ACHTUNG! SPOILER!
Auch nach diversen gescheiterten Anläufen hat Dr. Fu Man Chu (Christoper Lee) sein Streben nach der Weltherrschaft noch immer nicht ad acta gelegt. In Brasilien hat er sich in einem Höhlensystem einen neuen Unterschlupf eingerichtet, von wo aus er diesmal einen besonders perfiden Plan in die Tat umsetzen will. Zunächst infiziert er eine Reihe attraktiver Frauen mit einem speziellen Schlangengift. Die Frauen sind gegen dieses Gift immun, doch jeder Mann, der von einer der Frauen geküsst wird, erblindet auf der Stelle und stirbt nach einiger Zeit einen qualvollen Tod. Die Frauen, die unter dem hypnotischen Bann von Fu stehen, werden dann in alle Welt geschickt, um wichtigen Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft den Todeskuss zu geben. Seinem Erzfeind, dem Scotland Yard Inspektor Nyland Smith (Richard Greene), schickt er die schöne Celeste (Loni von Friedl) auf den Hals, die Ihren Auftrag auch prompt erledigt. Smith, dem sofort klar ist, wem er sein Schicksal zu verdanken hat, macht sich trotz seiner Beeinträchtigung zusammen mit seinem Freund Dr. Petrie (Howard M. Crawford) sofort auf den Weg nach Südamerika.
Dort hat währenddessen der Abenteurer Carl Jansen (Götz George), ein Freund von Smith, unliebsame Bekanntschaft mit Fu und seinen Schergen gemacht. Jansen ist auf der Suche nach dem verschollenen Archäologen Prof. Wagner. Zusammen mit dessen Nichte Ursula Wagner (Maria Rohm) fallen sie in die Hände von Fu und seiner getreuen Tochter Lin Tang (Tsai Chin).
Inzwischen konnte Nayland Smith durch ein Gegenmittel aus dem Blut einer der infizierten Frauen geheilt werden. Nach einigem Hin und Her gelingt es ihm schließlich, zusammen mit Petrie und einigen Helfern, sämtliche Geiseln zu befreien, die sich in der Gewalt von Fu Man Chu befinden. Anschließend wird dessen Schlupfwinkel in die Luft gesprengt...
DER TODESKUSS DES DR. FU MAN CHU war die erste von insgesamt neun Produktionen, die Jess Franco zwischen 1968 und 1970 für den in aller Welt agierenden berühmt-berüchtigten britischen Produzenten Harry Alan Towers realisierte. Gleichzeitig war dies der vierte Teil der 1965 mit „The Face of Fu Man Chu" begonnenen, fünfteiligen Filmserie um die von Sax Rohmer ersonnene Figur des asiatischen Bösewichtes Dr. Fu Man Chu.
Die für Francos Verhältnisse recht solide Produktion zeichnet sich durch eine eher unpersönliche Handschrift aus, und allein bei den Szenen in der Folterkammer (die interessanterweise zahlreicher sind als im Nachfolgefilm „Die Folterkammer des Dr. Fu Man Chu") ist Francos Einfluss deutlich erkennbar. Obwohl das Potential der Figur des Fu Man Chu zu dieser Zeit schon weitgehend ausgereizt war, hätte man aus der bizarren Idee mit den giftig küssenden Frauen durchaus einen ansehnlichen, ungewöhnlichen Film machen können. Leider ist Francos Inszenierung der Geschichte eher langweilig und unspektakulär ausgefallen. Franco verschenkt im Grunde sämtliche Möglichkeiten, die sich durch die Ausgangssituation anbieten. Die Handlung plätschert ziemlich monoton und redundant dahin und Franco reiht eine unbeholfene Kampfszene an die nächste und eine überflüssige Schießerei an die andere. Auch die „anspruchsvolle", sehr aufdringliche Kameraführung von Manuel Merino gereicht dem Film nicht zum Vorteil, sondern wirkt in vielen Szenen einfach nur amateurhaft. Zwar setzt Merino die Zoomlinse noch nicht so inflationär ein, wie in späteren Filmen von Jess Franco, aber die vielen extremen, teils unscharfen Nahaufnahmen und die häufige Vermeidung von Schärfentiefe widersprechen schlichtweg üblichen Sehgewohnheiten und erscheinen in einem solchen, an sich eher schlichten Film, total fehl am Platze.
Ein weitgehend unnötiger Subplot um den Banditen Sancho Lopez (Ricardo Palacios) macht die Sache auch nicht besser und zeugt eher von der Ideenlosigkeit des Films. Die Szenen mit dem deftig chargierenden Palacios, der ausstaffiert ist wie ein mexikanischer Bilderbuch-Bandit, wirken eher wie aus einem Italo-Western und reichlich deplatziert.
Unterbrochen wird dies auf Dauer etwas nervige Getümmel hin und wieder von recht harmlosen Folterkammerszenen, in denen Franco leichtgeschürzte Mädchen, angekettet in archaischen Verliesen zeigt, die von einem maskierten Fettwanst u.a. mit Giftschlangen traktiert werden. Den einen oder anderen blanken Busen gibt es dann auch noch zu sehen, da konnte der Regisseur einfach nicht widerstehen.
Die eigentlichen Hauptfiguren des Films, Dr. Fu Man Chu und sein ständiger Widersacher Nayland Smith, sind hier kaum mehr als Randfiguren. Getragen wird die Handlung weitgehend von Lin Tang, der sadistischen Tochter von Fu Man Chu und von dem Abenteurer Jansen, recht hemdsärmelig dargestellt von Götz George. Während der mit Blindheit geschlagene Nayland Smith die meiste Zeit des Films paralysiert ist, bleibt Chris Lee weitgehend im Hintergrund und strapaziert seinen nun schon erprobten „bösen Blick", wenn er eiskalt seine Mordbefehle erteilt. Die attraktive Maria Rohm wurde vom Kostümbildner durch ein absolut lächerliches Karnevals-Cow-Girl-Outfit so hoffnungslos verunstaltet, mit knallroter Wollstrumpfhose und einer bescheuerten, total billigen Perücke, dass einem die Darstellerin nur leid tun kann.
In einer etwas zusammenhanglosen Sequenz erscheint zwischendurch auch noch Shirley Eaton als Li Hong, alias „Die schwarze Witwe", die als Todesengel das Gift in die Welt bringen soll oder so. Diese Szene ergibt überhaupt keinen Sinn und sieht aus wie ein Outtake aus dem etwa zeitgleich entstandenen „Die sieben Männer der Sumuru". Die Szene ist in der deutschen Fassung des Films noch etwas länger als in der Originalfassung.
Überhaupt unterscheidet sich die Originalfassung (89:47 Minuten - Kinowelt DVD) in diversen Kleinigkeiten von der deutschen Fassung (77:53 Minuten - Kinowelt DVD + Taurus Video). Die Credits der Filme sind unterschiedlich gestaltet und zudem recht sparsam bei der Nennung der am Film beteiligten Personen. Im Vorspann der spanischen Fassung FU MANCHU Y EL BESO DE LA MUERTE werden erheblich mehr Mitwirkende gelistet, wobei deutliche Abweichungen im Vergleich mit den anderen Fassungen zu finden sind. Auch die Reihenfolge, in der die Darsteller genannt werden ist bei allen Fassungen abweichend und auf länderspezifische Interessen abgestimmt. So wird z.B. Götz George, der in den deutschen Credits an zweiter Stelle steht, in der englischen Fassung gar nicht erst erwähnt! Ricardo Palacios, der Darsteller des Banditen Sancho Lopez, wird dagegen in der deutschen und englischen Fassung unterschlagen, in der spanischen Version aber bereits an vierter Stelle genannt. Hans Billian hat in der spanischen Fassung einen Credit für "Ambientacion artistica (Art Direction).Die Vorspannmusik ist je nach Version unterschiedlich und die Szenenfolge und die Länge der Szenen variiert und die Dialoge sind zum Teil recht frei übersetzt. Für mehr Details siehe www.schnittberichte.com.
DER TODESKUSS DES DR. FU MAN CHU ist sicher der schwächste Film der Serie, aber trotz einiger Längen gerade noch akzeptabel. Die Behauptung „Ich, Dr. Fu Man Chu, lebe!" bzw. „The world shall hear from me again!" die Fu Man Chu am Ende des Films aus dem Off von sich gibt, verweist dann auch schon auf die nächste Fortsetzung die unter dem Titel „El Castillo de Fu Manchu" ebenfalls von Jess Franco inszeniert wurde.
In einem Interview äußerte sich Maria Rohm wie folgt zum Film und über Jess Franco:
„Außerdem ist der Film trotz einiger guter Szenen nicht gerade einer von Francos besten. Er macht Actionfilme nicht gern, ein Film muss zumindest einen erotischen Subkontext haben, um Jess kreativ zu inspirieren." *
Für Götz George bot der Film nach eigenen Aussagen vor allem eine schöne Gelegenheit mit seiner Frau Loni von Friedl auf Kosten des Produzenten nach Brasilien zu reisen. Über Franco meinte er nur: „Das war ein belangloser Regisseur, der sich auf alles andere konzentriert hat als auf den Film." Auch Chris Lee habe „...den Kopf geschüttelt über die Produktion." **
Aus der Werbung:
Die neuesten Schreckenstaten des unheimlichen Verbrecher-Genies! (Plakat)
Eine mörderische Waffe in den Händen des teuflischen Dämons - Das neueste fesselnde Fu Man Chu Abenteuer! (Plakat)
* Kinowelt DVD
** Heiko R. Blum: Götz George - Seine Filme-Sein Leben, Heyne Filmbibliothek Nr.32/103
München 1989