Bevor ich mir diesen Film angesehen habe, wusste ich schon von dem Preis den er abgeräumt hatte. Im Jahre 2004 wurde der Regisseur Min Byeong-guk mit dem Asian Film Award beim Tokyo International Film Festival ausgezeichnet. Nun sind solche Auszeichnungen nicht immer ein Garant für Qualität, es gibt mittlerweile eine Filmspezies die regelmässig solche Preise einheimst und dabei grosse Diskussionen über die Rechtfertigung auslöst. Solche "Festivalfilme" sind typisch für Kim Ki-duk aber auch Hong Sang-soo.
Nun habe ich etwas tiefer gegraben und unser hier geehrter Regisseur war tatsächlich 1998 als Assistent für den besagten Hong Sang-soo bei "Power of Kangwon Province" tätig. An anderer Stelle durfte ich dann eine Kurzkritik lesen, diese besagte "ein früherer Assistent versucht einen Hong Sang-soo Film zu drehen". Nun ahnte ich schon was mich erwarten würde und wurde leider bestätigt.
"Possible Changes" ist ein Film mit vielen Parallelen zu Hong Sang-soo und da ich seine Filme nicht besonders schätze, habe ich auch mit dem Erstling von Min Byeong-guk so meine Probleme.
Wir lernen die zwei Mitdreissiger Moon-ho ( gespielt von Chan Jung ) und Jong-kyu ( gespielt von Kim Yu-seok ) kennen. Die zwei Männer sind seit ihrer Kindheit eng befreundet und verbringen auch jetzt noch viel Zeit miteinander. Obwohl beide verheiratet sind und mitten im gesetzteren Leben zu stehen scheinen, schaut die Wirklichkeit völlig anders aus. Beide scheinen ihren Lebenssinn verloren zu haben, oder besser sie haben ihn noch nicht gefunden. Sie betrügen regelmässig ihre Frauen und schrecken selbst vor sexuellen Dreierbeziehungen nicht zurück. Der schnelle und nahezu anonyme Sex mit einer Frau scheint sie ungemein zu reizen. Bei fast jeder Gelegenheit machen sie das andere Geschlecht an und nutzen dann auch jede sich bietende Gelegenheit aus.
Moon-ho ist selbstständiger Schriftsteller ohne einen eigenen fertiggestellten Roman. Seine berufliche Zukunft ist ungewiss und seine Gegenwart verwirrend öde. Sein Freund Jong-kyu ist Wissenschaftler. Er trauert wohl den vergangenen Chancen nach und seine berufliche Situation gestaltet sich ähnlich. Moon-ho hat eine kleine Tochter zu der er keinen Bezug zu haben scheint, sein Familienleben ödet ihn an und seine Frau hat für ihn jeden Reiz verloren. Er sucht übers Internet den anonymen Kontakt zu anderen Frauen und tritt als brillianter Schreiber von Liebesbriefen in deren Leben. So trifft er sich mit der schönen und ebenfalls orientierungslosen Lee Yun-jeong ( gespielt von Yun Ji-hye ) und hat mit ihr am gleichen Abend eine sexuelle Affäre.
Von Jong-kyu erfahren wir privat weniger. Er hängt seiner ersten grossen Liebe nach ; die mittlerweile verheiratete Soo-hyun ( gespielt von Shin So-mi ) bekleidet einen Lehrstuhl an einer Provinzuniversität. Der durch eine frühere Hirnerkrankung leicht gehbehinderte Jong-kyu sucht sie auf und auch die beiden landen natürlich zusammen im Bett.
Zu allem Überfluss erfahren wir dann auch noch von einer Abtreibung. Eine Arbeitskollegin von Jong-kyu lässt sich von ihm in eine Abtreibungsklinik begleiten, um sich dort die Folgen einer ungeschützten Liebesnacht mit ihm entfernen zu lassen.
Diese Achterbahnfahrt durch das Leben der zwei verantwortungslosen und orientierungslosen Männer wird im Film bildlich sehr drastisch aufgearbeitet. Es gibt sehr freizügige Sexszenen und der Dreier in dieser Darstellung soll im koreanischen Kino eine Premiere gewesen sein. Somit gilt für den Film die gleiche Losung wie für die zwei Männer ; wenn nichts mehr geht, Sex geht immer.
Obwohl sehr explizit gefilmt sind diese Szenen absolut unerotisch und beinahe schon skurril. Es gibt dabei nur scheinbar tiefsinnige Dialoge, es gibt dabei mehr Kälte als Wärme und die einzige Tatsache die diesen Sex vom Paysex abhebt, ist die fehlende Geldübergabe. Natürlich kann man dem Film unterstellen, sich durch diese Szenen nur interessant machen zu wollen. Diese Praktik des "Sex aus dem Nichts" ist eine klare Parallele zu Hong Sang-soo und auch er versucht in "Woman is the Future of Man" die Aufpeppung seines öden Streifens durch Sex. Auch bei ihm hängt man der ersten grossen Liebe nach und auch bei ihm führt das alles ins Nichts.
Der wichtigste Punkt ist allerdings, dass die Rahmenhandlung um die Sexszenen herum nichts hergeben, um den Zuschauer wach zu halten. Die Schauspieler sind emotionslos und der Film ist zutiefst depressiv. Lösungen gibt es keine und das Ende propagiert gar eine fatale Fehlentscheidung.
Auch bei "Possible Changes" habe ich mich über lange Zeit gelangweilt, schnell empfindet man die Überlänge des Films als Qual und sehnt das traurige Ende herbei. Natürlich haben auch solche Filme ihr heiss begeistertes Publikum, ich mag sie nunmal nicht und kann mich an ihnen nicht begeistern. Das sind leider nur schwache und unterdurchschnittliche 4 Punkte mit dem Hinweis, dass das südkoreanische Kino viel bessere Sachen zu bieten hat.