Review

Boxen und Erwachsenwerden unter'm Hakenkreuz

Oft sehen gerade wir Filmnerds es als recht nervig, eintönig und einschränkend an, dass sich der deutsche Film oft gefühlt viel zu sehr über den zweiten Weltkrieg und die Nazizeit definiert. Dabei darf man nicht vergessen, dass gerade dieses Subgenre für „unseren“ Film auch schon einige weltweit höchst geschätzten Meisterwerke hervorgebracht hat - von „Das Boot“ über „Der Untergang“ bis „Die Brücke“. Missen möchte ich solche ewigen Kaliber des Weltkinos definitiv nicht, obwohl es natürlich auch mich oft schon aufgeregt hat, dass die Nazivergangenheit unsere Filmwirtschaft sehr einzwängt und dämonisch verfolgt, quasi manchmal fast lahmlegt und in eine Einbahnstraße treibt. Doch die Aufarbeitung und Verarbeitung dieser grausamen Zeit hört wohl (berechtigterweise) auch filmisch nie wirklich auf - plus, wenn ich sowas wie „Napola“ sehe, den ich zwar nicht auf die gleiche Stufe stelle wie obige Toptitel, aber dennoch exzellent finde, dann muss man vermuten, dass das deutsche Kino vielleicht gerade in dieser WWII-Nische eben auch zu seiner größten Stärke, Intensität und Wahrheit aufläuft… Handlung: ein jugendlicher Boxer wird auf dem Zenit der Nazizeit von Talentscouts entdeckt und er schreibt sich auch entgegen dem Willen seiner Eltern freiwillig in eine strenge Eliteschule ein. Doch schnell beginnt er dort trotz all der beeindruckenden Kameradschaft und Förderung an den Idealen und Ideologien des deutschen Reichs zu zweifeln…

Die Verlogenheit des Nationalsozialismus

„Napola“ - ein Kriegsfilm ohne Krieg. Zumindest kaum mit Waffen und Kämpfen Mann gegen Mann. Viel mehr kämpft hier ein junger Deutscher mit sich und seiner Überzeugung, seinen Werten, seinen seelischen Qualen und Zwickmühlen in Verbindung mit dem Naziregime, das er anfangs toll findet. Doch mit der Zeit heißt es Menschlichkeit, Mitgefühl, Freundschaft, Würde in ihm gegen Hass, Lügen, Erniedrigung, Unmenschlichkeit der Nazis. Ein eiskalter, emotional zermürbender und nachwirkender Film. Wie der junge Friedrich am Ende lieber in den Schneesturm geht als für die Nazis K.O.s zu erringen bleibt sehr in meinen filmischen wie humanen Knochen. Dazu einige weitere tolle Jungs, vom GZSZ-Tuna bis zu Tom Schilling, nur zwischendurch steif. Dazu eine vorbildliche Ausstattung. Dazu weitere Szenen zwischen Heldentum und einer Generation am Abgrund, die absolut hängen bleiben wie ein Schatten über der deutschen Seele. Ich sage nur „Stielgranate“. „Napola“ fasst die fiese und oft tödliche Situation der Jugendlichen zwischen 1935 und 1945 sehr gut zusammen und packt diese in gespenstige, jedoch trotzdem durchweg nachvollziehbare Bilder, Situationen, sogar Lyrik. 

Fazit: Coming-of-Age and Coming-To-Your-Senses… „Napola“ vereint gute Jungdarsteller, eine stringente Erzählung und genug gemischte Emotionen dieser tragisch-trügerischen Generation. Ein empfehlenswerter Einblick in die Hitlerjugend - ehrlich, menschlich und authentisch. 

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