Quanto costa morire – Cost of Dying
Italien/Frankreich 1968
Regie: Sergio Merolle
Schnee ist das perfekte Leichentuch!
Scaife (Bruno Corazzari) und seine Bande überfallen einige Cowboys, die ihre Herde überwachen und erschießen sie gnadenlos, um die Rinder zu stehlen. Da ein Wintereinbruch sie hindert, mit der Herde über einen Pass zu gelangen, müssen sie in einem nahen kleinen Ort Unterschlupf suchen und dort überwintern. Der dortige Sheriff Bill Ransom (Raimond Pellegrin) erkennt jedoch Ralph (John Ireland), einen Gefolgsmann von Scaife, wieder. Dies weckt Erinnerungen an eine schreckliche Nacht vor zwanzig Jahren, als beide Männer Zeugen des Massakers an mehreren Mitgliedern der örtlichen Bevölkerung wurden. Da Scaife bald merkt, dass die Bevölkerung des kleinen Ortes ihnen keinen Widerstand leisten kann, kommt es zur Auseinandersetzung mit dem Sheriff, dem Einzigen, der ihnen gefährlich werden kann und er zwingt die Einheimischen dabei zuzusehen, wie er den Sheriff erschießt. Dadurch ist der letzte Widerstandswille gebrochen, die männlichen Einwohner werden versklavt, die weiblichen zu Lustobjekten degradiert. Wäre da nicht einer, der, wenn auch nur aus dem Hinterhalt, Widerstand leistet: Tony (Andrea Giordana), der Adoptivsohn des Sheriffs, der glaubt, sein Vater sei bei dem Massaker vor zwanzig Jahren ums Leben gekommen, stellt sich den Mördern entgegen, obwohl er ihnen gewiss nicht gewachsen ist.
Doch dann erhält er unerwartet Hilfe und wird zum Revolverhelden ausbildet. Durch diese Unterstützung organisiert er schließlich die Einheimischen in ihrem Widerstand, den alleine wäre er machtlos, „do their own rise“ (wie es in De Masis fantastischem Titelsong heißt), was zu einem sehenswerten Shootout führt. Das finale Duell führt dann allerdings zu einem tragischen Ende!
Natürlich gibt es einige Fragen zu klären:
Wer hilft Tony und warum?
Warum erfolgt der Widerstand erst spät?
Welches Geheimnis kommt ans Tageslicht?
Wer wird am Schluss obsiegen?
Dieser Film, manchmal auch „der andere Schneewestern“ genannt, wurde im Nationalpark Abruzzen nordöstlich von Rom gedreht. Es ist der einzige Film von Sergio Merolle, der hauptsächlich als Produktionsleiter in der italienischen Filmindustrie tätig war.
Wegen seiner Handlung in einer schneebedeckten Bergregion wird „Quanto costa morire“ unweigerlich mit „Leichen pflastern seinen Weg“ verglichen. Es gibt einige Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Filmen, beide Filme haben ähnliche Schneelandschaften und eine traurige, pessimistische fast schon ausweglose Stimmung. „Leichen pflastern seinen Weg“ handelt von einem rechtschaffenen Mann, der für die Außenseiter gegen zahlenmäßig deutlich überlegene Feinde kämpft und am Ende scheitert. „Quanto costa morire“ erzählt eine Geschichte über einen Helden, der über sich hinauswächst und dadurch seine Mitbewohner zum Widerstand animiert.
Abgesehen von möglichen tieferen Bedeutungen und parallelen Ereignissen in der italienischen Geschichte funktioniert der Film sehr gut als unkonventioneller Italowestern. Es ist eigentlich schwer, negative Kritik an dem IW zu üben. Der Film ist fesselnd und spannend inszeniert, aber nicht perfekt, da einige Handlungselemente, etwa um Tony und Pellegrins Tochter, unterentwickelt sind und eigentlich ins Leere laufen. Ireland liefert eine hervorragende Leistung ab, doch der Film gehört eindeutig Corazzaris Scaife, einer Figur, die so vertrauenswürdig und so giftig wie eine Schlange ist. Er ist damit zweifellos einer der größten Bösewichte des Genres.
Francesco de Masis Soundtrack ist wieder mal ein kleines Meisterwerk und untermalt die Szenen mit den richtigen Melodien. Ein guter Western hat ein Titellied, „Who is the Man“, gesungen von Raoul.
Christian Keßler bewertet den Film in „Willkommen in der Hölle. Der Italo-Western im Überblick“ als hervorragend, dessen Handlung sich „langsam und stetig entwickelt, wodurch die Spannung durch den örtlich begrenzten Schauplatz sehr gefördert“ wird. Das Drehbuch ist glaubhaft, die Schauspieler hervorzuheben“.
Nicht perfekt, aber sehenswert, Wertung 7/10.
Medium: englischsprachige Version, kurzzeitig auf Youtube verfügbar gewesen.
Eine offizielle Veröffentlichung auf Video oder DVD existiert meines Wissens nicht, sollte aber schnellstmöglich in die Wege geleitet werden, da der Film absolut sehenswert ist. Der Soundtrack von Francesco de Masi ist als CD erschienen.