Review

"Peter´s Friends" ist einer der Film, die ich erst mit (auch wenn es bei knapp 26 Jahren, die ich jetzt zum Zeitpunkt dieses Reviews alt bin, sicher etwas seltsam klingen mag) mit zunehmendem Alter zu schätzen und vor allem zu lieben gelernt habe. Als ich ihn vor etlichen Jahren das erste Mal gesehen hab, kam er mir langatmig, viel zu dialoglastig und behäbig vor. Als ich ihn voriges Jahr eher zufällig wieder gesehen habe, konnte ich kaum fassen wie ich diesem Kleinod so lange die gebührende Anerkennung verwehren konnte.

"Peter´s Friends" ist die fast schon logische Konsequenz für alle, die sich in den 80ern mit dem "Breakfastclub" identifizieren konnten. Dabei hat der Film leider nie den Kultstatus des US Films erreicht, ist immer mehr der Geheimtipp geblieben, der aber von jedem der ihn gesehen hat, nicht mehr vergessen wird, da er einfach eines ist: so unendlich wahr und real.
1982, die sechs Freunde, Peter, Andrew, Roger, Sarah, Maggie und Mary haben gerade das Studium beendet und blamieren sich mit einer unglaublichen Tanz und Gesangsperformence auf der Silvesterparty von Peters Vater. 10 Jahre später, wieder zum Jahreswechsel, werden sie sich alle wieder sehen, zum ersten mal, teilweise nach Jahren, trifft die alte Clique sich wieder, und wieder ist es der Landsitz auf dem sie damals zuletzt zusammen waren. Inzwischen hat sich vieles getan, Peter´s Vater ist vor kurzem verstorben und hat ihm den Besitz überlassen, Maggie schreibt Bücher wie "Hilfe zur Selbsthilfe, und ist nicht fähig sich einer Beziehung zu öffnen, Andrew lebt mit seiner Frau, einer US Sitcom Darstellerin in Hollywood und führt eine Ehe, die nur auf gegenseitigen Beleidigungen und sarkastischen Bemerkungen zu beruhen schein, Roger und Mary haben geheiratet, aber erst vor kurzem durch plötzlichen Kindstod einen ihrer zwei Zwillinge verloren, was Mary zu einem nervlichen Wrack machte und die Ehe in unausgesprochenen Schuldzuweisungen zur Hölle macht und Sarah kommt mit ihrem neuen Freund Brian, den sie zwei Wochen kennt und der nur eine von vielen rein auf sexueller Basis geführten Bekanntschaften ist die sie gemacht hat.

So ist es dann auch wenig verwunderlich das die Stimmung sich bereits am ersten Tag immer mehr verwandelt aus der Freude über das Wiedersehen wird immer mehr ein von jedem persönlich geführter Krieg mit sich selber und, sofern vorhanden dem Partner. Da werden Dinge zur Sprache gebracht, die verletzen, die seit Jahren darauf warten gesagt zu werden, die aber letztlich nur dazu dienen sich selber zu schützen und nicht der geifernden Meute preiszugeben. Erst als in den letzten Minuten bevor das neue Jahr beginnt einer von ihnen eine erschütternde Neuigkeit verkündet, weiß man warum es letztlich doch nichts besseres gibt als Freunde, die sich trotz aller unterschiede und unterschiedlicher Ansichten wenn es darauf ankommt, wenn es darauf ankommt zu einem stellen und einem Mut und Hoffnung geben.

Kenneth Branagh hat mit seiner dritten Regiearbeit fürs Kino einen grandiosen Film geschaffen, der bei aller Problematik und Konflikten und aller Melancholie, Dramatik und Tragik eines nicht vergisst, den Humor. Der Humor ist selten offensichtlich, oftmals versteckt er sich elegant in den fantastischen Dialogen, ist zumeist trocken und selten plakativ, aber ist immer da, wie ein stiller Beobachter, der immer mal wieder durch die Oberfläche bricht.
Ein großes Lob gebührt den Darstellern, die den liebevoll und detailliert beschriebenen Charakteren eine große Portion Leben einhauchen und sie alle zu liebenswerten Figuren in diesem fast schon Kammerspielartigen Film machen. Stephen Fry spielt Peter mit der nötigen Eleganz und verleiht ihm allein schon durch sein auftreten die typischen Charakteristika des typischen britischen Landadels, der sich zugleich aber doch so sehr von dem unterscheidet was man erwartet, erwähnt sei nur, dass er "nicht in der Vaginaabteilung arbeitet". Großes Lob auch an Emma Thompson, die in weiten Strickpullis und zutiefst verunsicherter Maggie, neben der "selbst Mutter Theresa wie eine Nutte aussieht", herrlich skurril wirkt und dabei doch unglaublich süß und nett wirkt. Kenneth Branagh selbst spielt den anonymen Alkoholiker und besten Freund Peters, der mit seiner Hollywood Grazie bösartigste Wortgefechte liefert und sich letztlich als Ventil für alle aufgestauten Anschuldigungen erweist. Großartige Leistung. Gleiches gilt auch für Hugh Laurie, Imelda Staunton und Alphonsia Emmanuel, die das sixtett komplettieren und alle hauptsächlich eines machen, sie lassen ihre Rollen realistisch erscheinen, in all ihren Macken, Fehlern, Neurosen und vielem mehr, erkennt man doch irgendwo immer Personen die man selber persönlich kennt.

So ist es dann auch eines der größten Komplimente, das man Kenneth Branagh machen muss, das er es geschafft hat, seinen Film so zu inszenieren, das sich jeder der schon mal auf Klassentreffen war und dort ehemalige Freunde getroffen hat, oder jeden der nach langen Zeit, Jahren manchmal wieder mit seiner Clique zusammen kommt, wieder findet. Dazu reichen ihm 10 Darsteller, und, von wenigen Szenen zu Beginn abgesehen, eine einzige Location aus, um zu zeigen, was Freundschaft ist, und warum sie auch wenn man sie nicht regelmäßig pflegt doch nie ganz vergeht.

Zum großartigen Gesamteindruck trägt auch der fantastische Soundtrack bei, der sowohl bei der Auswahl der Musik als auch der Texte perfekt auf die Szenen und Situationen zugeschnitten ist. So gibt es großartige Stücke zu hören, darunter Tina Turner mit "waht´s love got to do with it", Cindy Laupers "Girls just want to have fun", Queen mit "You´re my best friend" und neben Songs von Bruce Springsteen und Eric Clapton ist es hauptsächlich "Everybody Wants To Rule The World" von Tears for Fears, das in Erinnerung bleibt. Gespielt während den Titelkredits schlägt Brannagh in wenigen Minuten mit historischen Bildern und Zeitungsausschnitten den Bogen vom Jahre 1982 hin in das Jahr 1992. Diese Szene, in der sich belanglose Klatschnews und weltpolitische Ereignisse die Hand geben, zeigt sich bereits die Klasse dieses Films.

Man muss sich sicherlich, um den Film vollends genießen zu können, auf ihn einlassen. Aber wenn man das macht, erlebt man einen Film, der ein ähnliches Erlebnis ist wie es der eingangs erwähnte "Breakfast Club" ist. Die Charaktere und insbesondere die Dialoge zählen zum besten und interessantesten was es in diesem Bereich gibt, und wenn man dann letztlich ähnlich wie die 5 unwissenden Freunde mit der ganzen Tragik des Lebens konfrontiert wird, aber in den nächsten Augenblicken auch wieder Freude und Hoffnung sieht, und sieht was Erinnerungen und Freundschaft wert sind, dann weiß man, das man gerade etwas großem und extrem seltenen beigewohnt hat. So muss Kino sein. 9,5 von 10 Punkten.

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