Zuerst einmal, lieber Leser, 2-3 Minuten inne halten und mal darüber nachdenken, was sich hinter dem Titel verbergen könnte?
Eine Geschändete rächt sich blutig an ihren Peinigern, alternativer Titel Nacht der Rache, eine ganze Nacht lang wird abgerechnet und blutig aufgeräumt.
Aber nein, das wäre zu banal und doch wieder typisch für einen IW, aber die Geschichte kommt viel intelligenter daher. So hat man es nicht unbedingt erwartet.
Vielmehr entwickelt sich eine abwechslungsreiche Geschichte mit vielen Überraschungen, eher wie ein Kriminalfall mit Nachforschungen, Befragungen und Katz und Maus Spiel, aber natürlich wird auch geschossen und abgerechnet, ist doch immerhin ein IW! Doch von Anfang an:
Die bildhübsche Shanda Lee (Spela Rozin) ist der Traum aller Männer in Plata City, im Saloon des mit sächsichem Akzent (warum kann ein Sachse nicht nach Amerika auswandern und dort einen Saloon gründen?) sprechenden Betreibers ist sie die Hauptattraktion, es kommt sogar so weit, dass sich Männer wegen ihr gegenseitig beim Duell erschießen. Wie gut es doch die betuchten Mitbürger wie der Bankier Burton haben, den diese landen gerne auch in ihrem Bett (Geld war auch schon im Wilden Westen sexy). Leider hatte dieser jedoch Pech, den er wird, erschossen mit Shanda's Deringer, dort aufgefunden und die Schöne daraufhin sofort vom Sheriff in Verwahrung genommen, da die Puritaner-Aktivistinnen um Miss Phillips zur gerechten Bestrafung, natürlich im Namen Gottes, rufen und die Kolleginnen von Shanda in Jauche baden und federn und körperlich züchtigen, während die verdächtigte Mörderin sogar gelyncht werden soll. Woraufhin der gute (im wörtlichen Sinn) Sheriff Serpent (Franco Lantieri) seine beiden Gehilfen Deputy Red und Hold mit ihr nach Phoenix schickt, wo sie sicherer sei und ihr ein gerechter Prozess gemacht werden kann. Nachdem unterwegs rein „zufällig“ der Jäger Buck auf das Trio trifft, beschließen die 3 Männer die Schönheit zu vergewaltigen und zum Sterben in der Wüste zurück zu lassen. Zum Glück findet der steckbrieflich gesuchte Verbrecher William (John Ericson, gebürtiger Düsseldorfer, sein einziger Auftritt in einem IW)) die Schöne und rettet ihr so das Leben, in dem er sie in eine verlassene Geisterstadt bringt, wo sie von einer Indianerin gesund gepflegt wird. Da sich die beiden auch gefühlsmäßig näher kommen, beschließt William, der Sache auf den Grund zu gehen, trotz des Risikos, dass er erkannt werden könnte (ja ja die Liebe!). Bis hierher so weit so gut, ab jetzt entwickelt sich die Geschichte in eine ganz andere, nicht erwartete Richtung.
Da genau bei der Ankunft von William in Plata City gerade die Bank überfallen wird und es ihm gelingt, zusammen mit dem Sheriff, die Bankräuber unschädlich zu machen, hat er sich schon mal bei allen Bewohnern einen dicken Pluspunkt eingesammelt. Willst du was erfahren, dann geh in den Saloon und zeigt dich auch mal spendabel. So kommt William nicht nur den beiden Deputys auf die Spur und geht ihnen an den Kragen, sondern auch der gar nicht so sehr trauernden Bankierswitwe Sybille Burton (Daniela Surina), der der Mord an ihrem Mann gar nicht so ungelegen gekommen scheint. Hinter der bürgerlichen Fassade der trauernden Witwe tun sich (sexuelle) Abgründe auf! Beim Anblick wie eine Kollegin von Shanda blutig ausgepeitscht wird, genießt sie eine in ihr aufkommende sexuelle Erregung beinahe bis zum Höhepunkt! Auch der bei der Lösung des Falles eine maßgebliche Rolle spielende Buck wusste sich die Bankiersgattin zu Nutze zu machen oder war es doch umgekehrt?
Nach dem William den Fall lösen konnte und alle Schuldigen ihre gerechte Strafe bekommen haben, wird auch er erkannt und seiner gerechten(?) Strafe zugeführt!
Die Hauptrollen im Film haben eindeutig Frauen, der de facto zweigeteilt ist, im ersten Teil des Films spielt Shanda die Hauptrolle, die Schöne und Begehrte, deswegen auch zum Opfer gewordene, tritt aber mit dem Aufbruch von William nach Plata City in den Hintergrund. Den 2. Teil des Films dominiert eindeutig Sybille Burton, die Bankiersfrau und dann Witwe, bieder gekleidet in lange verhüllende Kleidung, nach außen unnahbar und puritanisch wirkend. Aber das ist nur Fassade. Was sich dahinter verbirgt kommt erst im weiteren Lauf der Geschichte zum Vorschein, Marquis de Sade hätte an ihr seine reinste Freude gehabt. Nach heutigen Maßstäben könnte man sagen, dieser IW projiziert ein frauenfeindliches Bild (was ist dann mit Blind Man?), reduziert auf ein Lustobjekt (Shanda), Männermordender Vamp (Sybil) und puritanisch strenge Moralapostel (Miss Phillipss, zum Sachsen: “Du Ausgeburt des Bösen. Du hast die Männer vergiftet, mit dem Teufelstrank, dem Glücksspiel und den Nutten, die du hälst. Wir werden das Haus zerstören und Salz auf die Ruinen streuen!“). Auch Elemente wie jauchen und federn sind nicht unbedingt IW typisch, runden den guten Gesamteindruck des spannenden Filmes aber positiv ab. Drehbuchautor und Regisseur Piero Pierotti , der vor allem Abenteuer und Sandalenfilme inszenierte, gelang mit diesem seinem einzigen IW (wenn man Samson und der Schatz der Inkas mal außen vor lässt) eine kleine Perle des Genres, der sich durch ungewöhnliche Elemente hervortut, Frauen die Hauptrolle überlässt und nicht zur Baller- und Schlägereiorgie ausufert.
Der Score von Carlo Savina mit dem Titelsong Arizona is waiting, gesungen von Raoul (ein guter Western benötigt einen Titelsong), enthält eingängige und IW typische Melodien und rundet das positive Gesamtergebnis auf!
Warum dieses Kleinod des IW noch nicht auf DVD/Blu-ray veröffentlicht wurde?? Verdient hätte er es allemal!!
Überdurchschnittlich, deswegen auch überzeugende 7 Sterne.