Review

Einer alten und unheilvollen Schilderung zufolge brachte eine Lady des gehobenen Standes im 18. Jahrhundert ein grauenhaftes Monster zur Welt, welches daraufhin von einem Magister der schwarzen Magie für viele Jahre in einem entlegenen Haus inmitten eines Waldes vor der Menschheit versteckt und dort in ein karges Zimmer gesperrt wurde. Eines Tages, so berichtet die Erzählung, soll die Kreatur dann ausgebrochen sein und seine ganze Familie bestialisch getötet haben. Gut 300 Jahre später ist die unheimliche Geschichte noch immer im Kollektiv der Anwohner von Arkham verankert und längst zur urbanen Legende gewandelt, weshalb noch immer gemunkelt wird, dass es in dem inzwischen verfallenen Haus im Wald spukt. Joe, ein Student der örtlichen Universität, hält dies für einfältige Ammenmärchen und beschließt kurzerhand, eine Nacht im besagten Haus zu verbringen. Als er jedoch am nächsten Tag nicht mehr auftaucht, rechnen seine Freunde Carter und Howard mit dem Schlimmsten und begeben sich zeitgleich mit vier Verbindungs-Anwärtern, welche die Location für eine Mutprobe nutzen wollen, ebenfalls dorthin. Kaum in dem Spukhaus angekommen, verriegeln sich die Türen plötzlich wie von Geisterhand und die Studenten müssen am eigenen Leib erfahren, dass die monströse Kreatur die Jahrhunderte überdauert hat und seiner neuen Gesellschaft gegenüber nicht sehr wohlgesonnen ist...


Ein altes Spukhaus im Wald, düstere Legenden um eine abscheuliche Kreatur und schließlich eine handvoll College-Studenten, die eben jener geradewegs in die rasiermesserscharfen Krallen laufen: The Unnamable ist fast schon eine klassische Horrorgeschichte wie aus dem Bilderbuch, die zudem auf der gleichnamigen Kurzgeschichte von H.P. Lovecraft basiert. Bei diesen Gegebenheiten kann man es keinem verübeln, der mit hohen Erwartungen an dieses Werk herantritt und sich davon kurzweiligen und unheimlichen Creature-Horror in der Tradition anderer Lovecraft-Adaptionen wie From Beyond oder Necronomicon erhofft, denn die Voraussetzungen dafür waren für den Regisseur Jean-Paul Ouellette durchaus gegeben. Leider war dieser mit seinem Filmdebut scheinbar ziemlich überfordert und inszenierte mit The White Monster, wie der Streifen hierzulande vertrieben wird, nicht etwa das zu Unrecht in Vergessenheit geratene Kultrelikt aus den 80ern, sondern vielmehr eine einschläfernde und keineswegs schauerhafte Anhäufung von Klischees und Stereotypen, welche sicher schon im Jahre 1988 derart ausgelutscht waren, dass The Unnamable bereits kurz nach seinem Erscheinen zurecht wieder in der Versenkung verschwand.

Die Story, welche in ihren Grundzügen einiges an Potential geboten hätte, stammt in der finalen Umsetzung augenscheinlich aus der Mottenkiste der Einfallslosigkeit und kommt insgesamt derart vorhersehbar und geistlos daher, dass Lovecraft sicherlich im Grabe rotierte, würde er diesem Film eines Tages ansichtig werden. Während die originale Shortstory des berühmten Horror-Schriftstellers noch auf das subtile Grauen der Erscheinung der unaussprechlich monströsen Kreatur setzt, verkommt die Verfilmung nach kürzester Zeit zum belanglosen Teenie-Horror, in dem schablonenhaft angefertige Dumpfdohlen kreischend durch ein Spukhaus stolpern und sogar die Zeit finden, über Beziehungsprobleme zu diskutieren, wenn sie nicht gerade vom titelgebenden Latexmonster ausgeweidet werden. Das ist auf 84 Minuten ausgedehnt genau so spannend, wie es sich hier schon liest und braucht zu allem Überfluss auch noch eine gehörige Anlaufzeit, um endlich an Fahrt aufzunehmen. Zu Beginn hat The Unnamable allerdings vor allem dann noch einige starke Momente zu bieten, wenn die Atmosphäre in dem dunklen, verlassenen Haus lediglich von der Präsenz der unaussprechlichen Kreatur kündet, sie aber niemals in den Fokus der Kamera bringt. Stellenweise fast schon geschickt spielt Jean-Paul Ouellette mit der Erwartungshaltung des Publikums, verwehrt einen direkten Blick auf das Monster jedoch zunächst und baut damit sogar den Ansatz einer Spannung auf, die jedoch sofort wieder verebbt, sobald die klischeebeladenen Studenten das Geschehen entern und The Unnamable das Abbild eines austauschbaren und belanglosen Creature-Slashers annimmt.

Die negativen Aspekte dominieren das Gesamtbild des Films leider merklich, so etwa ein fürchterlich nervötender Score, der durch seine völlig verkorkste Mischung aus Orgeln und Synthesizern absolut deplatziert wirkt und den Ansatz einer unheimlichen Szene immer wieder im Keim erstickt. Auch der angewandte Blaufilter mag zwar als visuelles Spielmittel interessant sein, lässt den onehin nicht sehr kostenaufwändigen Film aber noch billiger aussehen. Als deutlich überzeugender erweisen sich da die Splattereffekte, die in zufriedenstellendem Maße vorhanden sind und mit einer Zeigefreudigkeit daherkommen, die man The Unnamable in dieser Form nicht zugetraut hätte. Da werden Köpfe zerlegt und Kehlen aufgerissen, was Freunde der härteren Gangart somit immerhin ansatzweise für die akute Spannungsarmut des Films entschädigt. Über das Erscheinungsbild des Monsters hingegen darf man geteilter Meinung sein. Zwar ist an dem Aussehen der Kreatur mit ihrem weißen Fell und den Ziegenhufen nichts auszusetzen, doch macht ein überzogenes Maß an Screentime im Finale jeden Ansatz von Spannung zunichte, agiert das Monster doch lachhaft überzogen und geradezu feminin. Dies wird dann auch nicht mehr von dem ständigen, hohen Kreischen des Wesens verbessert, was vielleicht bei den ersten Malen noch unheimlich wirkt, spätestens in der Hälfte des Films dann allerdings zur Belastungserprobung wird. Die Schauspieler passen sich alledem letztendlich perfekt an. Es scheint gerade so, als habe Jean-Paul Ouellette all jene angesammelt, die bei einem größeren, wichtigeren Film durch das Casting geflogen sind und demnach für wenig Geld zu haben waren, denn ein bemerkenswertes Schauspiel legt hier keiner der Akteure an den Tag, manch einer scheint selbst mit der simpelsten Rolle überfordert zu sein.

Somit ist The Unnamable letztendlich ein zurecht in Vergessenheit geratenes Überbleibsel des Monsterhorrors der späten 80er, das zwar fleißig und ausgiebig mit den Versatzstücken des Genres spielt, dabei aber nichts eigenständiges oder spannendes auf die Beine stellen kann. Selbst vereinzelte Anflüge von Atmosphäre und ein angenehmer Härtegrad können das belanglos und vorhersehbar dahinplätschernde Geschehen nicht mehr merklich aufwerten und reißen den Zuschauer nur für einige seltene Momente aus dem Tiefschlaf. Bei all dem hier angewandten Dilettantismus ist es kaum zu glauben, dass The Unnamable fünf Jahre später noch eine Fortsetzung spendiert bekam, die unter dem glorreichen Titel The Unnamable Returns auf das geschundene Publikum losgelassen wurde.


The Unnamable
USA 1988, 84 Min.
Freigabe: ungeprüft
Regie: Jean-Paul Ouellette

Darsteller: Charles King, Mark Kinsey Stephenson, Alexandra Durrell, Laura Albert, Eben Ham, Blane Wheatley, Mark Parra, Delbert Spain, Colin Cox, Paul Farmer, Paul Pajor, Marcel Lussier

Details
Ähnliche Filme