ACHTUNG ! SPOILER !
Dem gewissenlose Biologen Dr. Orloff (Howard Vernon) ist es gelungen, in seinem Labor auf seinem Schloss ein übermenschliches, unsichtbares Wesen zu erschaffen. Orloffs Ziel ist es, eine neue, dem Menschen überlegene Spezies zu züchten. Zu Orloffs Leidwesen muss das Geschöpf jedoch regelmäßig mit frischem Blut versorgt werden, um es am Leben zu halten. So ist Orloff ständig auf der Suche nach neuen, unfreiwilligen Blutspendern.
Der Arzt Dr. Garondet (Francisco Valladares) aus dem nahe gelegenen Dorf, ist bei einem Besuch auf dem Schloss hinter Orloffs Geheimnis gekommen und wird von diesem eingekerkert, um als Blutspender herzuhalten. Dr. Garondet wird jedoch von Orloffs Tochter Cecile (Brigitte Carva) aus seinem Verlies befreit.
Inzwischen hat Dr. Orloff die Kontrolle über das unsichtbare Wesen verloren und es läuft Amok. Als es versucht, Cecile zu entführen, kann Garondet es im letzten Moment mit einem Schürhaken niederschlagen. Als im Labor ein Feuer ausbricht, geht das Schloss in Flammen auf. Garondet und Cecile können sich ins Freie retten, aber auch dem Unsichtbaren gelingt zunächst die Flucht. Schließlich wird er von einer Meute von Bluthunden in Stücke gerissen. Was aus Dr. Orloff geworden ist bleibt jedoch im Dunkeln...
ORLOFF ET L'HOMME INVISIBLE ist ein dramaturgisch etwas unbeholfen und statisch inszenierter Streifen aus der Eurocine-Schmiede, in dem es im Verlauf der Handlung allen weiblichen Hauptdarstellerinnen auf zum Teil absurde Weise gelingt, sich ihrer Kleidung vollständig zu entledigen.
Das von Dr. Orloff geschaffenen Wesen ist vorteilhafter Weise „unsichtbar“, was zu einer nicht zu unterschätzenden Schonung des zur Verfügung stehenden Budgets und zu einer Vereinfachung der Dreharbeiten beitrug. Ein paar simple Effekte, die kaum der Rede wert sind (Bücher und andere Dinge scheinen sich von selbst zu bewegen) stehen dabei stellvertretend für die Auftritte des Unsichtbaren. Als dieser am Ende doch noch sichtbar wird, erweist er sich als eine Art Zottelfell-Gorilla, und man fragt sich unweigerlich, wo er denn seine von Orloff postulierte, übermenschliche Intelligenz gelassen hat. Im Übrigen spielt der Unsichtbare im Verlauf der Handlung eine eher untergeordnete Rolle. Im Mittelpunkt steht die Figur des Dr. Orloff und dessen Beweggründe. In einer langen Rückblende in der Mitte des Films wird die Hintergrundstory von Orloff und seiner Tocher ausführlich dargelegt. Weitgehend im Dunkeln bleibt dabei die Frage, wie Dr. Orloff seine Kreatur überhaupt geschaffen hat, und noch rätselhafter ist es, warum diese unsichtbar sein soll. Als Garondet ihn danach fragt, gibt Orloff in der deutschen Fassung folgende Erklärung: „Ich verwandelte die Chromosomen eines Anthrophodigarden (?? oder so ähnlich, ist nicht richtig zu verstehen) in menschliche.“ In der britischen Fassung heißt es: „Six years ago I found a human guinea pig for experiments. Changing the structure of his brain I created a superior and completely different species, to rule humanity and dominate the earth!“
In der wohl kuriosesten und zugleich vulgärsten Szene des Films vergeht sich die Kreatur an einer Hausangestellte, wobei diese sich alleine, nackt und laut stöhnend auf einem Strohballen hin und her wälzt und sich dabei scheinbar gegen einen unsichtbaren Angreifer zur Wehr setzt. Die Kamera zoomt hier zum Teil hautnah heran und kostet die Szene regelrecht aus. Als Krönung dieser lang und breit ausgemalten Einstellung gibt Orloff folgenden Kommentar ab: „Ich wollte wissen, wie sich mein Unsichtbarer einem menschlichen Weibchen [sic!] gegenüber verhält.“
ORLOFF ET L'HOMME INVISIBLE ist nicht nur wegen dieser Szene ein zwiespältiges „Vergnügen.“
Neben einer insgesamt eher kruden Machart seines Films und einem schwachen dramaturgischen Aufbau der Handlung sind Pierre Chevalier jedoch auch eine handvoll formal ambitionierte Szenen gelungen, wie etwa Garondets Fahrt mit einer Kutsche durch einen knorrigen Wald, einigen Einstellungen in den Katakomben des Schlosses und eine stimmungsvollen Szene in der sich ein Beerdigungszug zunächst nur im Wasser eines Tümpels spiegelt. Daneben verdient auch noch die ungewöhnliche, zum Teil atonale Musik von Camille Sauvage eine extra Erwähnung.
Unter den Darstellern sticht natürlich Howard Vernon hervor, der seine Rolle wie gewohnt souverän interpretiert, während mit diesem, ihrem ersten Film, die Schauspielkarriere von Brigitte Carva auch gleich schon wieder beendet war. Aber auch von den restlichen Darstellern hat man seitdem kaum je wieder etwas gehört, abgesehen freilich von den professionellen Mimen Fernando Sancho und Francisco (Paco) Valladares.
Warum der am Anfang seiner Karriere durchaus angesehene Regisseur Pierre Chevalier am Ende seines Weges bei Eurocine landete, ist heute nicht mehr nachvollziehbar.
Und was schreibt der „Filmdienst“?
„Dilettantisch inszeniertes, abstruses Schauermärchen mit Sexeinlagen.“
Seit seiner Entstehung ist ORLOFF ET L'HOMME INVISIBLE in zahlreichen Fassungen und unter diversen Titeln veröffentlicht worden. Für diesen Film wurden auch mal wieder von einigen Szenen verschiedenen Versionen gedreht, wobei die Darstellerinnen entweder züchtig bekleidet oder komplett nackt zu sehen sind. In Deutschland kam die „Erotik-Version“ 1972 unter dem Titel „In den Krallen des Unsichtbaren“ mit einer sehr guten Synchronisation in die Kinos (FSK 18). Diese Fassung wurde in den 80er Jahre in Deutschland von verschiedenen Anbietern auf VHS veröffentlicht, unter anderem auch unter dem Titel „Der unsichtbare Tod“ durch das Label „Horror-Festival Loco W.Germany“ mit einer Laufzeit von 76:04 Minuten.
Unter dem Titel „Das Schreckenshaus des Dr. Orloff“ veröffentlichte „X Rated Cult Video“ den Film 2001 mit einer Laufzeit von 76:36 Minuten auf DVD. Etwas später kam er vom gleichen Label mit einer Laufzeit von 79:16 Minuten auch noch auf Blu-Ray heraus.
2003 veröffentlichte die britische Firma „Arrow Films“ den Film mit einer Lauflänge von 75:54 Minuten auf DVD. Laut Cover enthält die DVD neben der englischen auch noch eine deutsche und eine französische Tonspur, doch die sind auf der Disk nicht vorhanden.
Ein ganz spezieller Fall ist schließlich noch die 1985 von „Careyvision“ in England unter dem Label „Horror Theatre“ veröffentlichte Version unter dem Titel „The Invisible Dead“ mit einer Laufzeit von 90:53 Minuten. Bei dieser, von irgendeinem Schwachkopf editierte Fassung, handelt es sich um einen unbeschreiblich chaotischen Bildersalat. Der wesentliche Aspekt dieser Fassung ist, das hier alle Szenen, in denen entblößte weibliche Körper vorkommen durch die bereits angesprochenen, entschärften Szenen ersetzt wurden, in denen die Darstellerinnen bekleidet sind.
Besonders extrem fällt in diesem Zusammenhang die Szene auf, in der Isabel del Rio sich vor den Augen von Fernando Sancho auszieht. Dazu geht sie in eine Ecke eines Zimmers und zieht sich komplett aus. Nichts bleibt der Phantasie überlassen. In der GB-Fassung sieht man jedoch, wie sie in die Zimmerecke geht und einen Knopf ihrer Bluse öffnet. Dann folgt ein Zwischenschnitt auf Sanchos Gesicht. Danach wird nochmal gezeigt, wie die Darstellerin in die Ecke des Zimmers geht (!) in der sie zuvor schon gestanden hat, doch wie aus dem Nichts steht hier plötzlich eine Art Paravent (!!) hinter dem sie sich nun entkleidet. Als sie dann, nach einem weiteren kurzen Zwischenschnitt auf Sancho gerade ihr Nachthemd überstreift, ist der Paravent wie von Geisterhand wieder verschwunden (!!)* Zusätzlich zu diesen drastischen Änderungen wurden einige Szenen etwas verlängert, andere wurden mehrfach, ohne irgendeinen dramaturgischen Zusammenhang, teils in Zeitlupe, an irgendeiner Stelle des Films in die Handlung eingefügt, zahlreiche Großaufnahmen von Gesichtern wurden für Bruchteile von Sekunden an völlig beliebigen Stellen hineingeschnitten und ein paar Sequenzen, die eigentlich erst gegen Ende des Films vorkommen, werden gleich am Anfang gezeigt. Die Verwirrung des Zuschauers ist bei dieser Fassung komplett!
Zum Schluss seien noch die Inhaltswiedergaben zitiert, wie sie sich auf den Covern der verschiedenen Veröffentlichungen finden:
Deutsche DVD:
„Ein junger Arzt wird in ein sehr abgelegenes Dorf gerufen, da dort im Schloß ein junges Mädchen krank sein soll. Doch niemand will ihm den Weg zeigen, da seltsame Gerüchte über das Schloß im Umlauf sind. Angeblich sollen dort unheimliche Experimente von einem verrückten Wissenschaftler durchgeführt werden. Als der Arzt hinter das Geheimnis kommt, bricht eine Zeit des Grauens für ihn an. Eine mordende, lebende Leiche, die sich noch dazu unsichtbar machen kann, geht in den Schloßgewölben umher. Nicht nur die Dorfbewohner, sondern auch im Schloß eingesperrte junge Frauen sind die bevorzugten Opfer dieser Kreatur.“
Deutsche VHS:
„Ein junger Arzt macht Urlaub auf dem Land und bemerkt eine eigenartige, ängstliche Bedrücktheit unter den Dorfbewohnern. Seltsame Gerüchte über einen verrückten Wissenschaftler und seine bizarren Experimente in einer Burg oberhalb des Dorfes kommen ihm zu Ohren. Von Neugierde gepackt beschließt der Urlauber, diesen Gerüchten nachzugehen...
Der irre Wissenschaftler hat ein unsichtbares Wesen geschaffen, das er zur Beobachtung auf der Burg gefangen hält. Es gelingt dem Unsichtbaren aber, seinem Peiniger zu entkommen. Auf seiner Flucht entführt er die hübsche Tochter des Wissenschaftlers.
Die Spannung wird unerträglich, überall lauert der Tod, als unser Held sich ganz alleine aufmacht, um das bezaubernde Mädchen aus den Klauen des rachedurstigen Wesens zu befreien, das ihr eigener Vater in die Welt gesetzt hat...“
GB-DVD:
„One rainy night, Dr. Garondet is summoned to the castle of Professor Orloff. Making it to the castle on foot, the good doctor meets Cecile, Orloff's daughter, a seemingly deranged girl who is convinced that an invisible phantom is at large on the premises. Orloff explains the story behind Cecile's insanity to the doctor – a tale involving premature burial, grave-robbing and flagellation – and invites him to stay over. As Garondet spends an uneasy night at the castle, he finds himself sharing in Cecile's delusions.“
GB-VHS:
„A young doctor visiting a rural village senses a fearfull uneasyness among the inhabitants. He hears strange rumors of a castle high above the town, where an insane scientist is conducting bizzare experiments. The curious doctor decides to investigate.
In the castle, the scientis has created a an Invisible Man, whom he holds captive for observation. The Invisible Man finally escapes his tormentor and flees, taking the scientist's beautiful daughter as hostage.
Death awaits the young doctor at every turn, and tension mounts as he must single-handedly rescue the lovely daughter from the grasp of the scientist's avenging creature.“
Aus der Werbung:
Dieses Haus birgt ein schreckliches Geheimnis (DVD)
God help us...if they rise again!!! (DVD)
Wehe wenn sie Auferstehen (VHS)
* Henry Spencer, Schnittbericht in Splatting Image, Nummer drei, Mai 1990