schnell fallengelassen wird und dann als wütender Antrieb für Rambos Geldzug fungiert.
Der Rest ist dann auch nur noch inhaltliche Standardkost mit erstklassigen Actionszenen, die heute in Zeiten von CGI und Greenscreen bei mir immer wieder Wehmut auslösen. Rambos Infiltration eines Lagers fördert die schon erwarteten, ausgemergelten, zwischen Ratten hausenden POWs (Prisoner of War = Kriegsgefangene) in ihren Baracken zutage, doch anstatt Fotos zu schießen, nimmt er ein Exemplar huckepack, entkommt nach einem Scharmützel verräterischen Flusspiraten nebst Patrouille und wird verfolgt, an der Landzone seines Rettungshubschraubers aber im Stich gelassen, weil der politisch kalkulierende Murdock kalte Füße bekommt und die Aktion abbläst.
Es folgen brutale Foltereinlagen erst durch die ihn in Jauche tunkenden Vietnamesen, dann durch Podovskys Folterknecht (Strom, glühendes Messer, etc), um ein Geständnis der Spionage zu erzwingen, schließlich die Flucht in den Dschungel und die blutige Rückkehr ins Lager.
Geprägt wird insbesondere die letzte halbe Stunde natürlich wieder durch einen überlangen Showdown, indem Rambo seine antrainierten, tödlichen Methoden dutzendfach anwendet, sich die Begebenheiten des Dschungels zunutze macht und im verregneten, durchweichten Morast einen Gegner nach dem anderen still und leise mit Messer oder Pfeil und Bogen tötet, bevor er dann mit einem Helikopter ins Lager zurückkehrt, es in bildschirmausfüllenden, beeindruckenden Explosionen dem Erdboden gleichmacht, um dann seine Kameraden einzuladen und im finalen Luftkampf gegen Podovsky in seinem Kampfhubschrauber anzutreten. Das Gimmick gefiel Stallone wohl so gut, dass er es für „Rambo III“ gleich wieder reaktivierte.
Die letzten 30 Minuten sind feinstes, unrealistisches Bombastkino (Bazooka in einer geschlossenen Kanzel abfeuern? Schon klar...), geprägt von Rambo, der erbarmungslos Scharen von Gegnern perforiert, sprengt, aufschlitzt oder verbrennt. Da bleibt selbst für knurrige Oneliner, von denen es hier ohnehin relativ wenig gibt, keine Zeit mehr. Die Pyrotechniker erledigen einmal mehr einen brillanten Job und Jerry Goldsmiths („Alien“, „Total Recall“) eingängiger Score trägt ab und an etwas zu dick auf, während Stallone eine stoische Miene zum bösen Spiel macht und uns vor den Endcredits noch einen peinlichen Schlussappell mit auf den Weg gibt.
„Rambo: First Blood Part II“ betreibt letztlich indiskutable Gewaltverherrlichung auf höchstem technischen Niveau, die erneut von den beiden Erfolgsproduzenten Mario Kassar und Andrew G. Vajna mitinitiiert worden ist.
Wer sich damit anfreunden kann, der wird 90 Minuten enorm kurzweilig verbringen und sich über Testosteron-Kino freuen, das sich selbst noch ernst nahm, obwohl es nicht sollte. Die sich aufdrängende Stupidität des Geschehens, später durch den berüchtigten dritten Teil noch getoppt, sieht inmitten von Leichenbergen, zerberstenden Hütten, Feuerstößen und an Bäumen genagelter oder einfach zerschossener Gegner ohnehin kein Mensch mehr, sofern er sich denn nicht unbedingt daran hochziehen will.
Fazit:
Harter, spektakulärer Höhepunkt des damals beliebten „Rettet die zurückgebliebenen Kameraden aus vietnamesischer Kriegsgefangenschaft“ –Schemas, das von Cosmatos exotisch bebildert wurde und von den Effektspezialisten in ein Actioninferno der Sonderklasse verwandelt wurde. Sylvester Stallone gibt, egal ob als gefoltertes Opfer oder rächende Kampfsau, seine Kultfigur mit der gebotenen Coolness, wobei die ruhigen Momente rar gesät sind. Für Actiongeeks bleibt „Rambo: First Blood Part II“ bis heute ein zum Klassiker erwachsenes, audiovisuelles Fest für die Sinne und damit gemeinsam mit den anderen Teilen Pflichtprogramm.