Review

20 Jahre ist es her, dass ich als pubertierender Jugendlicher mit "Fuffzehn" diesen dreckigen Streifen im Programm von Pro Sieben gesehen hatte. Ja, damals tickten die Uhren bei den Privatsendern noch ganz anders und so manche alte Filmperle fand ihren Weg in die heimischen Wohnzimmer.

Als junger Flegel sichtlich von der rauen, streckenweise brutalen Mischung aus Softsex & Crime angetan, wirkt Jürgen Rolands Unterweltkrimi viele Jahre später weniger spektakulär. 
Sicherlich ein Klassiker des deutschen Films, aber auch einer, an dem spürbar der Zahn der Zeit nagte und was in den 70er und 80er Jahren noch als schonungslos und schockierend galt, wirkt heute nur noch angestaubt.

Einen Blick kann man dennoch riskieren, denn unter der Leitung von Wolf C. Hartwig (Produzent der "Schulmädchenreporte") entstand ein prominent besetzter Mafiakrimi in deutsch-italienischer Co-Produktion.
"Zinksärge für die Goldjungen" ist um Authenzität und Realismus bemüht und versucht die damals brandaktuelle Thematik der organisierten Kriminalität und den Einfluss italienischer Mafiabanden in Deutschland in einen bleihaltigen Exploiter zu kleiden. Der aus sämtlichen Reportfilmen bekannte Sprecher aus dem Hintergrund leitet mit einer kurzen Einführung auf die Hauptpersonen das Geschehen ein und verleiht den "Goldjungen" somit das Siegel einer Reportage.
Das Endprodukt kommt dabei - auch in inszenatorischer Hinsicht - kaum über das Niveau eines "Schulmädchenreports" hinweg und wirkt genauso so reißerisch wie die Schlagzeile einer BILD-Zeitung, die im Film von den Gangstern fleißig gelesen wird.

Jürgen Rolands Regie, der bereits Jahre zuvor zwei Edgar Wallace-Stoffe erfolgreich adaptiert hatte, war ein Hamburger Jung durch und durch. Hamburg mit seiner sündigen Meile war stets Mittelpunkt von Filmen wie "St.Pauli-Report" oder "Großalarm für die Davidwache" oder auch für diverse "Tatort"-Episoden und Folgen des "Großstadtrevier", mit denen er Kino- und Fernsehgeschichte schrieb.
Umso erschreckender wie einfallslos und unbeholfen, streckenweise sogar dilletantisch der Film wie eine billige Reißbrett-Produktion inszeniert wurde.

"Zinksärge für die Goldjungen" bietet erstaunlich wenig Lokalkolorit und ist besonders - was die Darstellung des Kiez und seiner Gestalten betrifft - erstaunlich zurückhaltend. 
Das Flair der sündigen Reeperbahn, die schummrige Atmosphäre einschlägiger Halbwelt-Lokale mitsamt schmieriger Luden und ihrer Nutten fehlt dem Streifen über weite Strecken.
Stattdessen erstreckt sich die Handlung - bis auf wenige Ausnahmen - auf Hamburgs vornehme Villengegend und lässt das Milieu vermissen.

Der Auseinandersetzung zwischen zweier Gangsterbanden fehlt es an Thrill und geschliffenen Dialogen, obwohl die beiden Gegner Henry Silva und Herbert Fleischmann genug Potential haben. Silva mit seiner Schurken-Visage ist treffend besetzt und auch Fleischmann, der in die Jahre gekommene Sunnyboy, dem man den Schalk im Nacken ansieht, kauft man auch den Paten der Hamburger Unterwelt ab. 
Leider ist aber vor allem die "Romeo-und-Julia"-Komponente des Films das schwächste Glied in der Kette. Sie wirkt in ihrer Darstellung unglaubwürdig, langweilt mit dümmlichen Dialogen und bremst die Handlung gewaltig aus.

Die Einführung verspricht mit großen Tönen ein knallhartes Duell, doch über weite Strecken entpuppt sich das als viel Lärm um nichts. 
"Zinksärge für die Goldjungen" ist vielmehr ein trashiges, durch diverse Übertreibungen, Unglaubwürdigkeiten und Overacting-Performances ein unfreiwillig komisches Kuriositätenkabinett. Horst Janson ("Der Bastian", auch bekannt als Vampirjäger "Captain Kronos") ist ebenso kurios besetzt wie Ex-NDR 3-Programmansager Denes Törzs als kaltblütiger Schläger.
Der Soundtrack ist fast komplett aus dem ein Jahr zuvor von Jess Franco inszenierten "Der Todesrächer von Soho" entliehen. Auch hier wäre eine fetzige 70ies-Komposition für eine sleazige Atmosphäre wünschenswert gewesen. Gert Wilden, Rolf Kühn oder Peter Thomas hätten sich hier als Garanten für einen stimmungsvollen Score erwiesen, stattdessen wurden aus Kostengründen alte Kompositionen verwurstet.
Handwerklich ist der Film meilenweit von Rolands sonstigen Qualitäten als Regisseur entfernt. Die Szenen wirken lustlos aneinander gereiht und strotzen nur so vor hanebüchenem Unsinn, trivialen Dialogen und Regiefehlern - von den unzähligen üppigen Koteletten einmal abgesehen.

Das Finale reisst das Steuer aber noch einmal gewaltig rum. Während der Film von Beginn an sehr temporeich inszeniert war, tritt Roland in den letzten zwanzig Minuten nochmals aufs Gaspedal und bietet eine minutenlange, actionreiche Auto-Verfolgungsjagd quer durch Hamburg, die mit Speedbooten auf der Hamburger Elbe fortgesetzt wird.

Letzten Endes kommt der Film allerdings nicht über ein gesundes Mittelmaß hinaus. Schade, diesen Klassiker hatte ich besser in Erinnerung.

5,5/10

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