Review

Je weniger man über diesen deutschen Film weiß, desto besser funktioniert er (wahrscheinlich), hat er doch den etwa achtzig Minuten langen "Überraschungsmoment" auf seiner Seite. Ich wusste bloß, dass Die nackte Gräfin zum Genre "Erotikkrimi" zählt... & saß dann mit offenem Mund & großen Augen vor der Glotze.

In einem teuren Cabrio liegt ein Mann. Nackt. Tot. Ermordet. Die Zulassung des flotten Schlittens führt Kommissar Gabriel (Kurt Nachmann, auch Drehbuch & Regie) auf das Schloss des berüchtigten Grafen Anatol Manesse-Manconi (Wolfgang Lukschy), der gerade eine Party für seine Göttergattin Verena (Ursula Blauth) schmeißt. Mit Hilfe der Dienerschaft versucht der Polizist, Licht ins Dunkel des Falles zu bringen & erfährt mehr, als ihm lieb ist.

"Das sind die Sünden von Gestern & Heute, die sieben Sünden, die jeder begeht, die sieben Sünden, die keiner bereute, seitdem sich diese Erde dreht..."

Ja, das Schloss Manesse-Manconi ist ein dekadenter Sündenpfuhl, da trifft die Marianne Mendt mit ihrem Song den Nagel auf den Kopf. Der Hauptschuldige daran ist der Graf höchstpersönlich & der hat Glück, kein Pferd zu sein, denn... "Hengste erschießt man, wenn sie's nicht mehr können!" Ja, der Graf ist impotent, aber er weiß: "Man muss eine Frau nicht mit dem Penis besitzen." Also heuert er Männer an, die es seiner Gattin besorgen, während er sich dabei einen abknipst. Der Graf hält Verenas Eskapaden nämlich in Fotografien fest, denn er liebt Bilder & weiß sie auch zu schätzen. "Bilder ohne Betrachter sind tot", philosophiert er.

Aber es ist nicht (nur) der Inhalt, der mich zum Staunen brachte, es ist auch & vor allem die kühne Umsetzung, irgendwo zwischen abgründig-freizügigem Krimi-(Sex-)Drama & psychedelischer Pop-Art-Exploitation. Eine solch extravagante (& hin & wieder symbolträchtige) Optik in Kombination mit der hemmungslos aufgetischten Ideen-Vielfalt ("Venus Sham-Po") habe ich in dieser Form noch nicht gesehen. Das ist aufregend unkonventionell, ausschweifend, schräg, sexy & meist überaus faszinierend. Manchmal wirkt das Gezeigte wie verspielte Erotik-Filmkunst, manchmal kommt eine tolle Giallo-Ästhetik auf. Wenn der Fall am Ende aufgeklärt wird, hat man ob des lustvoll-sündigen Geschehens auf dem Schloss fast vergessen, dass es je einen gab.

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