„Gong ist ein rasanter futuristischer Sciencefiction-Film in Schwarz-Weiß und begeisterte schon das Publikum beim 14. Internationalen Filmfestival in Stockholm 2003. Der koreanische Regisseur Bae Tae-Su macht bei seinem Abschlussfilm Anleihen bei Eraserhead, Pi und THX-1138.“(Japanisches Filmfest Hamburg)
Der junge Regisseur koreanischer Abstammung Bae Tae-Su hat hier im Jahre 2003 einen mehr als bemerkenswerten Abschlussfilm seines Filmstudiums geschaffen. Tae-Su ist Absolvent der Osaka University of Arts gewesen, die in der jüngsten Vergangenheit immerhin solche Abschlußfilme wie KICHIKU EN KADEI von Kazuyoshi Kumakiri auf die Menschheit (und v.a. ein völlig entsetztes Berlinale-Publikum) losließ.
Gong erzählt eine Geschichte, die in absehbarer Zukunft angesiedelt ist. Der Staat und das System ist allgegenwärtig, selbst der Zeitpunkt des Todes seiner Bürger ist dem System im Vorwege bekannt. Einzige Alternative für das vorzeitige Ableben des jungen Hauptcharakters, der in ca. einem Monat an einem Herzinfarkt sterben soll, ist die Verlegung nach Gong, einem entlegenen futuristischen Ort, in dem der Mensch ewiges Leben erlangen kann.
Der Film beleuchtet nun den Entscheidungsprozess, ob man einen natürlichen Tod oder das sterile ewige Leben in Gong vorziehen soll und letztlich die schon fast religiöse Pilgerfahrt in das gelobte Land mit einer ihm zufällig zugeordneten Mitstreiterin.
Was Bae Tae-Su hier geschaffen hat ist bemerkenswert. Er verzichtet nahezu völlig auf technische Spielereien und (Ausnahme: Gong) aufwendige Set-Designs. Trotzdem nimmt man ihm aufgrund weniger Details, der trostlosen Atmosphäre und einer tristen Schwarz-Weiß-Inszenierung die Zukunft problemlos ab. Die Personen agieren wortlos, fast wie in Trance. Alles scheint in Routine und Gleichförmigkeit zu ersticken und trotz einer offenbar nicht totalitären Regierung erscheint der kontrollsüchtige Staat als allgegenwärtig. Weniger "1984" und eher "Brave New World".
Der Weg nach Gong erinnert dann an die Wanderungen in Tarkowskijs STALKER, wobei der Aufenthalt in Gong selber eher ebendessen SOLARIS gleichkommt, jedoch auch Elemente von Lynchs ERASERHEAD oder gar 2001 - A SPACE ODYSSEY beinhaltet. Natürlich darf man nicht vergessen, dass es sich hier um einen Uni-Abschlußfilm handelt, so dass sich die Gong-Halle als Uni-Mensa der Uni von Osaka entpuppt. Allerdings sind die Illusionen nahezu perfekt in Szene gesetzt, so dass das niedrige Budget nicht weiter stört, den Film sogar noch wertvoller macht. Ein Paradebeispiel, wie man durch Phantasie und Originalität ein großes Budget ersetzen kann und trotzdem anspruchsvoll-philosophischen Science-Fiction-Film herstellen kann.
Bis dato hatte der Film in Japan noch gar keine Aufführung, jedoch einige wenige (aber erfolgreiche) Auswertungen auf europäischen Festivals. Ein deutlicherer Erfolg ist dem jungen Regisseur und seinem Film zu wünschen, nicht nur, damit man hierzulande irgendwann einmal die DVD erhalten kann, auch damit dieser talentierte 20-jährige Regisseur nicht im Sumpf von Werbefilmen verschwindet.
Mirco Hölling (27.05.2004)