Mit ''Der Manchurian-Kandidat'', dem dritten Film nach seinem Meisterwerk ''Das Schweigen der Lämmer'', widmet sich Jonathan Demme wieder dem Thriller-Genre.
Der Streifen ist die zweite Verfilmung eines Romans von Robert Condon, 1962 bereits von John Frankenheimer verfilmt. Das Setting wurde geschickt dem aktuellen Zeitgeschehen angepasst, die Grundessenz von Vorlage und Klassiker blieb gleichwohl erhalten. Erstaunlich und etwas erschreckend dabei ist der universelle politische Hintergrund, der auch 40 Jahre später Gültigkeit besitzt: der Einfluss von Geschäft auf Politik.
Denzel Washington ist als Desert-Storm-Veteran Marco auf der Spur von Global Manchurian, einem Rüstungskonzern und einflussreichen Sponsor des Präsidentschaftwahlkampfs. Gequält von Alpträumen, sucht er Kontakt zu Raymond Shaw ( Liev Schreiber ), einem ehemaligen Untergebenen während des Kuwait-Einsatzes, der durch angebliche Kriegsheldentaten bis zum Vize-Präsidentschaftskandidaten aufgestiegen ist. Verdachtsmomente bewahrheiten, Gerüchte verdichten sich, das ganze Platoon wurde wahrscheinlich gar nicht angegriffen, Heldentaten fanden demnach nie statt. Anscheinend zieht Global Manchurian im Hintergrund die Fäden, um einen Schläfer ins Weiße Haus einzuschleusen und entscheidenden Einfluss auf die US-Außenpolitik zu nehmen.
Eine Identifikationsfigur oder ein ruhender Pol fehlt. Washington und Schreiber liefern sehr solide, szenenweise überragende Leistungen als heimgesuchte Kriegsveteranen. Meryl Streep betreibt ( wie so oft ) leichtes Overacting, auf einer Theaterbühne wärs vielleicht passender als auf Kinoleinwand. Eine gute Idee von Demme, den Filmfiguren keine Parteizugehörigkeit zuzuordnen und Global Manchurian praktisch den ganzen Film über als mächtigen, gesichtslosen Riesen im Hintergrund zu belassen. Die konkrete Gegnerfigur erschöpft sich in einer einzigen: Atticus Noyle, einem Arzt, der jedem Nazi-Klischee zur zweifelhaften Ehre gereicht. Bei seinen Auftritten kippt die Stimmung vom nüchternen ins Surreale und sorgt für eine enorme Anspannung des Films und der feinnervigen Atmosphäre.
Kameramann Tak Fujimoto betont wie im ''Schweigen'' kühle, matte Farben und Kontraste, gedämpfte Lichtsetzung, die einige wenige Male von grellen Spots durchbrochen wird und die subjektive Kamera während der Dialoge.
Hervorstechend die Hinrichtung zweier Soldaten durch Schreiber und Washington. Trocken, eiskalt und aufs Minimalste reduziert inszeniert. Die wohl stärkste Sequenz des Streifens.
Allerdings dürfen auch die Schwächen nicht verschwiegen werden, vor allem den Anschein der Kürzung des Films. So wird Bruno Ganz als Wissenschaftler Delp und Freund Washingtons ohne genauere Vorstellung eingeführt und verschwindet im letzten Drittel der Lauflänge, sein Schicksal nicht näher erläutert, ebensowenig Herkunft und Zweck der mysteriösen Chipimplantate. Auch das etwas verknitterte (Fast-)Happy-End wirkt trotz weiterhin geschmackvoller Inszenierung mehr wie ein Wurmfortsatz, tatsächlich wurde es nach Testvorführungen umgeschnitten und teilweise neu gedreht. Ein finsteres Ende hätte dem Film vielleicht besser zu Gesicht gestanden, denn schließlich gewinnen auch im wahren Leben leider Gottes ja meistens die Bösen. Trotz eines klassischen Showdowns wie aus dem Lehrbuch ist der Film aber nicht auf einen großangelegten Spannungsbogen hin gedreht, sondern mehr auf eine Stimmung der konstanten, aber nicht genau definierbaren Bedrohung, die jede Szene durchzieht. Ein Gefühl des ständigen Belauerns, des beobachtet werdens und des Zweifels. Der Weg ist das Ziel, könnte also eine schöne Umschreibung dafür lauten lauten. So steht der Film in einer Reihe neben ähnlich angelegten Werken von Regisseuren wie Michael Mann und M. Night Shyamalan ( dessen ''The Village'' zuletzt ebenso oft zu Unrecht gescholten wurde ).
Kein Film also für pubertierende Popcorn-Fresser, eher für die, die bereit sind, sich auf die Stimmung eines Film einzulassen oder sogar ein bißchen zu erarbeiten. Doch die werden mit einem Film belohnt, der sich vom sonstigen Ausschuß Hollywoods abhebt und deutlich über dem Qualitätsdurchschitt liegt.